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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Erlebnisse erinnern, als ich gerade drei Jahre alt war.
Weiß nicht. Ich habe ein sehr schlechtes Gedächtnis. Sie können sich aber an jede Einzelheit Ihrer Off er erinnern. Das paßt doch irgendwie nicht zusammen, oder?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wo hat Ihre Mutter Sie gelassen, als Sie, sagen wir, fünf waren? Ich nehme einfach einmal an, etwas davon wird in Ihrem Gedächtnis haften geblieben sein.
An diesem Punkt schaltete Schneider das Videogerät auf Pause, lehnte sich zurück, holte eine Pfeife aus seiner Brusttasche, stopfte sie, zündete sie an. Sah in die Runde, paffte dabei an seiner Pfeife.
»Ich möchte jetzt hier an dieser Stelle etwas erklären. Tomlin gab lange vor, sich nicht an seine Kindheit erinnern zu können. Dabei ist erwiesen, daß es kaum einen Menschen gibt, der sich nicht an wenigstens ein paar Ereignisse erinnert, die bis etwa zum dritten Lebensjahr zurückreichen. Aber Tomlin wollte sich offensichtlich nicht erinnern, das wurde immer klarer. Wir mußten also das Warum herausfinden. Es mußte aus dieser Zeit und möglicherweise auch später etwas geben, das so gravierend war, daß es zu einem Schnitt in seiner Persönlichkeit führte. Er wußte angeblich nicht, wo seine Mutter gearbeitet hat, wo er während dieser Zeit blieb und so weiter und so fort. Wenn er auf meine Fragen antwortete, dann beobachteten wir ihn natürlich dabei, und es war auffällig, wie sich sein Blick, seine Gestik und Mimik jedesmal veränderten, wenn die Rede auf seine Mutter kam. Wir wußten natürlich, daß er sich sehr wohl an viele Details aus seiner Kindheit und Jugend erinnern konnte, und genauso sicher waren wir, daß es sich dabei um äußerst unangenehme Details handelte, bei ihm hatte nur ein Verdrängungsmechanismus eingesetzt. Seine Mutter war die zentrale Figur in seiner Erinnerung. Aber sehen wir weiter.« Schneider drückte den Knopf, das Videogerät startete wieder.
Weiß nicht.
Beschreiben Sie doch mal die Gegend, in der Sie gewohnt haben. Sie sagten, dieses Edgewater ist eine Kleinstadt. Wie klein ist Edgewater? Ist es ein Kuhdorf oder ein Marktflecken oder doch eine Stadt, in der es ein Einkaufszentrum und Kinos und so weitergibt? Und wie ist die Umgebung? Berge, Flüsse, beschreiben Sie ganz einfach Edgewater und Umgebung. Edgewater hat etwa viertausend Einwohner. Vielleicht auch weniger. Genau kann ich es nicht sagen. Es gibt nicht viel dort, aber einen Supermarkt und ein paar andere Sachen. Einen See, an dem man wunderbar angeln kann. Catfish. Haben Sie schon jemals Catfish gegessen? Das einzige, was ich in Frankfurt wirklich vermisse, ist Catfish. Und erst die Wälder Sie sollten Edgewater einmal besuchen, wenn Indian Summer ist! Die Bäume, es ist ein phantastisches Bild. Grün und rot und gelb die Blätter. Es ist eine ganz schöne, kleine Stadt. Trotzdem, immer wohnen wollte ich dort nicht. Die Leute dort sind manchmal komisch... Und es gibt so gottverdammt viele Hurenböcke in Edgewater. Edgewater ist ein Sünden pfuhl, den die Strafe Gottes eines Tages noch treffen wird. Das garantiere ich Ihnen! Aber ansonsten ist Edgewater schön.
Was meinen Sie damit, es gäbe so viele Hurenböcke in Edgewater? Und daß es ein Sündenpfuhl ist, den die Strafe Gottes eines Tages noch treffen wird?
Vergessen Sie's! Nein, vergessen Sie's nicht. Alle Männer dort sind Hurenböcke. Mit großen und mit kleinen Schwänzen, egal, sie sind Hurenböcke. Sie treiben es mit Weibern, mit Huren, mit ihren Schweinen und Kühen, es ist schlimmer als Sodom und Gomorrha! Fahren Sie hin und überzeugen Sie sich selbst davon. Zuerst werden die Leute dort nett und freundlich sein, aber dann wird Satan aus ihnen sprechen. Oja, sie sind vom Teufel besessen. Haben Sie persönliche Erfahrungen gesammelt, was das angeht? Kann sein.
Haben die Leute dort sich auch an Ihnen vergangen?
Keiner hat sich an mir vergangen... Außer... Außer wer? Und woher wissen Sie dann, was in Edgewater so genau mit den Männern los war?
Das ist mein Geheimnis. Haben Sie sich nun in Edgewater wohl gefühlt oder nicht? Wenn ich allein war, schon. Waren Sie oft allein?
Geht so.
Und Ihre Mutter, hat sie gerne dort gelebt? Ich meine, woher aus Deutschland kommt denn Ihre Mutter? München.
Ja und, hat es ihr in Edgewater gefallen?
Verdammt noch mal, woher soll ich das wissen?! Laßt mich doch um Himmels willen damit zufrieden! Möchte zu gerne wissen, was das mit dem zu tun hat, was ich gemacht habe?! 262 Hat sich Ihre Mutter denn nie

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