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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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Münze dienend, sowohl dem Ekel als dem Mißbrauch wehren. Sie behauptet, daß Alles, was der Sinnlichkeit angehört, und nicht zum Leben nothwendig ist, seine Natur ändert, sobald es zur Gewohnheit wird, daß es aufhört ein Vergnügen zu sein, wenn es ein Bedürfniß wird, daß man sich zugleich eine Fessel auflegt und einen Genuß raubt und daß man, wenn man dem Wunsche stets zuvorkommt,nicht die Kunst übt, ihn zu befriedigen, sondern ihn zu nichte zu machen Sie weiß auch dem Unbedeutendsten Werth zu geben, und thut dazu nichts, als daß sie sich dasselbe zwanzigmal versagt, um einmal Genuß davon zu haben. Diese einfache Seele bewahrt sich so ihre ursprüngliche Federkraft; ihr Geschmack nutzt sich nicht ab; sie hat nie nöthig ihn durch starke Reizmittel zu beleben, und ich sehe sie oft mit Entzücken ein kindisches Vergnügen genießen, das für jede Andere unschmackhaft sein würde.
    Ein noch edlerer Zweck, den sie sich dabei vorsetzt, ist die Uebung der Herrschaft über sich selbst; sie sucht ihre Leidenschaften zum Gehorsam zu gewöhnen und alle ihre Begierden unter ihren Willen zu beugen; wiederum ein Mittel, glücklich zu sein, denn ohne Unruhe genießt man nur dessen, was man ohne Leid verlieren kann, und wenn das wahre Glück dem Weisen gehört, so ist das nur deshalb der Fall, weil er von allen Menschen derjenige ist, dem das Glück das Wenigste zu rauben hat.
    Was mir bei ihrer Mäßigkeit am sonderbarsten vorkommt, ist dies, daß sie sich ihr aus denselben Gründen unterwirft, welche den Lüstling zur Unmäßigkeit treiben. Das Leben ist freilich kurz, sagt sie; dies ist ein Grund, es bis zum Ende auszukaufen, und mit Geschick über die vergönnte Zeit so zu verfügen, wie man aus ihr den meisten Nutzen ziehen kann. Wenn uns ein Tag der Sättigung ein Jahr des Genusses raubt, so ist es sehr unphilosophisch, stets so weit zu gehen, als uns dir Begierde treibt, ohne zu bedenken, ob wir nicht mit unsern Kräften eher zu Ende sein werden, als mit unsrer Laufbahn, und ob nicht unser erschöpftes Herz eher sterben wird, als wir. Ich sehe, daß die gemeinen Epikuräer dadurch, daß sie nie eine einzige Gelegenheit einbüßen wollen, alle verlieren, und mitten unter Freuden, von allen angewidert, keine einzige Freude finden können. Sie vergeuden die Zeit, mit der sie hauszuhalten meinen, und richten sich zu Grunde, gleich den Geizigen, weil sie nicht zu rechter Zeit etwas aufzugeben verstehen. Ich befinde mich wohl bei der entgegengesetzten Methode, und ich glaube, daß ich es in diesem Punkte lieber mit zu vieler Strenge als mit zu vieler Nachgiebigkeit halten würde. Es begegnet mir manchmal, daß ich mir eine Vergnügung versage, aus keinem andern Grunde, als weil sie mir zu viel Vergnügen machte; indem ich sie dann wieder aufnehme, genieße ich sie doppelt. Inzwischen übe ich mich, mir die Herrschaft meines Willens über mich selbst zu bewahren, und will lieber fürgrillenhaft gehalten werden, als mich von meinen Launen beherrschen lassen.
    Hören Sie, wie man es hier mit dem hält, was man Lebensannehmlichkeiten zu nennen pflegt: Julie neigt ein wenig zur Leckerheit, und bei dem Fleiße, den sie auf alle Theile der Wirthschaft verwendet, ist besonders die Küche nicht vernachlässigt. Der Tisch ist immer reichlich besetzt, jedoch ohne unerschwinglichen Aufwand; es ist für den Gaumen gesorgt, jedoch ohne Ueberfeinerung; die Speisen sind die alltäglichen, aber von ausgezeichneter Güte; die Zubereitung ist einfach, aber höchst schmackhaft. Alles, was nur Gegenstand des Luxus ist. Alles, was seinen Werth nur in der Einbildung hat, alle feinen und ausgesuchten Schüsseln, deren Vorzug nur in der Seltenheit besteht, deren Namen man wissen muß, um sie gut zu finden, sind hier gänzlich verbannt, und selbst in der Bereitung und Wahl derjenigen, die man sich verstattet, enthält man sich für alle Tage gewisser Dinge, die man sich aufspart, um manchen Mahlzeiten einen festlichen Anstrich zu geben, der sie angenehmer macht, ohne größere Kosten zu verursachen. Was für Speisen sind es wohl, Ihrer Meinung nach, die man sich so bedächtig aufspart? — Seltenes Wildpret? — Seefisch? — Ausländische Producte? — O, weit bessere Sachen: irgend ein vorzügliches einheimisches Gemüse, irgend ein besonders schmackhaftes Kraut, das in unsern Gärten wächst, irgend ein Fisch aus unserm See auf gewisse Art zubereitet, irgend eine Käseart von unserem Gebirge, irgendein Backwerk
à l'Allemande
, und

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