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Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Titel: Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Gewarnte zu sein, zwang ihn, immer wieder in den Rückspiegel zu blicken. Wurde er verfolgt? Was für ein abwegiger Gedanke! Der Mörder würde ihm doch nicht den ganzen Tag an der Stoßstange hängen. Nach Ahrweiler, Marienthal, zum Milsteinhof und jetzt in Richtung Schalkenbach.
    So irre konnte kein Mensch sein.
    Nicht bei den heutigen Benzinpreisen.
    Auf der Kurgartenbrücke in Bad Neuenahr traf Julius einen Menschen, dessen Irrsinn er, wie sich nun zeigte, fahrlässig unterschätzt hatte. FX stand dort, den Arm um eine dunkelhaarige Schönheit gelegt, die einen altrosa Seidenschal um den Hals trug, und blickte auf die zugefrorene Ahr. Er gestikulierte, als würde er etwas erklären. Die Bewegungen wirkten schnell in der Trägheit ringsum. Wie in Zeitlupe trieben die Kurgäste an FX und seiner Begleiterin vorbei, als wäre die Luft eine zähe Masse. Julius musste an Manns »Zauberberg« denken, an die besondere Magie des Kurlebens.
    Er setzte den Blinker und hielt an. » FX ! Was treibst du denn hier?« Der neue Name ging ihm immer noch schwer über die Lippen. Sein Maître d’hôtel drehte sich um. Hektisch bedeutete er Julius, den Mund zu halten. Es war zu spät. Julius konnte genau hören, was die Frau neben FX sagte, denn ihre Stimme war schriller als die eines hungrigen Entenkükens.
    »Wieso nennt der dich FX , Alois? Ich dachte, du heißt Kracher mit Nachnamen?«
    »Des ist mein Spitzname aus der Zeit bei der Spanischen Hofreitschule. Entschuldige mich bitte, Spatzerl.«
    FX kam zum Wagen. Er sprach mit gepresster Stimme. »Bist du wahnsinnig, mich hier anzusprechen?«
    Julius’ Stimmung wurde schlagartig besser. »Das tut mir sehr Leid, Herr Kracher . Aber ich dachte, wir alten Hofreiter haben immer Zeit füreinander.«
    »Halt dei Goschn!«
    »Jetzt weiß ich auch endlich, was du in deiner Freizeit so treibst. Von wegen Kaffeehausmusik.«
    »Die spiel ich ihr später noch vor …«
    Hinter FX war wieder die schrille Frauenstimme zu hören. »Alois, dauert das noch länger? Ich hab doch gleich meinen Termin in den Thermen.«
    »Bin gleich bei dir, Katzerl«, sagte FX . »Ich muss weg, Maestro.«
    »Bist du nicht etwas zu jung für einen Kurschatten?«
    »Ach was, des ist es doch grad! Hier laufen viele hübsche junge Damen rum, bereit für ein amouröses Abenteuer, und dann nur latscherte Mannsleut. Dann treffen sie auf mich, den Alois Kracher, wegen einem Herzfehler aus der Hofreitschule ausgeschieden, kennt sich im Ahrtal aus, ist sportlich und natürlich fesch!«
    »Ganz schön verschlagen.«
    »Danke vielmals und bis bald.« Er drehte sich um, hakte die mittlerweile leicht ungeduldige Schönheit unter und nahm Kurs auf die Ahrthermen.
    Julius fuhr weiter. Wie hatte er jemals einen Wiener einstellen können?
    Wie ein Wintermärchen tauchte der kleine Ort, der in so kurzer Zeit zwei Steuerzahler hintereinander verloren hatte, vor der Windschutzscheibe des Audi auf. Julius wusste nicht, was er hier suchte. Er dachte auch nicht darüber nach, als er eine seiner Notfallpralinen aß, obwohl kein Anlass dazu bestand. Er ließ sich treiben, gehorchte dem Zufall, der ihm schon die Soßenorgel beschert hatte, vertraute sich dem Schicksal an. Julius wurde das Gefühl nicht los, dass es nicht Fakten waren, die ihm fehlten, sondern eine Idee. Eine Idee, wie die Fakten zu kombinieren waren. Diese Idee konnte er überall finden. Er musste es einfach ausprobieren. Vielleicht hatten die Toten eine Inspiration für ihn. Wenn es schon einen Mörder gab, der durch verschlossene Türen gehen konnte, vielleicht konnten dann auch die Seelen der Verstorbenen den Lebenden eine Nachricht überbringen. Das wäre doch mal was Sinnvolles.
    Er parkte den Wagen wie beim ersten Besuch an der Kapelle des heiligen Johannes, stieg aus und blickte sich um. Der Schnee fiel kerzengerade vom Himmel, kein Wind drückte die Flocken in die Augen der wenigen Spaziergänger. Nur ein Kind mit Plastikschlitten war zu sehen und eine alte Frau, die ein kleines Wägelchen hinter sich herzog, viel Kraft aufwendend, da der Schnee an den Reifen pappte.
    Julius blickte sich um. Hatte da ein Wagen in der Nähe geparkt?
    Er verharrte. Als wäre er dadurch nicht mehr sichtbar. Als ließe ihn Bewegungslosigkeit zu einem dicken Laternenpfahl mutieren, der niemandem auffiel.
    Den niemand umbringen wollte.
    Alles wurde leiser.
    Das Kind und die alte Frau waren fort. Kein Wagen fuhr.
    Das Knirschen von Schuhen, das Klingeln eines Reißverschlusses kamen

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