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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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fürchte, da irrst du dich. Ich bin auch handwerklich nicht sonderlich begabt.« Die Wahrheit ist, dass ich in jeglicher Hinsicht unbegabt bin.
    Sie dachte an das Gemecker ihrer Mutter und an die treuen Augen ihres Vaters, die zu sagen schienen: »Ich glaube an dich!« Aber er hatte es nie ausgesprochen.
    »Ach, mach dir da mal keine Sorgen. Du musst nur putzen und alles ein bisschen nett dekorieren. Dafür hast du offensichtlich ein Händchen.«
    »Fürs Putzen?«, fragte sie mit gerunzelter Stirn. Da war ihre Mutter aber ganz anderer Meinung.
    »Fürs Dekorieren.«
    »Woher willst du das denn wissen?«
    »Na, deine Klamotten. Die machst du doch selber, oder?«
    »Schon«, meinte Sim verwundert. »Aber ich dachte, du findest meine Klamotten scheiße.«
    »Scheiße kurz«, erwiderte Jo, »aber nicht uninteressant. Du hast Fantasie.« Sie lächelte.
    »Wirklich?«
    »Klar.«
    »Ich kann’s versuchen«, sagte Sim. Alles war besser, als Unkraut zu jäten.
    Als sie den Schotterweg zum Haus hinauffuhren, parkte ein schlammverschmierter weißer Geländewagen vor dem Trailer und Sim sah, wie ein überraschtes Lächeln über das Gesicht ihrer Tante huschte. Jo hielt vor dem Haus, und während sie ausluden, kam ein großer Typ in Jeans, schwarzem T-Shirt und Trekkingboots aus dem Laden. Sein dunkles, fast schulterlanges Haar und sein Vollbart waren von silbrigen Strähnen durchzogen. Jo umarmte den Mann und sagte: »Michael, das ist meine Nichte Simona. Simona, das ist Michael, dein Zimmernachbar.«
    »Hallo Simona«, er schüttelte ihr lächelnd die Hand. »Schön, dich endlich kennenzulernen. Schon ein wenig eingelebt?«
    »Ich arbeite daran«, antwortet sie trocken.
    Michael half, die Einkäufe ins Haus zu tragen. Der Journalist kannte sich gut aus im Haushalt ihrer Tante. Er wusste, wo sie das Hunde- und Katzenfutter aufbewahrte, dass die Paletten mit den Getränkedosen unten im Laden blieben (wo sie von Sim später in den Kühlschrank geräumt werden würden) und wo die verschiedenen Lebensmittel ihren Platz hatten.
    Er sah aus wie einer von diesen Althippies, die nicht merkten, dass ihre Zeit längst abgelaufen war. Aber ansonsten machte er einen sympathischen Eindruck, schließlich wollte sie nicht voreingenommen sein. Allerdings nervte es Sim, dass sich nun ein weiteres Exemplar der Spezies Erwachsener im Haus befand, mit dem sie sich auch noch das Bad teilen musste.
    Zum Glück war Michael müde und verschwand für ein Nickerchen auf seinem Zimmer. Almona übergab den Laden an ihre Chefin und fuhr nach Hause. Sim bat ihre Tante um den Schlüssel für den Trailer, damit sie sich ein Bild von den Aufgaben machen konnte, die sie in den nächsten Tagen erwarteten.
    Das Innere des Trailers war geräumiger, als Sim es von außen vermutet hatte. Sie trat ein und stand in einem großen, mit dünnem Pressholz vertäfelten Raum, der Wohnzimmer und Küche zugleich war. Die Luft war stickig (eine Klimaanlage konnte sie nicht entdecken) und die Einrichtung spartanisch. Der Wohnbereich auf der rechten Seite bestand aus einer ingwerfarbenen Couch mit braunen Karomustern und einem passenden Sessel, einem Bücherregal und einem quadratischen Holztisch mit vier Stühlen.
    Die Einbauküche war uralt (vermutlich hundert Trailerjahre) und sah abgenutzt, ja fast schäbig aus. Der große Kühlschrank war angeschlossen und brummte laut. Aber als Sim probehalber den Wasserhahn über der Spüle aufdrehte, kam kein Tropfen. Werkzeug lag auf dem Boden, offenbar hatte Jimi es zurückgelassen.
    Sim inspizierte den Rest des Trailers. Vom Wohnraum ging ein schmaler Gang mit mehreren Türen ab. Hinter den ersten beiden Türen befanden sich zwei winzige Zimmer, kaum größer als Abstellkammern, in denen jeweils ein Bett und ein Stuhl standen. Zwei Einbauschränke ohne Türen und zwei identische Kommoden vervollständigten die Einrichtung. Die nächste Tür gehörte zu einem geräumigen Schrank mit Fächern, dann folgte das Bad mit einer neuen Einbaubadewanne, Toilette und Waschbecken. Auch hier lag Werkzeug herum und ein Stück Wand war aufgerissen. Dahinter ein neuer Boiler.
    Das letzte Zimmer am Ende des Ganges war das größte, fünf mal fünf Meter, schätzte sie. Darin standen ein Doppelbett, ein kleiner Schreibtisch, ein Regal und es gab einen begehbaren Kleiderschrank. Um die warme, abgestandene Luft rauszulassen, öffnete Sim eines der beiden Schiebefenster. Sie setzte sich auf das Bett mit der nackten Matratze und ließ ihren Blick über

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