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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auf einmal dieser Blödsinn?« fragte Tomlins Mutter mit erhobener Stimme. »Was...« »Ach komm, jedesmal wenn ihr euch seht, ist Daniel wie ausgewechselt! Er benimmt sich einfach anders! Liegt es daran, daß ihr euch nur so selten seht?« »Du faselst Unsinn! Aber meine Liebe, das muß ich dir leider sagen, du faselst sehr oft dummes Zeug! Leider. Wir sehen uns sogar sehr oft. Immer wenn Daniel...« »Immer wenn Daniel was?« Susanne legte den Kopf zurück und lachte auf, faßte sich an die Stirn: »Natürlich, mein lieber, guter, hilfsbereiter Mann, der immer wieder nach Afrika und Südamerika fliegt, um den armen Menschen zu helfen! Und wenn er in Mexiko oder Guatemala war, dann hat er dich besucht! Mein Gott noch mal!« Ihre Stimme wurde lauter und zornig, ja, Susanne Tomlin war noch nie zuvor so zornig gewesen, sie ging an die Bar und schenkte sich Cognac ein, trank aus, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, schenkte sich nach, trank gleich wieder aus, sagte laut: »Mein Gott, er hat mir nie auch nur ein Wort davon erzählt! Immer, wenn ich ihn auf dich ansprach, kamen leere Phrasen!« Sie stellte sich dicht vor Tomlins Mutter, die einen halben Kopf größer war, eine immer noch attraktive, jugendlich wirkende Frau, doch von nahem wurden die Falten, die Krähenfüße sichtbar, die sie immer wieder zu kaschieren versuchte, die beiden tiefen Gräben um ihren Mund, die herabhängenden Mundwinkel, das Eis in ihren Augen, das Susanne Tomlin sonst nur noch von einem anderen Menschen kannte, ihrer eigenen Mutter. »Was ist zwischen euch?« fragte sie scharf. »Warum darf ich...« »Nichts ist zwischen uns!« wehrte sich Tomlins Mutter. »Absolut nichts! Ich habe keine Ahnung, warum dein lieber Mann mit dir nicht über mich spricht! Wir haben ein ganz normales Mutter-Sohn-Verhältnis! Und damit basta!« Sie hielt inne, sah Susanne mit stechendem Blick an und verzog den Mund. »Vielleicht liegt es ja an dir, daß er nicht über sich und seine Familie sprechen will!« »Ich, ich, ich! Immer höre ich nur, es läge an mir! Aber du schneist hier herein und willst mir etwas über mich erzählen! Sag mir nicht, daß ihr ein normales Mutter-Sohn-Verhältnis habt! Soll ich dir sagen, was für einen Eindruck ich von Daniel habe, wenn ihr zusammen seid? Ich habe den Eindruck, als besteht zwischen euch eine geradezu hündische Liebe... Aber irgendwie scheint er dich auch zu hassen. Ich kann's nicht genau beschreiben, aber manchmal schwingt in seinen Worten tatsächlich so was wie Haß mit. Ich kann mich natürlich auch täuschen.« »Halt den Mund, du redest Blödsinn! Bullshit, wie man bei uns zu sagen pflegt!«
»Schön, dann eben Bullshit! Ich habe nur meine Meinung gesagt.«
Ihre Schwiegermutter kam näher, ihre Stimme wurde plötzlich sanft und versöhnlich. »Ruf die Polizei an, jetzt sofort. Und hör auf, dir über Daniel und mich Gedanken zu machen. Vielleicht liebt er mich, weil seine Jugend kein Zuckerschlecken war. Du darfst es ihm nicht übelnehmen.«
Susanne Tomlin nahm den Hörer ab. Sie wählte die Nummer des Präsidiums und ließ sich mit der Sonderkommission verbinden. Berger war am Apparat, notierte Namen und Adresse, versprach, so bald wie möglich jemanden vorbeizuschicken. Susanne Tomlin legte wieder auf. Ihre Schwiegermutter hatte den Raum verlassen, sie hör 228 te ihre Stimme aus Sheilas Zimmer, der siebenjährigen Tochter. Sie lachten und gackerten, die Tür ging auf, Tomlins Mutter kam aus dem Zimmer, eilte an Susanne vorbei, ohne sie anzusehen, ging die Treppe hoch. Es dauerte nur einen kurzen Moment, bis sie zurückkam, ein dickes, altes Fotoalbum unter den Arm geklemmt; sie ging wieder in Sheilas Zimmer und schloß die Tür. Susanne stellte sich an die Tür, legte ein Ohr dagegen und lauschte, hörte das Umschlagen von Blättern, wie ihre Schwiegermutter Erklärungen zu den Fotos abgab. Sheila stellte Fragen, Großmutter beantwortete sie alle geduldig. Susanne ging ins Wohnzimmer zurück, stellte den Fernsehapparat an, trank einen Cognac. Es schmeckte ihr nicht.
Berger reichte Durant den Zettel, als sie mit Kullmer ins Präsidium kam. Sie las die Notiz, runzelte die Stirn, fragte Berger, ob Susanne Tomlin außerdem noch etwas gesagt hätte. Berger verneinte. Durant verließ das Büro sofort wieder, allein. Eine Viertelstunde Fahrt, sie parkte ihren Wagen auf der Straße, schloß die Tür nicht ab. Das Hausmädchen öffnete, sie wies sich aus, wurde eingelassen. Susanne Tomlin empfing sie im

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