Jung, blond, tot: Roman
ungewöhnlich tiefer Stimme, die am Telefon leicht mit der eines Mannes hätte verwechselt werden können. »Durant, Kripo Frankfurt. Und Sie?« »Elaine. Nennen Sie mich einfach nur Elaine.« »Haben Sie auch einen Nachnamen?« »Duvallier.« »Sie sind Französin?«
Maria Schubert gab die Antwort: »Elaine ist meine beste Freundin. Ich habe sie angerufen, und sie ist sofort gekommen. Bitte, ich stehe Ihnen zur Verfügung.« Elaine setzte sich dicht neben Maria Schubert und legte einen Arm um ihre Schultern. Durant betrachtete Elaine genau, die Art, wie sie den Arm um Maria legte und die Beine übereinanderschlug und dabei Maria ansah, ließ auf einmal mehr als nur auf eine oberflächliche Freundschaft schließen. »Sie sind sicherlich nicht gekommen, um mir mitzuteilen, daß dieser gottverdammte Hurensohn gefunden ist, oder?« fragte Maria Schubert.
»Nein, leider nicht. Darf ich mich setzen?«
»Bitte«, sagte Frau Schubert und deutete auf den Sessel.
Durant nahm Platz, holte ihren Notizblock aus der Tasche.
»Wann haben Sie gestern abend das Haus verlassen, und wann sind Sie zurückgekommen? Ich brauche die genaue Uhrzeit.«
»Wir sind um Punkt zwanzig nach sieben losgefahren und ziemlich genau um Mitternacht heimgekommen.« »Und Sie haben Ihre Tochter sofort gefunden?« »Wir haben uns gewundert, daß es im ganzen Haus dunkel war. Das war gar nicht Annettes sonstige Art, sie ließ nämlich immer und überall das Licht brennen. Es gab ihr einfach ein sicheres Gefühl, wenn sie allein zu Hause war. Mein Mann ist gleich nach oben gegangen und hat nach ihr geschaut...« Tränen, doch Maria Schubert hatte sich überraschend schnell wieder in der Gewalt. Sie zog ein Taschentuch aus dem Morgenmantel, wischte die Tränen ab, schneuzte sich. Nach einem Augenblick fuhr sie mit fester Stimme fort: »Als mein Mann geschrien hat, bin ich sofort hochgerannt, und da sah ich sie...« Wieder Tränen. »Soviel steht fest, der Täter ist nicht gewaltsam eingedrungen. Ich möchte meine Frage von heute nacht wiederholen: Könnte es sein, daß Ihre Tochter eine Verabredung hatte, von der Sie nichts wußten oder nichts wissen durften?«
»Was wollen Sie eigentlich, eine dunkle Stelle in Annettes Leben finden?! Einen geheimnisvollen Liebhaber vielleicht?« fragte Maria Schubert aufgebracht. »Nein, gewiß nicht, ich muß nur alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Es tut mir leid, wenn es den Anschein erweckt, als wollte ich in Schmutz wühlen. Glauben Sie mir, ich habe keinen Spaß an dem, was ich jetzt leider tun muß.« »Wissen Sie, wenn ich für irgendeinen Menschen auf dieser verfluchten Welt meine Hand ins Feuer legen würde, dann für Annette! Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ein Mädchen, das Tag und Nacht für nichts als seinen Traum lebt, auch nur im entferntesten daran dächte, einen heimlichen Liebhaber zu haben! Das wäre absurd und würde ihrem ganzen bisherigen Verhalten vollkommen widersprechen.«
»Wußte denn irgend jemand davon, daß Annette allein zu Hause blieb, während Sie, Ihr Mann und Ihr Sohn ins Theater gingen?«
Maria Schubert sah die Kommissarin ratlos an. Sie überlegte angestrengt, zuckte dann die Schultern. »Nein, niemand, soweit ich weiß. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen.« »Und Ihr Mann?«
»Er war die vergangenen vier Wochen mit dem Tourneetheater unterwegs. Er ist erst Freitag nacht heimgekommen und hat gestern den halben Tag geschlafen. Und mein Sohn, fragen Sie ihn selber.« Der Junge kam von der Bar zurück, hielt ein Glas Whisky in Händen, Julia Durant wunderte sich, daß seine Mutter ihn einfach gewähren ließ. »Ich habe niemandem etwas gesagt, meine Freunde stehen mehr auf Techno oder Guns 'n' Roses. Die hätten mich bloß für blöd erklärt, wenn sie gewußt hätten, daß ich in die Oper gehe.« »Und Sie?« an Elaine Duvallier gewandt. »Nein. Maria, Frau Schubert, hat mich heute nacht angerufen und mich gebeten zu kommen. Das ist alles.« »Frau Schubert, überlegen Sie bitte ganz genau, ob Sie mit jemandem darüber gesprochen haben. Manchmal wirft man eine Bemerkung nur so beiläufig hin, ohne daß man dem besondere Bedeutung beimißt.« Maria Schubert holte sich eine weitere Zigarette aus der Schachtel, Elaine gab ihr Feuer, sagte dabei: »Du solltest endlich mit dieser Qualmerei aufhören. Es ist nicht gut für deinen Teint.«
»Ja, ja, schon gut, aber im Moment interessiert mich mein Teint einen feuchten Dreck! Was wollten Sie noch mal wissen?«
»Ob Sie mit
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