Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Tschechen, ich glaub, die waren auf Crank. Die Möbelpacker, meine ich. Wenn ich sie noch mal krieg, kann ich dann das Sofa noch haben?«
Eric kam nicht einmal auf die Idee, Sally zu fragen, warum sie tschechische Möbelpacker bestellt hatte, die Methamphetamin nahmen und aus Rhode Island stammten. Noch immer nach Luft schnappend, weil er einer unvorstellbaren Telefonhölle so knapp entkommen war, antwortete er, natürlich könne sie die Couch haben, die in unserem Treppenschacht noch immer auf einer Kante vor sich hin wippte, aber nur, wenn sie ihnen half, einen Markknochen zu finden. »Klar, das klingt gut. Was ist ein Markknochen?«
Sally und ich haben es geschafft, gute Freundinnen zu bleiben, seit wir in unserem ersten Jahr im College zusammengewohnt haben, obwohl ich zu den Menschen gehöre, die bei Langeweile oder Unglück entweder bis zur Bewusstlosigkeit trinken oder ungesunde Sachen kochen. Sally geht in diesem Fall Joggen, schrubbt das Bad mit einer Zahnbürste oder schreibt sich in einer Rabbinerschule ein. Sally mochte über die Abreise ihres gut aussehenden englischen Freundes noch nicht viel reden, aber ihr Tonfall, eine Art hörbar gewordenes Naserümpfen, wenn sie seine Dissertation über die prähistorischen Wurzeln des Feminismus erwähnte, und die Begeisterung, mit der sie sich der Markknochenjagd anschloss, ließen Eric vermuten, dass der Brite endgültig passé war.
Eric hörte früh zu arbeiten auf, Heathcliff übergab den Verkaufsstand jemand anderem, und Sally wagte sich aus der Upper West Side heraus. Fünf Minuten vor sechs trafen sie sich vor Ottomanelli’s. Der Laden hatte gerade noch auf, aber die Markknochen waren eben ausgegangen. Also setzten sie ihre Grand Tour durch die Lebensmittelläden des West Village fort und flitzten von einem Gourmettempel zum nächsten. Erst nach fünf Anläufen, wo sie, über die Fleischtheke hinweg flirtend, Erkundigungen eingezogen hatten (das Flirten übernahm Sally, möglicherweise auch Heathcliff, falls ihm eine quirlige Metzgerin unterkam - nie aber Eric, er war darin miserabel. Ich hatte ihn seinerzeit buchstäblich zu der Party bei der Studentenverbindung schleppen und ihm eine Dosis Punsch mit Liquid Ecstasy verabreichen müssen, um ihn zu verführen), erhielten sie schließlich ihre 15 Zentimeter Rinderoberschenkelknochen.
Als die drei den Jefferson Market verließen, schwenkten sie triumphierend die blau karierte Jefferson-Square-Market-Tüte mit dem Markknochen - endlich! Eric verspürte einen Schauder angesichts der abgewandten Katastrophe. Vor einem Monat hätte er noch nicht gedacht, dass so ein Stück Kuh einmal von entscheidender Wichtigkeit für seine Ehe werden sollte.
Sein Übermut erhielt jedoch einen Dämpfer, als Sally erklärte, sie werde nicht wie geplant mit ihm nach Queens fahren und das Bifteck Sauté Bercy essen, das ich mit dem Rindermark krönen wollte. »Ich finde das keine so gute Idee«, sagte sie.
»Ach, komm«, mischte sich Heathcliff ein - nicht weil er insgeheim in sie verknallt war, so sehr ich mir das auch wünschte. Ich hege seit langem eine winzige Hoffnung, dass die beiden eines Tages zusammenfinden. Was jeder, der Heathcliff und Sally kennt, als einen Missgriff von epischen Ausmaßen bezeichnen würde. Irgendetwas stimmt nicht mit mir.
»Ich glaube, ich stehe die Rückfahrt mit der U-Bahn nicht durch. Sag Julie, dass es mir Leid tut.«
Sie war bei weitem nicht der erste Essengast, der uns durch die Lappen ging, weil er einen instinktiven Widerwillen verspürte, so weit aus der Stadt rauszufahren und in einem miesen »Loft« französisch zu essen. Jedes Mal aber waren wir enttäuscht und fühlten uns irgendwie gedemütigt. Was unser gesellschaftliches Leben anbelangte, hätten wir genauso gut in New Jersey wohnen können.
Inzwischen war der letzte Trauernde gegangen, ich hatte den Family Room aufgeräumt und war nach Hause gefahren. Während meine Freunde die Straßen des West Village auf der Suche nach meinem Knöchelchen durchkämmten, zerteilte ich zwei Knoblauchknollen für das Purée de Pommes de Terre à l’Ail , Knoblauchkartoffelbrei mit Knoblauchsauce. Schmeckt fantastisch, ersetzt aber mehrere Gänge.
(Haben Sie jemals Fotos von Julias Küche gesehen? Alles mit Lochplatten verkleidet, reihenweise Töpfe, deren Umrisse jeweils mit einem Marker aufgezeichnet sind, damit man immer weiß, welcher Topf wohin gehört. Das hat ihr Ehemann Paul für sie gemacht - vielleicht auch, um in dem Gewirr
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