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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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meist auf 1,6 bis 1,8   Millisievert. Mit modernen Kontrastmitteln brauchen wir erheblich weniger Energie als früher.«
    »Es ist trotzdem das Tausendfache einer normalen Röntgenaufnahme«, warf Andreas ein.
    Der Kommissar sah ihn an. »Sie sind hier   … was?«
    »Assistenzarzt«, sagte Frauchinger scharf.
    Damit war für den Kommissar klar, dass er sich wieder an Frauchinger zu halten hatte. »Das Tausendfache? Man sollte sich also überlegen, ob man eine CT über sich ergehen lässt?«
    »Es gibt inzwischen schonendere Verfahren. Die Magnetresonanz zum Beispiel. Aber für einige Fälle brauchen wir die CT noch.«
    »Ich bin nicht gut im Kopfrechnen. Sie sagten, die Anlage war auf 2,5   Millisievert eingestellt? Sie bräuchten also 400   Aufnahmen, um auf ein Sievert zu kommen? Und 80 mal 400, also 32   000   Aufnahmen, um die tödlichen 80   Sievert zu erreichen?«
    »So können Sie nicht rechnen«, sagte Frauchinger. »Die Anlage ist ja kein Reaktor. Ich gehe davon aus, dass die Todesursache eine andere war. Wir werden es erst herausfinden, wenn wir die Sektion durchführen können. Wegen der Verstrahlung müssen wir vorsichtig vorgehen.«
    »Was kann denn sonst Ursache sein, Herr Medizinalrat?«
    »Der Professor muss sediert worden sein. Schauen Sie, auf Ihrem Foto sieht man, dass er fixiert war, aber doch nur leicht, damit die C T-Aufnahmen nicht verwackeln. Wenn ihn jemand mit Zwang in das Gerät gebracht hätte, wäre es ihm gelungen, sich loszureißen. Sie sehen aber nicht mal Spuren eines heftigen Zerrens an den Armen und Beinen. Die Strahlung mag so hoch gewesen sein, dass sie den Organismus geschwächt hat, der Professor würde womöglich in einigen Jahren oder Monaten daran sterben, aber nicht sofort. Ich tippe auf das Kontrastmittel. Sehen Sie, die beiden Assistenzärzte haben im CT2   Verpackungen gefunden für
MyoTargetin N5000,
das ist eine neue Substanz, die wir eigentlich nicht verwenden.«
    »Eigentlich?«
    »Sie hat den Vorteil, dass man sie auch bei geringer Strahlung gut unterscheiden kann von Koronarkalk. Bisherige Mittel stören die Bildanalyse, solange man die Dosis der Strahlung nicht erhöht. Andererseits weist dieses
MyoTargetin
eine höhere Toxik auf. Deshalb lehne ich es ab.«
    »Herr Medizinalrat   … «
    »Ja, ich meine, dieses Kontrastmittel – in hoher Konzentration – könnte es den Tod impliziert haben. Das ist jedoch Spekulation, wir müssen die Ergebnisse der Obduktion abwarten.«
    »Diesen Satz
liebe
ich. Man meißelt ihn mir hoffentlich dereinst in den Grabstein.«
    Frauchinger war irritiert.
    Ein uniformierter Polizist trat zum Kommissar. »Kann ich? – Hier fehlt ein Kittel, sonst nichts.«
    »Was für einer?«
    »Ein weißer, Herr Kommissar.«
    »Frau oder Mann?«
    Der Polizist sah auf seinen Zettel. »Frau. Eine Krankenschwester hat den Verlust gemeldet.«
    »Eine kleine?«, fragte Andreas, der bis eben nur zugehört hatte.
    »Keine Ahnung. Wieso?«
    »Da war eine kleine Krankenschwester, als ich Doktor Brogli fand. Die Frau habe ich noch nie hier gesehen.« An den Kommissar gewandt, fügte er hinzu: »Ich arbeite seit zweieinhalb Jahren hier.«
    »Was hat sie getan oder gesagt?«
    »Ich wunderte mich. Sie fragte so komisch nach dem Professor. Und dann brachte sie einen Patienten ins Spiel, Jan Sikorski. Prof.   Brogli hatte ihn als Unfallopfer erhalten, konnte ihm aber nicht mehr helfen. Ich fand es komisch,dass eine Krankenschwester fragt, ob Brogli derjenige Arzt war, der mit Jans Tod zu tun hatte.«
    Der Kommissar sah Andreas eindringlich an. »Sie meinen, wenn sie den Professor getötet hätte, würde sie diese Frage stellen?«
    »Hm. – Keine Ahnung, Herr Kommissär.«
    »Würden Sie ein Phantombild erstellen mit Hilfe meiner Kollegen?«
    »Ich versuche es.«
    »Gut. Also, Phantombild wegen der Schwester und Spurensicherung in dem Geräteraum.«
    Dr.   Frauchinger grinste. »Da kommt man die nächsten Wochen nur mit Strahlenanzug rein. Und welche Spuren soll es geben? Jeder Arzt benutzt Handschuhe, die liegen überall für den Einmalgebrauch herum, da kann sich jeder bedienen.«
    »Das lassen S’ mal unsere Sorge sein, Herr Obermedizinalrat!«

38
    Das im Krankenhaus war knapp.
    Der Zug war zwischen Rätikon und Glarner Alpen hindurchgefahren und endete in Chur drei Minuten vor Plan.
    Es war kälter als in Zürich. Sie stellte den Rucksack neben sich auf eine Bank der
Ferrovia retica,
zog ihre Strickjacke an und widmete sich wieder ihrem

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