Junge Liebe 050 - Bye,bye, Mauerblümchen
in der Hoffnung, sie wüssten, wo der Weg war.
Ich lief also los. Elf Uhr abends durch unser Viertel. Ich musste in mich hineingrinsen. Hier bekam der Spruch ‚Um 20 Uhr werden die Bürgersteige hochgeklappt’ eine ganz neue Bedeutung. Die Häuser waren dunkel, keine Menschenseele war zu sehen, nicht mal ein Hund bellte. Konnte eine Wohnsiedlung noch langweiliger und trostloser sein als meine?
Es war nicht weit, bis ich zu den Einkaufsstraßen kam. Robins Salon war dunkel, so wie alle anderen Geschäfte. Nur die Reklameschilder leuchteten in allen möglichen Farben. Ein Blick nach rechts, wo die Kirche stand, ein Blick nach links, wo es zum Marktplatz ging – wohin? Ich entschied mich für den Marktplatz. Dort herrschte reger Betrieb, denn dort waren auch besagte Kneipen, Bars und Restaurants. Langsam lief ich über den hell beleuchteten Platz, musterte die jungen Menschen und merkte irgendwann, dass ich mich immer im Schatten der Bäume bewegte.
„Mensch Lorenz, komm endlich aus deinem Schattenfetisch raus. Tritt ins Licht und dein Leben wird bunt!“, murmelte ich mir selbst zu und nahm diesen neuen Aspekt meines Lebens auch gleich in Angriff.
Grinsend ging ich an einer Gruppe Jugendlicher vorbei, die wohl das Schuljahresende feierten, an sechs besoffenen Männern, wobei ich mich fragte, wie sie die Nacht überstehen wollten, wenn sie schon jetzt abgefüllt bis Oberkante waren, und an einer Gruppe Mädchen.
„Hey Baby!“, rief eine plötzlich.
Unwillkürlich sah ich mich nach dem ‚Baby’ um, fragte mich, wie so ein Typ wohl aussehen würde, dem sie solch einen Titel verpassten. Zu spät bemerkte ich, dass sie tatsächlich mich meinten. Schüchtern, aber lächelnd hob ich die Hand.
„Wo willst du denn so allein hin?“
Ich musterte die Blondine, wobei mir sofort klar war, dass sie nicht echtblond war. Der Haaransatz war scheußlich. Ich war drauf und dran, sie zu Robin und Dan zu schicken. Mein Blick glitt tiefer über das schwarze, enge Oberteil, und wieder überlegte ich– Mir wurde zudem klar, dass ich zu viel nachdachte – dass es für eine Frau unmöglich gesund sein konnte, ihre Brüste so abzuquetschen, wenn sie noch Babys haben wollte. Aber vielleicht wollte dieses Exemplar ja keine. Würde ich mir meine Eier so einquetschen, würde ich definitiv keine Kinder mehr machen können. Ich grinste, denn plötzlich schoss mir Großmutters Stimme durch den Kopf, als sie einmal auf der Straße zu einer jungen Frau gesagt hatte, dass ihr Rock eher als Gürtel durchgehen würde. So auch bei ihr. Ich schaute beinahe zu genau hin, doch ich war mir sicher, dass man das Höschen von ihr sehen konnte. Nachdem mein Blick an ungesund aussehenden HighHeels angekommen war, warf sie sich regelrecht in Pose, als sie auf mich zukam.
„Gefalle ich dir, Baby?“, raunte sie.
Ich hob den Blick, blieb an pinken Lippen hängen und wusste, würde ich sie küssen, wären meine Lippen ebenso pink. Doch all diese Gedanken konnte ich ihr ja wohl schlecht mitteilen. Zum einen aus Anstandsgründen, zum anderen hatte ich auch diese Waffenscheinpflichtigen zwanzig Zentimeter langen Fingernägel gesehen.
„Ja … nett …“, platzte ich raus.
Die anderen Mädchen kicherten.
„Nett…“, wiederholte sie. „Wie heißt du?“
Ich runzelte die Stirn. Musste ich ihr jetzt tatsächlich meinen Namen sagen? Ich könnte ihr auch einen Falschen sagen. Sie würde es eh nie erfahren. „Jake.“ Ja, super, du Dummkopf mit der hervorragenden Erziehung, in der man nicht lügen darf!
„Jake … und wo willst du hin?“ Sie ging langsam um mich herum.
Ich war mir ziemlich sicher, dass sie meine Unbeholfenheit längst durchschaut hatte. Ich war sozusagen das Frischfleisch. „Ich … ähm … ich suche …“ Oh klasse, der erste Kontakt mit Mädchen, mit potentielle Kandidatinnen und du stammelst dir hier etwas zurecht! Respekt, Lorenz. Ich sah sie noch einmal an. Hm, wollte ich mich ernsthaft von ihr entjungfern lassen? Was, wenn sie überall so aufgerüscht war? Ich musste plötzlich an die Ohrringe von der kleinen Illner denken. Vielleicht hatte dieses ausgewachsene Exemplar die Ohrringe ja an anderen Stellen.
„Ich muss weiter.“ Und schon lief ich los, doch leider kam ich nicht weit. Denn das Exemplar war ja nicht allein da.
„Oh, lauf doch nicht weg, Süßer!“, schnurrte eine Brünette.
„Na doch, weil ich ja weiter muss …“
Ähm … Hilfe? Ich gabs wirklich nicht gern zu, aber die Mädchen machten mir echt
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