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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Fleck.
    Shirin griff sein Handy im Gras und wählte die 112.
    »Notrufzentrale der Berliner Feuerwehr. Legen Sie nicht auf. Dies ist eine Warteschleife. Sie werden sofort mit einem Mitarbeiter verbunden. Legen Sie nicht auf. – Notrufzentrale der Berliner Feuerwehr   … «
    Das kann doch nicht wahr sein.
     
    »Schicht im Schacht!«, sagte Piet Hommel, ließ sich in den Beifahrersitz fallen und warf das Klemmbrett auf die Ablage vor der Windschutzscheibe. »Hab die Nase voll von alten Leuten, die die Feuerwehr als Taxi ins Krankenhaus benutzen.«
    »Tut mir leid«, entgegnete sein Kollege Gero und schaltete das Blaulicht ein. »Anschlusseinsatz.«
    »Och nöö! Du weißt, dass ich seit zwei Stunden Feierabend habe.«
    »Ist gleich um die Ecke«, sagte Gero und bog mit Schwung und Martinshorn von der Ausfahrt der Havelklinik in die Gatower Straße. »Haveldüne.«
    »Da hat aber einer Glück, dass wir fast schon vor der Tür stehen.«
    »Eben.«
    Sie bogen in die Straße
Zur Haveldüne.
    »Und was isses? Schnittwunde?«
    »Ein Kuss«, sagte Gero ernst.
    »Kuss? Im Sinne von
Schmatzer

    Gero feixte. »Ein Mädchen hat einen Jungen geküsst, darauf ist der ausgetickt.«
    »Oh, auf die Braut bin ich gespannt! Vielleicht versucht sie es auch mal bei mir.«
    »Die Zentrale ist zuerst von einem Scherz ausgegangen. Dann hat das Mädchen was von Herzinfarkt gefaselt und aufgelegt. Wir schauen einfach mal. Im Fall der Fälle kommt der Notarzt nach. Die Zentrale glaubt nicht an einen Infarkt, und ich auch nicht. Ein Dreizehnjähriger und Infarkt, Quatsch! Das hat die nur gesagt, damit wir auch wirklich kommen.«
    »Vermutlich, ja. – Hausnummer?«
    »Keine. Soll auf ’ner Lichtung sein.«
    »Dann fährst du aber falsch, Gero. Zur Lichtung, die kenne ich, geht’s südlich, runter zur Havel.«
    »Die Lichtung ist oben, Piet. Ich war da mal im Ruderverein.«
    »Und ihr habt oben auf ’ner Düne gerudert, oder was? Wir müssen da lang.«
    »Wieso? Ich fahre da runter, dann links.«
    »Rechts! Ich ruf die Zentrale.«
    Gero beschleunigte auf eine Frau zu, die mit einem Plastikhandschuh auf der anderen Straßenseite neben ihrem Golden Retriever wartete. Gero bremste scharf auf der Gegenspur und lehnte sich aus dem Fenster, allerdings so ruckartig, dass das Martinshorn losging. Die Frau fasste sich an die Kehle, und der Retriever verfehlte sein Ziel und stolperte beim Fluchtversuch über die zotteligen Beine. Er fiel einfach um.
    »Okay! Sie sagt: da lang!« Er gab Gas.
    »Sag ich doch.«
    Gero fuhr auf den Bürgersteig und stoppte den Rettungswagen. »Endstation. Fußmarsch! Du nimmst den Defi!«
    »Waldmarsch, meinst du. Wenn die junge Dame uns angeflunkert hat, dann erzähle ich der was! Die küsst nie wieder irgendjemanden.«
    Nach zehn Metern durch Unterholz standen sie vor einem Maschendrahtzaun.
    »Vielleicht sollte jemand die Feuerwehr rufen«, sagte Piet.
    »Bist du lustig! Los, da lang!«
    Als sie endlich zur Lichtung kamen, kniete ein Mädchen von vielleicht vierzehn Jahren vor einem Jungen. Am Waldrand kleine Grüppchen von insgesamt sieben Erwachsenen, die sich jetzt, da die Feuerwehrsanitäter eintrafen, näher zu kommen trauten und etwas sehen wollten.
    Der Junge hatte Blut gespuckt.
    »Was ist passiert?«, fragte Piet das Mädchen.
    »Keine Ahnung   … Wir haben uns bloß geküsst.«
    »Und dabei hast du Vampir gespielt, oder was?«
    Gero sah dem Jungen in die Augen und in den Mund. »Hallo, kannst mich hören? Hier ist die Feuerwehr.« Er pfiff leise zu Piet hinüber und tippte sich zweimal mit der Hand gegen seinen eigenen Kehlkopf. Das Signal sollte sagen:
Hey,
Deine Patientin steht unter Schock!
Sie hatten diese Geste vereinbart. Außenstehende sollten sie nicht verstehen.
    Piet legte seine Hand auf die Schulter des Mädchens: »Alles in Ordnung. Wir kümmern uns um alles. Kannst du mir sagen, wie du heißt?«
    »Shirin.« Ihre Wimperntusche war verlaufen. Sie simulierte nicht.
    »Kein Infarkt«, sagte Gero. »Sieht mir nach einem Epi aus.«
    Piet nickte und wandte sich an Shirin: »Ist das dein Freund, Shirin?«
    »Nein. Ja. Nein.«
    Er verdrehte die Augen, nahm sich aber zusammen. »Weißt du, ob der Junge Epileptiker ist?«
    »Nein. Nein, hat er auch nie was von gesagt.«
    »Wie heißt er?«, wollte Gero wissen.
    »Axel.«
    Gero kümmerte sich nur noch um Axel, Piet kramte im Medikamentenkoffer.
    »Was ist denn jetzt?«, fragte Shirin.
    Piet fühlte ihr den Puls und suchte nach etwas, das er ihr als

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