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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Brett aus, auf dem sie saßen. »Seine Mutter ist im Regen mit dem Auto von der Straße abgekommen. Der Wagen hat sich überschlagen, dabei wurde Luke durch die Windschutzscheibe geschleudert. Die Kiste fing Feuer und seine Mum ist darin verbrannt. Es hat eine Weile gedauert, bis man ihn fand. Er hatte eine Gehirnerschütterung und Verletzungen hinter den Augen. Die Sehnerven auf beiden Seiten waren gequetscht, aber das haben die Ärzte nicht gleich erkannt. Erst als Luke die Ärzte nach zwei Tagen fragte: ›Wann wird es denn wieder hell?‹, wurden sie stutzig. Die Sonne schien nämlich ins Zimmer. Aber es war zu spät. Hinter den Augen hatten sich Blutergüsse gebildet und dadurch waren die Sehnerven gerissen. Für Luke wurde es nie wieder hell.«
    »Er hätte also sein Augenlicht noch, wenn die Ärzte aufmerksamer gewesen wären?«, fragte Sim mit rauer Stimme.
    »Möglicherweise.«
    »Das ist schrecklich. Immer im Dunkeln. Ich glaube, ich würde durchdrehen. Er tut mir echt leid.«
    »Das muss er nicht. Mitleid macht ihn bloß wütend.«
    Bei den meisten Mädchen im Reservat hatte Lukas diesen Betroffenheitsbonus. Er tat ihnen leid und sie meinten, ihm helfen zu müssen. Manche gingen sogar so weit, dass sie glaubten, der arme Kerl hatte bestimmt nie Sex, und stellten sich bereitwillig zur Verfügung. Doch Lukas fühlte sich genervt davon.
    »Und nach dem Unfall kam er zu… zu eurer Pflegemutter?«, fragte Sim.
    »Ja. Er und ich kamen am selben Tag zu Bernadine. Er hatte seine Mutter verloren und ich meinen Großvater. Wir hatten beide niemanden mehr.«
    »Also wurdet ihr Freunde.«
    »Wir wurden Brüder. Hunka -Brüder.« Jimi dachte an die ersten Tage und Nächte in Bernadine Jumping Eagles Haus. Er war sieben, hatte die letzten zwei Jahre mit seinem Großvater zusammengelebt und nun musste er auf einmal mit einem Haufen fremder Leute klarkommen. Alles war neu und ungewohnt. Luke, der ein paar Wochen älter war als er, hatte auf einen Schlag seine Mutter und sein Augenlicht verloren. Aber wenn Jimi nachts vor Kummer heulte wie ein Wolf, dann kam Lukas zu ihm ins Bett und beteuerte, dass er nicht alleine wäre, weil sie ja jetzt einander hätten. Und so war es dann auch.
    »Was bedeutet eigentlich Hunka -Bruder?«, fragte Sim.
    »Das Band zwischen Hunka -Brüdern oder -Schwestern ist stärker als zu leiblichen Geschwistern«, erklärte Jimi. »Es ist eine Freundschaft… wie soll ich sagen… besonderer Art. Eine Freundschaft auf Leben und Tod.«
    Während der Hunka -Zeremonie hatte He Dog ihm und Lukas die Hände mit roter Farbe bemalt, sodass es aussah, als wären sie in Blut getaucht. Für Jimi war es das Eindrücklichste an der ganzen Zeremonie gewesen, doch Lukas hatte es nicht sehen können. Gedankenversunken hob Jimi den Kopf und starrte in die Ferne.
    »Luke würde für mich durchs Feuer gehen, verstehst du – und ich für ihn. Das bedeutet Hunka -Bruder.« Er nickte, wie um seine Worte zu unterstreichen.
    »Lukas kann froh sein, dass er einen Freund wie dich hat, jemand, der immer für ihn da ist.«
    Jimi wandte ihr das Gesicht zu und sah sie an. »Hey«, sagte er, »jetzt hast du mich die ganze Zeit über Lukas ausgefragt. Du magst ihn, nicht wahr?«
    Sie erwiderte seinen Blick nicht. »Na ja, es interessiert mich eben, wie er so klarkommt… ich meine, ohne etwas sehen zu können.«
    »Luke kommt bestens klar, mach dir da mal keine Gedanken.« Jimi erhob sich abrupt. Es war gar nicht seine Art, so viel über sich und Lukas zu erzählen.
    Schweigend ging er zurück ins Haus. Noch ein paar Handgriffe und der Wasserzulauf in der Küche funktionierte wieder. Danach kümmerte er sich um den Anschluss im Bad. Sim räumte währenddessen im Trailer auf und begann zu putzen. Es war erst ihr dritter Tag im Reservat und schon hatte sie sich von einem bunten Vögelchen in ein (fast) normales Mädchen verwandelt. Zu seiner eigenen Überraschung bedauerte er das sogar. Im Nachhinein musste er sich eingestehen, dass ihn ihre verrückten Klamotten beeindruckt hatten.
    Gegen zwölf ging Sim nach drüben, um Sandwiches zu machen. Die aßen sie dann zusammen mit Almona im Laden. Nach der Mittagspause nahm Jimi das Fenster im vorderen kleinen Zimmer in Angriff. Das alte Fenster schloss nicht mehr und er musste es gegen ein neues austauschen.
    Sim half ihm, wenn er sie brauchte, aber sie wechselten kaum noch ein Wort. Wieso fiel es ihm heute bloß so schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren?
    Als er draußen auf

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