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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Märchen verweisen.« »Das würde dann zumindest bedeuten, daß der Täter in gewissen Augenblicken nicht er selber ist...« »Wenn es sich um einen Schizophrenen oder eine multiple Persönlichkeit handelt, ja! Die Frage bleibt aber, wer ist er selber? Ist er selber derjenige, als der er geboren wurde, oder hat sich im Laufe der Zeit eine weitere Person hin zugesellt, die jetzt die dominierende Persönlichkeit ist? Ich weiß, es klingt absurd, aber es gibt diese Fälle. Dennoch sollten wir nicht in Spekulationen verfallen. Gehen wir erst einmal davon aus, daß der Täter weder schizophren noch eine multiple Persönlichkeit ist, sondern einen anderen psychischen Defekt aufweist. Fassen wir zuallererst eine krankhafte Veranlagung ins Auge, die es dem Mann unmöglich macht, sein Handeln zu bestimmten Zeiten zu steuern. Wobei krankhaft in diesem Fall die Psyche, nicht aber den Geist betrifft.«
»Das heißt, Haß als einfacher Grund scheidet aus?« »Schwer zu beantworten, doch meiner Meinung nach genügt Haß allein nicht, solche Taten zu begehen. Hier handelt es sich um ein viel komplexeres Täterprofil. Eine Untersuchung zum Beispiel hat ergeben, daß Serienmörder häufig Einzelkinder sind, Muttersöhnchen, mit einer enormen oder besser noch abnormen Abhängigkeit von der Mutter. Oft geben sie sich sadistischen Phantasien hin, ohne daß andere das bemerken, wobei diese Phantasien häufig auch ausgelebt werden. Es kann sich in Kleinigkeiten äußern wie der Schwester oder dem Bruder das Lieblingsspielzeug kaputtmachen, Tiere quälen und sich auch noch daran erfreuen, bösartige Streiche spielen, um anderen bewußt damit zu schaden. Die Umwelt registriert nur allzu selten, daß es sich dabei oft schon um die Anfänge einer kriminellen Karriere handelt, zum einen, weil diese Kinder meist auch sehr raffiniert vorgehen, das heißt, sie tun, was sie tun, im verborgenen, und wenn sie auf eine bestimmte Sache angesprochen werden, geben sie sich natürlich völlig unschuldig und weisen jede Schuld oder Absicht weit von sich, brechen in Tränen aus und sind sogar in der Lage, so raffiniert vorzugehen, daß am Ende die sogenannten Ankläger selbst sich schuldig vorkommen müssen. Womit sich der Kreis für die kleinen, ich nenne sie einfach einmal Teufel, wieder geschlossen hat, sie sind wieder die Engel.
Viele Serienmörder scheitern im täglichen Leben, sie schaffen es nicht, einen normalen Beruf auszuüben, sondern leben in den Tag hinein, aber das ist um Himmels willen nicht die Regel. Viele töten und haben dabei selber einen ungeheuren Todeswunsch. Und noch was - wenn einer von diesen potentiellen Serienmördern einmal einen Mord begangen hat, dann hat er damit endgültig die letzte Hemmschwelle überschritten und wird immer weiter nach Opfern suchen. Er sucht den letzten, den absoluten Kick, den er aber nie findet. Die Brutalität nimmt häufig ungeahnte Ausmaße an, vielleicht hat derjenige beim ersten Mal sein Opfer gleich getötet, beim zweiten Mal schon läßt er sich etwas mehr Zeit, und schließlich kann es in richtige Folterorgien ausarten. Diese Menschen rasen wie ein Zug auf einer talwärts führenden Strecke durch die Nacht, wobei die Bremsen versagt haben und es keine Möglichkeit gibt, diesen Zug aufzuhalten. Immer schneller und immer öfter müssen sie ihrem Drang nachgeben, und sie werden immer ein Opfer finden. Mitleid ist für sie dann ein Fremdwort. Oder glauben Sie, daß ein Mensch, der einen anderen massakriert, ihm die Genitalien abschneidet, Teile des Opfers ißt und das Opfer bestialisch zurichtet, Mitleid empfindet? Nicht mit dem Opfer, höchstens mit sich selbst.«
»Das hört sich alles andere als aufbauend an! Wo könnte man einen solchen Mann suchen?« Zum ersten Mal lächelte Schneider, sein schmaler Mund wurde zu einem feinen Strich. »Nun, das ist die am schwersten zu beantwortende Frage. Denn, schauen Sie, solche Leute, egal ob multiple Persönlichkeit, Triebtäter oder Serienmörder, sind in der Regel Menschen wie Sie und ich. Sie fallen nicht auf, weder am Arbeitsplatz noch zu Hause, noch unter Freunden. Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen es gibt, die schizophrene Züge aufweisen oder unter einer latenten Schizophrenie leiden, aber niemals in ärztlicher Behandlung sind oder waren, von ihren Eltern oder Ehepartnern oder Freunden und Bekannten zwar für bisweilen etwas merkwürdig oder spinnert gehalten werden, aber doch niemals als krankhaft abnormal! Man würde sie durchaus noch

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