Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
mit dem Ärmel ihres durchscheinenden Nachthemds.
»Ich hoffe, es ist nicht zu privat, wenn ich Sie frage, warum Sie so um Inge Bäder trauern. Sonderlich beliebt war sie im Club ja wohl nicht.«
Aber Julius war zu privat gewesen.
Sandra Böckser stand schluchzend auf und verließ das Zimmer.
»Voll in den Fettnapf«, sagte Anna.
»Wieso?«
»Hab ich dir das noch nicht gesagt?«
»Was?«
»Sie war ihre Tante.«
Inge Bäders Tod sollte nicht die einzige Überraschung an diesem Tag bleiben. Die nächste kam in Form von Antoine Carême, der mit einem amtlichen Schreiben in der Hand Julius’ Haus erstürmte, als dieser gerade aus Ahrweiler zurückkehrte.
»Ich habe den Genehmigung! Hat mich zweihundert Euro gekostet! Wir können los!«
Julius war nicht in der Stimmung für Überraschungen. »Was immer es ist, es muss warten.«
»Nein. Wir müssen jetzt los! Den Genehmigung gilt nur für heute. Außerdem ist den Schneedecke ein bisschen eingesackt.« Antoine wirkte ganz kribbelig, rumpelstilzchengleich tanzte er um Julius herum. Dieser blickte aus dem Fenster. Es war grau. Der Himmel war zugekleistert und die Sonne nicht einmal zu erahnen. Der Schnee war zerschrumpelt und entblößte unregelmäßig Straßenbelag, braune Grashalme oder einfach nur Dreck. Er hatte keine Lust, da rauszugehen.
»Komm schon!«, drängelte Antoine.
»Geht es nicht ein andermal?«
»Nein. Den Sache muss jetzt sein, jetzt oder nie!«
Julius zögerte. »Dann hab ich was bei dir gut.«
»Oh nein, ich habe was bei dir gut. Du wirst schon sehen!«
Beim Einsteigen in den Wagen des gut gelaunten Eifeler Normannen fand sich die nächste Überraschung. Eine Augenbinde. Wurde das zu einer weiteren skurrilen Angewohnheit, neben den Leichenfunden? Und vor allem: Musste das wirklich sein?
»Ja. Da führt kein Weg dran vorbei. Den Augenbinde ist Pflicht.«
Also saß Julius wenige Augenblicke später mit Augenbinde in Antoines Wagen und fuhr nach … wohin auch immer.
Sie kamen zum Glück relativ schnell dort an.
Julius durfte die Augenbinde abnehmen.
Es sah aus wie ein Waldstück nahe Bad Bodendorf.
Das schwere Atmen, das Julius während der Fahrt gehört hatte, stammte nicht von einer Atemwegserkrankung des befreundeten Kochs, sondern von dessen Hund, der auf dem Rücksitz gelegen hatte. Rouen, eine – so wurde geschätzt – Foxterrier-Dackel-Mischung, sprang vergnügt in den Matsch und schüttelte sich erst einmal aus. Antoine legte ihm die Leine um, der Hund begann sofort daran zu zerren. Der Schnee im Waldstück war porös, der braune Boden schimmerte durch.
»Kannst du mir jetzt vielleicht verraten, worum es geht?«
»Rouen hat sie schon gewittert. Niemand weiß, wonach sie das Standort wählen – den Hund schon.«
Antoine lockerte die Leine. Rouen schoss wie ein Belgier auf der Suche nach der nächsten Frittenbude zwischen den Bäumen hindurch, sein Herrchen hinter sich herziehend.
»Ist es das, was ich glaube, dass es ist?«
»Den ist es!«, sagte Antoine begeistert.
Julius wusste Bescheid. Darum die Geheimniskrämerei. Aber das war doch unmöglich!
»Erzähl mir nicht, dass es im Ahrtal Trüffel gibt?!«
»Du darfst es niemand erzählen! In Marienthal über den Bunker hab ich schon welchen gefunden, sogar im Schlosspark Sinzig. An einigen Stellen ist Baumaterial, Putz und Zement im Boden, das liebt den Pilz.«
Julius lächelte. »Klar. Jetzt erzähl mir noch, du hättest einen Trüffelhund!«
»Kein Wort darüber, den Rouen ist jetzt richtig wertvoll. Er ist fabelhaft!«
Der fabelhafte Trüffelhund wuselte gerade um den Fuß eines Baumes und hob nach kurzer Schnüffelei das Bein.
»Schon beeindruckend, was dein Hund leistet. Da möchte man ihn dir direkt abkaufen.«
»Wart’s nur ab!«
Julius tätschelte Rouen über den struppigen Kopf. »Du hast deinen Spaß gehabt, Antoine, nun lass uns wieder fahren. Ich hab wirklich anderes zu tun.«
»Was meinst du?«
»Wer hat dich angestiftet? Die Jungs vom Stammtisch? Ihr meint wohl, ich hätte es nötig, dass mir mal der Kopf gewaschen wird.«
»Was redest du da für ein blöd Zeug?«
»Ist schon klar. Du machst das prima, Antoine. Das mit der Augenbinde, dein Hund. Aber die Geschichte mit den Trüffeln im Ahrtal ist einfach zu weit hergeholt. Meerneunaugen in der Ahr – so was hätte ich dir eher geglaubt.«
»Den Fisch gibt es auch schon wieder.«
»Klar, und in Altenahr züchten sie Schweine, die pfeifen.«
»Davon weiß ich nichts …«
Julius hörte,
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