Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
ein paar Informationen spenden könnten.«
»Also doch !«, sagte Inge Bäder triumphierend und goss sich zur Belohnung nach. »Ich habe nichts mitbekommen. Gar nichts. Interessiert mich auch nicht.«
»Aber Sie leben doch im selben Ort?«
»Ja. Und ich tue das auch weiterhin, ohne dass sich irgendetwas für mich ändert. Klaus Grad war nicht meine Welt. Er war Elektriker, und er hatte keinen Sinn für gar nichts. Und golfen konnte er auch nicht. So viele Slices habe ich mein Leben noch nicht gespielt wie er an einem Tag. Und zum Thema Socketing schweige ich lieber.«
Julius traute sich nicht nachzufragen, was Slices und Socketing waren, Inge Bäders Redefluss wollte er auf keinen Fall unterbrechen.
Er versiegte von allein.
»Mehr weiß ich nicht über ihn.«
»Es gibt Gerüchte, dass er viel getrunken hat.«
»Das wäre ja ein sympathischer Zug an ihm gewesen!«, lachte Inge Bäder und begann zu husten. »Nein. Ich hab ihn nie Alkohol trinken sehen, immer nur gesunde Sachen. Apfelschorle oder wie das heißt. Er wusste das Leben nicht zu genießen, deshalb ist es nicht schade um ihn. Er hatte auch keinen Sinn für die Künste, höchstens, wenn sie in einer Kirche standen. Da hat er merkwürdigerweise drüber palavern können, der Elektriker, von frühchristlicher Kunst über die großen Werke der Romanik, die Entfaltung der byzantinischen Renaissance, am liebsten über die Pracht der Gotik und den religiösen Realismus des neunzehnten Jahrhunderts. Immerzu erzählte er von Reliefbildern, Pietas, Kapellenaltaren, Monstranzen oder historischen Krippen. Schrecklich, ganz schrecklich. Die Kunst des kleinen Mannes.«
»Was war er für ein Mensch?«
»Was für eine dumme Frage! Ein Elektriker , sagte ich doch schon. Reich geworden nach dem Krieg, aber mit dem Geld kamen keine Manieren, und mit dem Geld kam kein Geschmack. Er war schrecklich langweilig. Keine Frauengeschichten, nachdem seine Frau tot war – zumindest keine bestätigten. Keine Ausschweifungen, egal ob Autos oder Kleidung. Er blieb ein dummer, kleiner Handwerker mit viel Geld.«
»Was meinen Sie mit nicht bestätigten Frauengeschichten?«
»Was im Club halt so erzählt wird.« Sie stieß den Hund mit ihrem Fuß an. »Geh weg, das wird mir zu warm!«
»Und was …?«
»Nun lassen Sie mich doch wenigstens mal Luft holen, Eichendorff. Es heißt, Grad hätte was mit Susanne Sonner gehabt. Die zwei sind wohl des Öfteren zusammen gesehen worden. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, was die Sonner an Grad gefunden haben könnte. Sie selbst ist ja noch ganz knackig für ihre vierzig. Und Grad war ein verschrumpeltes Männchen.«
Diese Bemerkung fand Julius aus Inge Bäders Mund mehr als amüsant. Er hörte, wie die Fenster im Glashaus klirrten. Bei ihren Liebhabern war der Altersunterschied ungleich größer.
»Eine Liaison wegen Geld vielleicht?«
»Hat die Sonner selbst. Ihr Mann verdient genug mit seinem Geschäft.«
Der kleine Hund hatte sich nach einigem Umherirren im Raum dazu entschlossen, auf Julius’ Füßen ein Nickerchen zu machen.
»Wecken Sie ihn bloß nicht auf, das mag er gar nicht!«
Das hieß wohl, er war hier gefesselt. Julius’ Nachfragen zu Grads Hobbys und zur Meinung der Nachbarn waren erfolglos. Darüber wusste Inge Bäder nichts. Sie konnte die Nachbarn nicht leiden, weshalb sollte sie mit ihnen in sozialen Kontakt treten?
Als Julius gehen wollte und den kleinen Hund schon vorsichtig auf den Boden umgebettet hatte, war es die Hausherrin, die eine Frage stellte. Plötzlich klang sie fast wie ein normaler Mensch. Mit viel gutem Willen konnte man ihren Tonfall freundlich nennen.
»Wie ist es, Eichendorff? Brauchen Sie Kunst für Ihr Restaurant? Täte ihm gut. Soll ich etwas für Sie finden?«
»Ich weiß nicht, ob mein Geldbeutel das hergibt.«
»Natürlich. Ein Sternerestaurant braucht Kunst! Am besten im Eingangsbereich. Sie müssen die Leute einschüchtern, Eichendorff. Direkt zu Beginn. Das ist Ihnen doch klar?«
Das war genau das, was er nicht wollte. Außerdem gab Julius sein Geld lieber für Wein aus. Er tat, als habe er die Frage nicht gehört. Inge Bäder tat, als habe er sie bejaht.
»Ich werde mich für Sie umschauen. Den Weg nach draußen finden Sie sicher allein. Hieronymus, bei Fuß!«
»Des mach ich niemals net!«
Franz-Xaver, seines Zeichens Maître d’hôtel des Restaurants »Zur Alten Eiche«, verschränkte die Arme über seinem Wiener Brustkorb. »Da schau ich dann einmal net hin und meine
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