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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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für einen Leutnant hier exorbitant hoch sind.«
    Lore wunderte sich, dass Nathalia dieser Besuch so wichtig schien, und fragte sich besorgt, ob ihrer Freundin tatsächlich so viel an Adolar von Bukow lag. Dieser sah zwar schneidig aus, hatte aber bereits zwei Duelle hinter sich, über die der Mantel des Schweigens gebreitet worden war. Zudem wurde er mit mindestens drei Damen in Verbindung gebracht, die nicht unbedingt der besten Gesellschaft angehörten. Dies Nathalia zu sagen, wäre jedoch ähnlich wirkungsvoll, wie ihr den weiteren Umgang mit dem Leutnant zu verbieten, nämlich überhaupt nicht.
    Lore schluckte den Ärger, der sich in ihr breitzumachen drohte, hinunter und aß ihr halbes Brötchen auf. Hunger hatte sie mit einem Mal keinen mehr, im Gegensatz zu Nathalia, die beherzt zugriff und diesmal Kirschmarmelade als Aufstrich wählte.
    »Wann brechen wir auf?«, fragte das Mädchen und wandte sich Fridolin zu. »Du gehst heute nicht mehr in die Bank?«
    Fridolin schüttelte den Kopf. »Nein! Allerdings werde ich spätestens am Montag wieder nach Berlin zurückkehren. Daher kann ich euch leider nirgendwohin begleiten, denn ich reise nicht zum Vergnügen nach Steenbrook.«
    »Wenigstens begleitest du uns auf der Hinfahrt«, erklärte Nathalia und wiederholte ihre Frage nach der genauen Abreisezeit.
    Ein Blick auf die große Standuhr verriet Lore, dass es höchste Zeit war, das Frühstück zu beenden. »Wir sollten uns umziehen und in der Zeit den Wagen anspannen lassen. Für das Gepäck und die Kinder benötigen wir zusätzlich noch eine Droschke.«
    »Ich habe bereits eine rufen lassen, gnädige Frau«, erklärte Jutta Knoppke, die gerade ins Zimmer gekommen war und Lores Bemerkung gehört hatte.
    »Sehr gut! Wie steht es mit den Kindern?«
    »Fräulein Agathe zieht sie gerade für die Reise an, gnädige Frau.« Jutta deutete einen Knicks an und verließ das Frühstückszimmer, um draußen dafür zu sorgen, dass alles für die Abreise der Herrschaften vorbereitet wurde.
    In Lores Zimmer wartete bereits ihre Zofe Nele mit dem ausgesuchten Reisekleid auf sie. Im Nebenraum wurden die Koffer gepackt und von den Dienern nach unten geschafft. Kurz darauf war auch Lore fertig angekleidet und ging wieder hinunter.
    Wie meist war Nathalia schneller gewesen als sie und sah in ihrem hellgrünen Reisekleid und dem dunkelgrünen, mit einer Federapplikation versehenen Hut einfach entzückend aus. In der Hand hielt sie einen ebenfalls grünen Sonnenschirm, und an ihrem Arm hing ein winziges grünes Täschchen.
    »Willst du auf die Pirsch gehen, weil du dich in den Farben eines Waidmanns kleidest?«, fragte Lore mit einer winzigen Spur Spott.
    Damit konnte sie Nathalia nicht verunsichern. »Das Grün kleidet mich, findest du nicht auch?«
    »Das tut es, doch du hättest bei Schirm und Hut andere Farben wählen können. So finde ich deinen Aufzug ein bisschen arg grün.«
    »Ich nicht«, antwortete Nathalia unverbesserlich und musterte nun ihrerseits Lore, die wie immer mit ausgesuchter Eleganz gekleidet war. Sie trug ein rosa Jäckchen zu einem beigen Rock, und den Kopf beschirmte ein Strohhut mit Blumenbesatz.
    »Schick!«, befand Nathalia und tänzelte auf die Tür zu.
    Im Flur wartete bereits das Kindermädchen mit den beiden Kleinen an der Hand. Doro riss sich beim Anblick ihrer Mutter los, stapfte auf sie zu und streckte fordernd die Arme aus.
    Lore hob ihre Tochter lachend auf und gab ihr einen Kuss. »Na, mein Schatz? Jetzt fahren wir Eisenbahn. Ich hoffe, es wird dir gefallen.«
    »Mir gefällt es nicht«, meldete sich Wolfi mit missmutig vorgeschobener Unterlippe. Er hatte nicht vergessen, dass ihm während der letzten Bahnreise übel geworden war. Nun klammerte er sich an das Kindermädchen und kämpfte mit den Tränen.
    Da war Nathalia mit einem raschen Schritt bei ihm und zupfte ihn am Ohr. »Wenn du brav bist, bekommst du morgen zu Mittag ganz viel Nachtisch!«
    »Wirklich?«, fragte Wolfi skeptisch, der seiner Erfahrung nach nie so viel Kuchen oder Pudding erhielt, wie er glaubte, essen zu können.
    »Ganz großes Ehrenwort!« Nathalia hob ihn auf und trug ihn zur Tür hinaus. Lore folgte ihr, und Fridolin verließ schmunzelnd als Letzter das Haus.
    Der Landauer war bereits vorgefahren. Während Lore, Nathalia und Fridolin samt den Kindern einstiegen, wurde das Gepäck in die Droschke geladen. Dort nahmen auch Fridolins Kammerdiener Kowalczyk, Lores Zofe Nele, Natis Zofe Christa und Fräulein Agathe

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