Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
erfolgreichen Sänger wie Martino wäre viel effektiver. Leichter wäre wahrscheinlich ein Stelldichein mit Dieter Bohlen zu haben – das war aber auch nur eine Spur weniger grausam als Mord.
Das Handy klingelte. Julius brauchte einige Zeit, bis er mit dem Handschuh den richtigen Knopf gedrückt hatte. Schnell schluckte er das Eis herunter, das er gerade probierte.
Es war Volker Vollrad. Ausgerechnet. Julius’ Stimmung sank unter den Gefrierpunkt.
»Herr Eichendorff, ich plane einen Überfall auf Sie.«
»Für Überfälle bin ich nie zu haben.«
»Haben Sie Sonntag schon was vor?«
»Ausspannen.«
»Den ganzen Tag?«
»Und die Nacht auch noch.«
»Sie werden Ihre Meinung ändern, wenn Sie hören, was ich vorschlage.«
»Das glaube ich nicht. Außerdem bin ich gerade am Arbeiten und möchte nicht gestört werden.«
»Ich mach’s kurz. Wir von Cassianus werden am Sonntag unsere neueste Linie vorstellen. Der Name: Great Grapefruit – ein Wahnsinnsprodukt, das den Markt so richtig aufwühlen wird. Sechzig Prozent reiner Grapefruitsaft, vierzig Prozent bestes Cassianus Mineralwasser, ohne Zucker oder Süßstoff. ›Back to Basics‹ sag ich nur. Leider ist uns die dafür eingeplante Location weggebrochen, und wir bräuchten dringendst eine repräsentative Räumlichkeit.«
»Hören Sie …«
»Sekunde noch. Wir mieten Ihr ganzes Restaurant, mit voller Belegschaft, Sonntagszulage oder was immer Sie nehmen inklusive, und legen für jeden noch was drauf. Geld spielt keine Rolle. Sie kochen dann nett ein bisschen Fingerfood, je teurer, desto besser. Also Kaviar, Foie gras, Hummer, was es da so alles gibt, Sie wissen schon, Schweinereien halt.«
»Also wirklich …«
»Da wird viel Presse dabei sein, das gibt auch super Werbung für Ihren Laden.«
Julius war nahe dran, einfach aufzulegen oder besser: den roten Auflegknopf zu drücken. Die »Alte Eiche« als Laden zu bezeichnen, Gänsestopflebern als Schweinereien – was schon biologisch total falsch war – und zu meinen, für Geld bekäme man alles, stank ihm gewaltig. Außerdem war ihm der Sonntag heilig, den hatte er sich jede Woche redlich verdient. Also auflegen. Aber bevor die behandschuhte Hand den Weg zum Knopf zurückgelegt hatte, meldete sich der Kriminalist in Julius. Eine bessere Gelegenheit, mit Vollrad in Kontakt zu kommen, dem Unsympathen mal kräftig auf den Zahn zu fühlen, würde er nicht bekommen.
»Das wird richtig teuer.«
»Sie sind mit im Boot?«
»Faxen Sie mir die Details noch heute durch.«
»Schon unterwegs. Ich schneie dann die Tage noch mal bei Ihnen rein!« Er lachte unterkühlt.
»Ach, Herr Vollrad. Wo ich Sie gerade spreche: Was glauben Sie, wer es war?«
»Wieso fragen Sie mich das?«
»Ich frag das eigentlich jeden, der dabei war. Reine Neugier.«
»Das ist Sache der Polizei.«
»Aber Sie werden doch bestimmt einen Verdacht haben.«
»Nicht mein Job.«
»Also, ich soll Ihnen sonntags die Tür aufmachen, was ich sonst nur für meine besten Kunden und Freunde mache. Aber Sie wollen nicht einmal die gesunde Neugier eines Kochs befriedigen? Vielleicht suchen Sie sich doch besser einen anderen Ort zum Präsentieren.« Wenn Vollrad nicht über den Mord reden wollte, konnte Julius sich die Arbeit sparen.
Nach einigen Sekunden sprach Vollrad wieder. Er klang mürrisch. »Haben Sie sich nicht auch gewundert, dass dieser Herr Dopen so viel über die Kapelle wissen wollte? Wie Sie verschlossen wird, wann die Kontrollgänge sind und so.«
Stimmt, dachte Julius. Das war ihm auch aufgefallen. Er hatte noch einen Witz darüber gemacht, ob Dopen in der Bunkerkapelle heiraten wolle.
»Aber ich habe nichts gesagt. Bleibt es bei Sonntag?«
»Es bleibt bei Sonntag.«
»Sie sind schon eine komische Type.«
Und stolz darauf, dachte Julius, drehte sich um und versuchte, den Weg zurück zum Auto zu schliddern.
Er hätte besser noch ein paar Schneebälle auf Rebstöcke werfen sollen.
Als Julius sich auf den Weg zum Milsteinhof machte, dankte er im Stillen dem Schicksal für seinen Sous-Chef. Alle kriminalistische Schnüffelei wäre zeitlich unmöglich gewesen, wenn ihn am Herd niemand würdig vertreten hätte. Viele Gäste dachten nicht über die Küchen-Hierarchie nach. Obwohl sie Fernsehköche wie Johann Lafer oder Vincent Klink ständig im Fernsehen sahen, gingen sie davon aus, dass diese trotzdem jeden Tag am Herd standen. Kochgötter in Weiß – überall zu jeder Zeit. Dabei bestand die Arbeit des Chefkochs in Wirklichkeit
Weitere Kostenlose Bücher