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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Deal, den sie akzeptieren konnte. Sie schrieb jede Woche zwischen zehn und zwanzig Seiten, und es war sehr aufschlußreich zu sehen, wie gut Carola sich selbst zu analysieren vermochte. Aber wie gesagt, ihre Angst lag eindeutig bei der Mutter. Meiner Meinung nach hätte nur eine völlige Abnabelung von der Mutter Heilung bringen können.« »Kennen Sie die Mutter?«
»Nur von Erzählungen. Carola hat zwar nie schlecht von ihr gesprochen, auch wenn ich einmal das Gefühl hatte, als wenn... Nein, ich will nicht in die Tiefe gehen, denn es hilft nicht bei der Klärung des Falles. Fälle wie Carola sind häufiger, als man denkt. Wissen Sie, die meisten meiner Patienten oder besser Patientinnen stammen aus dieser Gegend. Sie sind reich, sie sind einsam, sie sind besessen von irgendwelchen Ideen, sie langweilen sich, sie werden depressiv, sie haben Angst. Ein Teufelskreis, aus dem sie kaum rauskommen. Die Frauen hier sind gelangweilt, zumindest viele von ihnen. Sie kaufen, kaufen, kaufen. Sie kaufen alles, selbst Liebe. Wenn sie einkaufen gehen, dann nicht in Frankfurt, sondern in Düsseldorf oder Mailand oder Paris oder New York. Viele von ihnen sind sexbesessen und ständig auf der Suche nach dem Kick. Und sie glauben gar nicht, wie viele gewöhnliche Menschen hier leben! Manche von ihnen kommen zu mir ohne Unterwäsche und in kurzen Röcken, und manchmal setzen sie sich so hin, daß ich genau zwischen ihre Beine sehen kann. Sie kommen nur vordergründig her, um ihre Probleme zu besprechen, sie kommen hauptsächlich, um ihre Langeweile zu befriedigen. Es ist ein seltsames Volk, aber ich lebe ganz gut von ihnen.« Er grinste, Julia Durant fühlte sich unbehaglich in seiner Gegenwart. Sie mochte diesen Patanec nicht, er war ihr zu eitel und hörte sich selbst zu gern reden. »Gehörte Carola auch zu diesem Typus?« »Ach was, wo denken Sie hin! Nein, sie war eine Ausnahme. Sie war echt.« »Was meinen Sie mit echt?« »Sie war nett, höflich, intelligent. Sie war keine gelangweilte Neurotikerin. Ihre Angst war echt, wenn Sie verstehen, was ich meine.« »Kennen Sie eine Annette Schubert?« Patanec zog die Augenbrauen hoch, beugte sich leicht nach vorn. »Flüchtig«, sagte er und neigte den Kopf ein wenig. »Ihre Mutter ist meine Patientin. Warum fragen Sie?« Julia Durant forschte nach einer Reaktion in Patanecs Gesicht, doch weder seine Augen noch sein Mund verrieten, ob er bereits informiert war. »Sie ist tot. Sie wurde gestern abend in ihrem Elternhaus ermordet.« Patanecs Haltung wurde starr, seine Augen verengten sich zu Schlitzen, der Bleistift zwischen seinen Fingern zerbrach. »Was sagen Sie da? Annette Schubert ist tot? Etwa genauso massakriert wie die anderen?« »Genau so!«
    »Mein Gott, wenn ich diese Bestie zwischen meine Finger bekäme, ich würde ihn...«, er schaute Julia Durant ernst an, nahm die beiden Bleistifthälften, machte eine abwehrende Handbewegung und sagte: »Vergessen Sie's, wahrscheinlich würde ich herausfinden wollen, warum er so was Abscheuliches tut. Es ist nur, daß dies jetzt bereits das zweite Mädchen ist, das ich persönlich kenne. Oder kannte, wie ich jetzt sagen muß. Es ist einfach unbegreiflich!« »Was ist mit Maureen Nettleton, kannten Sie die?« »Nur vom Namen her.« »Inwiefern?«
»Irgendwer hat von ihr gesprochen, nachdem auch sie umgebracht wurde. Fragen Sie mich aber um Himmels willen nicht, wer das war. Hier weiß doch jeder alles von jedem.«
»Wirklich, jeder weiß alles von jedem? Wenn dem so ist, wer wird dann als Täter verdächtigt? Die Gerüchteküche müßte doch eigentlich wie verrückt brodeln.« Patanec lachte auf. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Es gibt keinen Verdächtigen, die Leute sind nur schockiert, und schließlich geht die Angst um. Und der Tod von dieser Nettleton so kurz nach Carola hat natürlich tiefe Bestürzung ausgelöst. Was ja wohl auch verständlich ist.« »Hat Carola je von einem Freund gesprochen? Hatte sie sexuelle Probleme?«
»Nein, weder das eine noch das andere. Dafür werden schon ihre Mutter und diese Kirche gesorgt haben. Aber ich denke, sie wäre gerne aus diesem Teufelskreis ausgebrochen. Und wenn ich einige ihrer Aussagen richtig interpretiert habe, dann wäre das ihrem Vater nur zu recht gewesen.«
»Gibt es irgend jemanden, der Ihnen spontan einfällt, dem Sie derartige Morde zutrauen würden?« Patanec grinste herablassend. »Meinen Sie nicht, liebe Frau, daß diese Frage eine Spur zu weit führt? Selbst wenn ich

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