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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Käfig piepste zaghaft ein Kanarienvogel.
»Lassen Sie uns bitte gleich zur Sache kommen, Herr Lindner«, sagte die Kommissarin, nahm Block und Stift aus ihrer Sommerjacke. »Seit wann genau vermissen Sie Ihre Tochter?«
»Wir hatten beide Nachtschicht«, erzählte der Mann stockend, »ich arbeite bei den Farbwerken und meine Frau im Altersheim. Und als wir heute morgen nach Hause gekommen sind, war Sabines Bett leer.« »Ist so etwas schon öfter vorgekommen?« »Einmal, da hat sie bei ihrer Freundin übernachtet. Aber diesmal ist sie nicht dort. Außerdem sagt sie sonst immer Bescheid, wenn sie auswärts übernachtet.« 17 »Hat Ihre Tochter einen Freund?« »Nein!« war die schnelle Antwort.
»Wissen Sie das ganz genau, oder vermuten Sie es nur?« »Martha, hat Sabine einen Freund?« Kopfschütteln, Schweigen. Als fürchtete sie, mit jedem Wort, das sie sprach, einen Schritt näher an eine grausame, für sie nicht greifbare Wahrheit zu stoßen. Eine Wahrheit wie ein wabernder Nebel, durch den sie orientierungslos und hilflos taumelte.
»Aber hundertprozentig sicher sind Sie nicht?« hakte Julia Durant nach. »Wann kann man bei jungen Leuten schon hundertprozentig sicher sein?! Aber sie hätte es uns gesagt«, beharrte Lindner, die Möglichkeit ausschließend, seine Tochter könnte Geheimnisse haben. »Sie ist ein anständiges Mädchen, müssen Sie wissen. Sie geht schließlich aufs Gymnasium. Sagen Sie, glauben Sie, daß ihr etwas passiert ist? Ich meine, da draußen läuft doch so ein Verrückter rum und massakriert...« Seine Augen weiteten sich schon bei dem Gedanken vor Entsetzen.
Schulz versuchte, Lindner zu beruhigen. »Denken Sie nicht gleich das Schlimmste. Manchmal klärt sich eine solche Sache ganz einfach auf. Ein Kollege von mir hat auch eine Tochter in diesem Alter, und er hat schon die absonderlichsten Dinge erlebt.« »Nein, nein, ich kenne meine Kleine«, wehrte Lindner ab. »Es ist nicht ihre Art, einfach wegzubleiben. Wissen Sie, zwischen Sabine und uns gibt es keine Geheimnisse. Sie hat uns bis jetzt immer alles gesagt, wirklich alles. Auch wenn sie einen Freund hätte. Sie hat uns noch nie Kummer bereitet.«
»Gibt es irgendeinen Ort, an dem sie sich besonders gerne aufhält?« »Hier, in ihrem Zimmer, oder bei Nicole, ihrer Freundin. Sie gehen zusammen zur Schule. Sie war gestern abend bei Nicole. Um halb neun wollte Sabine mit dem Bus nach Hause fahren. Es sind nur drei Stationen.« »Hat Nicole sie in den Bus einsteigen sehen?« »Weiß ich nicht, ich habe sie nicht gefragt.« »Wir werden uns mit dieser Nicole gleich mal unterhalten. Wir haben bereits eine Suchmeldung rausgegeben. Wenn Sie uns jetzt bitte die Adresse von Nicole geben würden.« Lindner schrieb mit ungelenker Schrift Namen und Adresse auf und reichte sie Schulz. Er bedankte sich und wollte gerade zusammen mit Julia Durant die Wohnung verlassen, als diese in der Tür stehenblieb, sich umdrehte und sagte: »Ach ja, beinahe hätten wir's vergessen, wir brauchten noch ein Bild Ihrer Tochter und wenn möglich auch ein Kleidungsstück von ihr. Am besten etwas, das sie getragen hat und noch nicht gewaschen wurde.« »Warum?« fragte der Mann verwundert. »Wenn Sie es haben, dann geben Sie es uns bitte«, ließ Durant die Frage unbeantwortet.
Die Frau stand auf, schlurfte in das Zimmer ihrer Tochter, während Lindner aus dem Wohnzimmerschrank einen Schuhkarton holte, in dem er die Fotos aufbewahrte. Er reichte eines davon der Kommissarin.
»Ist das ein neueres Foto?« fragte sie und schaute auf das bildhübsche Gesicht, die vollen, sinnlichen Lippen, die grünen Katzenaugen, das blonde Haar.
»Es ist in den Sommerferien gemacht worden.«
»Danke.«
Die Mutter kam mit einem Pyjamaoberteil zurück und gab es der Kommissarin. »Was glauben Sie«, fragte sie leise und sah Durant in die Augen, »glauben Sie, daß Sabine etwas passiert ist?« Durant versuchte zu lächeln. »Im Augenblick glaube ich gar nichts. Es gibt so viele Möglichkeiten, nur bitte, machen Sie sich jetzt nicht zu viele Sorgen.«
Erst im Wagen sagte Schulz: »Es würde einfach irgendwie passen. Das Mädchen, das Alter, das Aussehen. Ich hoffe, ich täusche mich, aber wenn es stimmt, was ihr Vater sagt, dann...«
»Das ist wahr, im Augenblick müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen. Es ist ein schmutziges Spiel. Vielleicht kann uns ja diese Nicole weiterhelfen! Wie heißt die Straße noch mal?«
»Nobelring. Ist am Lerchesberg. Feinste Gegend. Dort wohnt der Geldadel

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