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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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einen etwa zolltiefen Einschnitt zuwege. Das schleimige rosa Zeug auf dem Sägeblatt war zwar genau das, was wir haben wollten, sah aber trotzdem entsetzlich aus. Die Jungs waren schon ein bisschen grün im Gesicht.
    »Scheiße, gib mal her.«
    Ich warf den Knochen in siedendes Wasser. Das war bestimmt verkehrt, und Julia hätte es nie gutgeheißen, aber ich wusste einfach nicht, was ich sonst tun sollte. Nach ein paar Minuten fischte ich ihn aus dem Topf und machte mich wieder darüber her, diesmal mit meinem kleinsten Messer, einem sehr schmalen Obstmesser mit einer ungefähr 8 cm langen Klinge, die gerade in den runden Kanal in der Mitte des Knochens passte. Langsam und mühsam fraß ich mich nach innen.
    Ich kratzte das Zeug Stück für Stück raus, roh und rosa, bis das Messer bis übers Heft in dem Schenkelknochen versank. Das machte entsetzliche, schabende Geräusche - mir war, als fühlte ich es im Innern meiner Knochen. Flüchtig (und nicht unpassend, wie mir schien) musste ich an die Erforschung des tiefsten, wildesten Afrika denken: Das Ganze hier hatte eindeutig etwas Herz-der-Finsternis- haftes. Kann man denn viel weiter eindringen als ins Innere eines Knochens? Es ist die Mitte der Mitte aller Dinge. In der Geologie entspräche das Mark dem Magma, das unter dem Erdmantel brodelt. Als Pflanze wäre es ein zartes Moos hoch oben auf dem Mount Everest, das im nepalesischen Frühling nur drei Tage lang winzige weiße Blüten hervorbringt. Und wenn es eine Erinnerung wäre, dann die erste, schmerzlichste und am meisten verdrängte, die uns zu dem gemacht hat, was wir sind.
    Und nun kratzte ich also aus der Mitte der Mitte aller Dinge etwas heraus, das ich nur als ekligen Schiet bezeichnen konnte. Rosa, das habe ich wohl schon gesagt. Sehr feucht. Nicht flüssig, aber auch nicht richtig fest, klebrige Klumpen, die mit einem widerlichen Geräusch auf das Schneidbrett plumpsten.
    Die Jungs schauten wie elektrisiert zu. »Auch uns lacht eines Tages die Sonne«, sagte Eric und schluckte. »Wir werden aus New York wegziehen und ein eigenes Haus auf dem Land haben, wie wir’s uns immer gewünscht haben.«
    Ich dachte, er wollte mir nur ein glückliches Bild vorgaukeln, aber er hatte ein Anliegen, und als er seinen Kloß hinuntergeschluckt hatte, kam er zur Sache.
    »Und dann retten wir eine Kuh. Wir kaufen sie im Schlachthof frei. Und dann behandeln wir sie Sehr gut!«
    »Ja«, stimmte Heathcliff zu. »Genau.«
    Zugegeben, ich esse leidenschaftlich gern Fleisch. Aber mir schien, so etwas wie Knochenmark brauchte ich fürwahr nicht zu sehen, nicht so: Roh und wacklig auf meinem Küchenbrett. Unwillkürlich tauchte in meinem Kopf das Wort »Gewalttat« auf. »Es ist wie Knochen vergewaltigen.« Um Gottes willen, hatte ich das laut gesagt?
    Wir hatten nun etwa eineinhalb Esslöffel aus dem Knochen herausbekommen und fanden, das reiche. Eric und Heathcliff mussten ins Wohnzimmer gehen und sich ein Football-Spiel ansehen, um den schrecklichen Anblick loszuwerden. Ich murmelte: »Vergiss es einfach«, und begann die Steaks zu sautieren.
    Aber wenn man so was mal im Kopf hat, bekommt man es schwer wieder raus. Eine Beschreibung wie »Sobald an der Oberfläche des Steaks rötliche Fleischsaftperlen austreten…« hilft einem da nicht weiter, selbst wenn man auf diese Weise ein hervorragendes Steak bekommt. Beim Anblick der rosa Masse auf meinem Schneidbrett wurde mir immer noch übel, aber jetzt glaubte ich noch ein anderes, tiefer liegendes Gefühl zu entdecken. Eine geheime Erregung.
    Als die Steaks fertig waren, legte ich sie auf einen Teller und rührte das Mark und etwas Petersilie in den Bratensatz. Die Restwärme sollte eigentlich ausreichen, um das Mark leicht zu garen. Außerdem, versicherte Eric, bekomme man von Mark keinen Rinderwahnsinn, und wenn doch, würde das Kochen auch nicht helfen - es war irgendwas mit Prionen oder so -, aber es sah immer noch gruselig aus, deshalb ließ ich es ein bisschen länger auf der Flamme. Dann gab ich einen Klecks Marksauce auf jedes Steak, klatschte etwas Knoblauchkartoffelbrei dazu und Tomates Grillées au Four - einfach ganze Tomaten, mit Olivenöl bepinselt und im Backofen ein paar Minuten übergrillt - und servierte.
    Wenn ich befürchtet hatte, das Rindermark wäre höllisch viel Arbeit gewesen für nix und wieder nix, so hatte ich mich getäuscht. Mark schmeckt kräftig und intensiv nach Fleisch, fast ein bisschen zu intensiv. In meiner zunehmenden Verderbtheit dachte

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