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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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lachten. Marola sah wie immer toll aus. Ihr langes Haar, in das sie kleine Federn geknüpft hatte, umrahmte ihr Gesicht wie eine Nachtwolke. Sim spürte, wie ihre Sicherungen durchbrannten. Er gehört mir, dachte sie. Er hat mit mir geschlafen. Ich habe ein Anrecht auf ihn.
    Sie bahnte sich einen Weg zu den beiden. Marola musterte sie von oben bis unten mit abschätzigem Blick. Ein vages Nicken war ihre Begrüßung. Eine Weile standen sie zu dritt da, aber Marola sprach nur mit Jimi und nahm keine Notiz von Sim. Jimi legte auch keinen Arm um sie. Er war wie ausgewechselt in Gegenwart dieses Mädchens.
    Sim spürte, dass alles, was sich eben noch toll und richtig angefühlt hatte, in ihr zusammenstürzte. Sie hätte Jimi umbringen können! Wie brachte er es bloß fertig, so zu sein? Ein ignorantes Arschloch mit Macho-Allüren! Jemand, der sie benutzte, wie, wozu und wann es ihm passte! Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Marola lachte über einen Witz, den Jimi gemacht hatte. Mit einer graziösen Geste schob sie sich das Haar hinter die Schulter, sodass Sim die dunklen Male an ihrem Hals sehen konnte. Knutschflecken. Diese Show musste sie sich nicht antun. Mit einem dicken Kloß im Hals ließ sie die beiden stehen und verschwand wieder auf die Toilette, dem einzigen Zufluchtsort im ganzen Haus. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und starrte in den Spiegel, auf dem jetzt neben Zahnpastaspritzern auch rote Lippenstiftküsse waren.
    Nur Dumme machen denselben Fehler zweimal, geisterte es durch ihren Kopf. Ihr war kotzübel, aber sie konnte sich nicht übergeben. Sim wusste nur eins: Sie hatte genug von dieser Party. Sie wollte nach Hause, wollte weg von hier.
    Jemand hämmerte gegen die Badezimmertür und sie öffnete. Cammie stand davor.
    »Hast du Luke irgendwo gesehen«, fragte Sim die Indianerin. Lukas war ihre einzige Rettung, er würde sie nach Hause bringen – wenn es sein musste, zu Fuß.
    »Eben war er noch da«, nuschelte Cammie und trank einen Schluck aus ihrer Coladose. »Amüsierst du dich?«
    »Geht so«, sagte Sim. »Ich glaube, ich habe genug, ich will nach Hause.«
    »Jetzt schon?« Cammie schwankte gegen die Tür. »Hier«, sagte sie und drückte Sim die Dose gegen die Brust. »Trink erst mal einen Schluck, dann geht es dir besser.« Ihre Gesichtszüge entgleisten zu einem traurigen Grinsen.
    Sim setzte die Cola an und trank.
    »Das Zeug lässt dich fliegen«, bemerkte Cammie, die allerdings den Eindruck machte, als würde sie nicht einmal mehr laufen können. Vermutlich hatte sie schon einiges intus.
    Sim warf einen Blick auf die Dose und trank noch einmal. Whiskey war da nicht drin, den hätte sie herausgeschmeckt.
    »Hey, hey, hey«, Cammie riss ihr die Dose aus der Hand, »nicht so gierig. Ich will auch noch auf Reisen gehen.«
    Die Indianerin verschwand in der Toilette. Sim suchte weiter nach Lukas, konnte ihn jedoch nirgendwo entdecken. Stattdessen wurde sie Zeugin, wie Marola ein Bein um Jimi schlang, ihre Hand in sein Haar wickelte und ihn küsste.
    Sim fühlte sich, als hätte ihr jemand in den Magen geboxt. Sie war wütend auf Jimi, aber noch wütender war sie auf sich selbst. Dass sie mit ihm nach oben in dieses Zimmer gegangen war. Dass sie ihm vertraut hatte, obwohl sie sich geschworen hatte, keinem Jungen mehr zu vertrauen.
    Du dummes Schaf, Sim. Du dummes, dummes Schaf. Sie hatte die falsche Entscheidung getroffen, doch diese Erkenntnis machte die Lektion nicht leichter.
    Sims Magen krampfte sich zusammen und ihr wurde schlagartig schlecht. Der Raum verschwamm vor ihren Augen. Alles begann, sich zu drehen, sie sah Sterne funkeln und kreisen – wie in einem Comic. Ihr Mund war trocken, sie bekam keine Luft mehr und geriet in Panik.
    Raus hier, war alles, was sie noch denken konnte. Sie zwang sich, Luft zu holen, und lief los.

25. Kapitel
    Sim ruderte und taumelte durch die Menge, stolperte über ausgestreckte Beine und fiel gegen Tanzende, die sie ärgerlich zur Seite schoben. Als sie jemandem die Bierdose aus der Hand stieß, sagte er irgendetwas Obszönes. Sim stolperte über ihre eigenen Füße, konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und stürzte auf ein knutschendes Pärchen, das es sich in einem der Sessel gemütlich gemacht hatte – so wie Jimi und sie vor… wie lange war das jetzt her? Eine Stunde? Eine Ewigkeit? Nicht mehr wahr?
    »Hey, du blöde Wasicun-Tussy, verpiss dich«, kreischte das Mädchen, »du hast sie ja nicht mehr alle.«
    Sim wollte etwas zu ihrer

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