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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Einfahrt einbiegen und direkt hinter seinem Jaguar stoppen. Er stellte sich ans Fenster, sah, wie sie im Rückspiegel das dunkelbraune Haar richtete, den Lippenstift prüfte. Sie stieg aus, die langen, schlanken Beine kaum bedeckt von einem etwa zwanzig Zentimeter über dem Knie endenden Rock, eine lockere, tief ausgeschnittene, ärmellose weiße Bluse ließ ihren Oberkörper nicht ganz nackt erscheinen. Eine schwarze Ledertasche unter dem Arm, kam sie mit schnellen, doch kleinen Schritten auf das Haus zu. Eine große, schwarze Sonnenbrille bedeckte fast die Hälfte ihres Gesichtes. Sie trat ein, ohne anzuklopfen, in dieser Beziehung ähnelte sie Susanne Tomlin.
Patanec saß auf dem Schreibtisch, die Hände aufgestützt. Sie kam direkt auf ihn zu, blieb etwa einen halben Meter vor ihm stehen, duftete nach Poison, zu streng, zu süß für dieses Wetter, dachte er.
»Hallo«, sagte sie, ohne die Brille abzunehmen, ihre Nasenflügel bebten kaum merklich, »hier bin ich.« Patanec sprang vom Schreibtisch herunter, reichte ihr die Hand. Maria Schubert war etwa so groß wie er, allerdings nur, wenn sie wie heute hochhackige Pumps trug. Sie blieb stehen, legte die Tasche auf den Sessel. Sie trug die durchsichtige weiße Bluse auf der nackten Haut, ihre Brustwarzen waren erigiert, zeigten auf sein Gesicht. Sie bemerkte seinen Blick, lächelte spöttisch. Patanec setzte sich hinter den Schreibtisch, Maria Schubert sich ihm gegenüber. Jetzt erst nahm sie die Brille ab, sah ihn lange und durchdringend an, Patanec erwiderte ihren Blick nicht, er hätte ihm nicht standgehalten. Von allen Frauen, die er kannte, war diese die mit Abstand dominierendste. Und die gerissenste. Und die phantasiebegabteste. Sie war verheiratet, hatte zwei Kinder, einen Sohn von fünfzehn und eine Tochter von achtzehn Jahren. Ihre Ehe war, wie sie selber sagte, das beschissenste, was ihr je widerfahren war, ihre Kinder gottverdammte, verzogene Gören, und das Bumsen machte ihr schon lange keinen Spaß mehr, zumindest nicht mit diesem widerwärtigen Kerl. So hatte sie es vor einem Monat gelallt, als sie betrunken bei ihm war und ihm das Angebot machte, mit ihr zu schlafen. Mittlerweile hatte sie sich telefonisch für diese Entgleisung entschuldigt und gebeten, was immer sie im Suff gesagt haben mochte, es stimme nicht und er solle es unbedingt vergessen. Doch Patanec war Menschenkenner genug, um zu wissen, daß dies wahrscheinlich die einzige Wahrheit in ihrem ganzen verdammten Leben war, die sie jemals ausgesprochen hatte. Er kannte ihren Mann und ihre Kinder, wußte, daß auch ihre Frustration nichts als die Langeweile jener reichen Frau war, die mit ihrem Leben nichts anzufangen wußte. Wie bei Catherine Bernhardt. Irgendwie ähnelten sich die Frauen, die zu ihm kamen. Sie unterschieden sich nur in unwesentlichen Details oder in den Beweggründen ihres Kommens, Therapie oder Astrologie. Sie schlug die Beine übereinander, lehnte sich zurück, holte das goldene Etui aus ihrer Handtasche, entnahm eine Zigarette, zündete sie an. Blies den Rauch in Patanecs Richtung, spöttisch verzogene Mundwinkel. Keine erigierten Brustwarzen mehr, nur der große, dunkelrote Hof leuchtete unter dem transparenten Stoff. »Die Karten«, sagte sie. »Legen Sie mir bitte die Karten.« »Irgendein besonderer Grund?« fragte Patanec. »Nein. Das übliche, nur die Familie und ich.« »Aber nichts über Krankheit oder Tod, stimmt doch, oder?«
»Nein, nichts darüber.«
Patanec schob ihr die Karten hin, bat sie zu mischen. Sie legte die Zigarette in den Aschenbecher, nahm die Karten und ließ sie durch ihre gepflegten Finger gleiten, hob ab, legte drei Päckchen nebeneinander. Patanec griff das erste, legte Karten neben- und übereinander, machte Erklärungen, ließ Maria Schubert wieder mischen, legte erneut, insgesamt dreimal.
Nach einer Dreiviertelstunde endete er, eine kurze Stille trat ein, nur Vogelgezwitscher, das durch das gekippte Fenster hereindrang. Maria Schubert schien zufrieden, auch wenn Patanec ihr nichts anderes gesagt hatte als die vielen Male zuvor. Sie sagte: »Und meine Tochter Annette, können Sie etwas über sie sagen? Sie hat morgen ihren ersten großen Auftritt. In der Alten Oper. Großartig, nicht? Ich glaube, sie wird ein Star. Nein, ich bin überzeugt davon. Sagen Sie mir, ob sie es schaffen wird!« »Bitte«, sagte Patanec, ohne eine Miene zu verziehen, hielt ihr wieder die Karten hin. Bevor er die Hand zurückziehen konnte, legte sie wie

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