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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Nathalia und sprang vom Wagen. »Wir hoffen, Ihre Gastfreundschaft ist groß genug, uns einen kühlen Trunk und einen kleinen Imbiss zu verschaffen. Wir sind nämlich auf dem Weg nach Klingenfeld, da Gräfin Trettin sehen will, wo sie in Zukunft einen Teil ihres Lebens verbringen wird.«
    »Auf ein Glas Saft und eine Butterstulle soll es mir nicht ankommen«, erklärte der alte Herr vergnügt.
    Dann zog er die Stirn kraus. »Nach Klingenfeld wollen Sie? Dann sollten Sie sich vorsehen. Ich habe gestern einen Gutsnachbarn von dort getroffen und von ihm einiges über den Verwalter gehört. Der Mann lebt dort mittlerweile allein mit ein paar alten Dienstboten, denn alle anderen sind davongelaufen, weil der Kerl sie schlecht behandelt und ihnen den Lohn vorenthalten hat. Außerdem hat seit Wochen keiner mehr den Mann nüchtern gesehen. Er soll sich dem Vernehmen nach sehr grob aufführen, wenn er gestört wird, und ich weiß nicht, ob Sie sich seinem Geschimpfe und seinen Drohungen aussetzen sollten.«
    Für Nathalia verstärkte die Warnung eher ihre Absicht, hinzufahren, und auch Lore schüttelte abwehrend den Kopf. »Wir wollen uns nur das Gut ansehen und nicht mit diesem unleidlichen Menschen sprechen.«
    »Das wird auch besser sein. Trotzdem gefällt es mir nicht, dass Sie beide allein dorthin fahren wollen.«
    »Wir sind nicht allein«, sagte Nathalia und wies auf Drewes.
    »Der Mann ist ein guter Kutscher, aber keine Respektsperson. Ich werde Ihnen einen meiner Neffen mitgeben, damit er Ihnen zur Seite stehen kann. Wo stecken die Kerle nur?« Der alte Herr drehte sich um und brüllte zum Herrenhaus hinüber. »He, Adolar, Edgar, Jürgen, kommt raus!«
    Es dauerte eine Weile, dann erschien als Einziger Jürgen Göde. »Sie haben gerufen, Onkel?«
    »Ja, das habe ich, laut und deutlich! Wo sind die anderen?«
    »Fräulein von Philippstein wollte nach Hoya fahren, werter Onkel, und da Leutnant von Bukow und Herr von Gademer sich nicht einigen konnten, wer sie begleiten darf, sind beide mitgeritten.«
    Graf Nehlen verzog das Gesicht. »Ein Trabant hätte für Gottlobine wohl gereicht. Die beiden Damen hier bedürfen des männlichen Schutzes mehr als jenes Fräulein. Daher wirst du sie begleiten! Los, sattle einen Gaul für meinen Großneffen!« Das Letzte galt einem Stallknecht, der neugierig den Kopf zur Stalltür herausgesteckt hatte und sofort wieder verschwand.
    Während Nathalia leise gluckste und Lore Mitleid mit Jürgen empfand, stand dieser wie ein begossener Pudel vor seinem Großonkel. Seine Reitkünste waren eher rudimentär, doch er wagte es nicht, dem alten Herrn zu widersprechen.
    »Wo wünschen die Damen hinbegleitet zu werden?«, fragte er stattdessen.
    »Nach Klingenfeld«, zwitscherte Nathalia.
    Jürgen schluckte. Bis dorthin waren es gut zehn Kilometer, und die auf einem Pferderücken zu bewältigen erschien ihm unmöglich. Doch als er Nathalias belustigten Blick auf sich gerichtet sah, straffte er die Schultern. Seine Vorfahren waren gute Landwirte und Offiziere des Kurfürstentums und Königreichs Hannover gewesen, und etwas von ihrer Art mussten sie ihm doch vererbt haben. Als der Knecht einen großen Hengst herbeiführte, stieg Jürgen, ohne zu zögern, auf und wandte sich an Lore. »Wenn Sie wünschen, können wir aufbrechen, gnädige Frau.«
    »Die Damen wollten noch eine kleine Erfrischung zu sich nehmen«, wandte sein Großonkel amüsiert ein.
    Als Jürgen wieder vom Pferd steigen wollte, hob Nathalia die Hand. »Das kann warten, bis wir zurück sind. Immerhin haben wir ein wenig vorgesorgt.«
    Sie stieg wieder auf den Wagen und holte den Bierkrug hervor. »Zum Wohl«, sagte sie, setzte den Krug an und trank einen gehörigen Schluck, bevor sie ihn an Lore weiterreichte.
    Graf Nehlen nickte lachend. »So ist es richtig! Hier auf dem Land ist man nicht so etepetete wie in der Stadt. Viel Vergnügen auf dieser Fahrt! Und du, Jürgen, pass gut auf die Damen auf, damit ihnen nichts zustößt.«
    »Das werde ich, Oheim.« Jürgen hielt es für wahrscheinlicher, dass er die Damen mit seinen geringen Reitkünsten behinderte, dennoch folgte er dem Wagen auf die Straße hinaus.
    Da Lore noch immer die Zügel führte, ließ sie den Wallach ein eher gemächliches Tempo einschlagen, dem Jürgen gut folgen konnte. Nathalia lag zwar auf der Zunge, die Freundin aufzufordern, schneller zu werden, aber sie unterließ es und beobachtete ihren Begleiter, der sich besser im Sattel hielt, als sie es erwartet

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