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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Assistenten gucken in die Akten und telefonieren und besuchen Verdächtige und schreiben Autos auf und ziehen falsche Schlüsse. Am Ende ist es immer der Kommissar, der die Fäden zusammenzieht und eins und eins zusammenzählen kann. Wenn der Mörder zum Ende gefasst ist, kommt wieder schlagartig die Titelmelodie, und plötzlich habe ich es mit der Angst zu tun bekommen und bin nach oben in mein Zimmer gerannt und habe überall Licht angelassen, aber es ist trotzdem immer schlimmer geworden, und als die Erwachsenen immer noch nicht gekommen sind, habe ich das Fenster aufgemacht und geweint und geschrien. Ich konnte mich gar nicht mehr einkriegen. Landwedels wohnen schräg gegenüber, und meine Mutter hat mich schließlich gehört und ist angerannt gekommen und hat versucht, mich zu beruhigen, und gesagt, es tut ihr leid, und sie würde mich nie mehr alleine lassen, und ich soll ihr verzeihen, und sie würde immer hören, wenn ich nach ihr rufe, egal, wo sie ist und wo ich bin. Vom Kommissar habe ich nichts erzählt, in der Aufregung hat auch keiner gemerkt, dass der Fernseher lief, auch Opa nicht. Die Großeltern sind dann auch noch nach oben gekommen, und sie haben so lange bei mir gewacht, bis ich eingeschlafen bin. Das war im April, und seitdem habe ich nie wieder den «Kommissar» gesehen. Die Erwachsenen gucken keine Krimis, aber wenn ich erwachsen bin, werde ich am Freitagabend um Viertel nach acht keine Folge verpassen, so viel steht fest.

    Ich bin fast einmal um den Walsroder Ring rum, und mir fehlen nur noch drei Autos, als Frau Schwerwath mit ihren Einkäufen kommt. Ich stelle mir vor, wie ich Assistent vom Kommissar bin und Frau Schwerwath es mit der Angst zu tun bekommt.
    «Was machst du denn, Mathias?»
    «Autos aufschreiben.»
    «Und warum machst du das? Musst du gar nicht in den Kindergarten?»
    «Nein, der hat heute geschlossen.»
    «Ach so. Wie geht es denn deinen Großeltern?»
    «Gut.»
    «Und deiner Mutti?»
    «Auch gut.»
    «Hat der Kindergarten nur heute geschlossen?»
    Ich gucke sie an, als ob ich die Frage nicht verstanden hätte. Mir wäre es lieber, wenn Frau Schwerwath endlich weitergehen würde, und das tut sie dann auch. Ich mache mit den Autos am Bispinger Weg weiter, bis Oma laut nach mir ruft.
    «Mathias.»
    So, wie Oma meinen Namen ruft, ruft sonst niemand.
    «Maathiiiiiiaas.»
    Es klingt fast so, als ob sie meinen Namen jodeln würde. Manchmal äffen die anderen Kinder das nach, aber nett, denn es gibt wohl keinen Menschen, der Oma nicht mag. Sie hat für jeden ein gutes Wort übrig und lächelt jeden an und geht schneller als manch junge Frau. Wenn sie mit ihren Einkäufen kommt, renne ich ihr manchmal entgegen, und wenn wir dann ein Stück gemeinsam gehen, komme ich kaum mit, so schnell ist sie. Ich kann mir keinen besseren Menschen als Oma vorstellen, und selbst Herr Glotz, der unter Hitler ein großer Nazi war und der den lieben langen Tag tobt, wird ganz freundlich, sobald Oma in der Nähe ist. Man kann einfach nicht unfreundlich sein, wenn Oma in der Nähe ist! Sie ist auch immer geduldig, mit uns Familienmitgliedern sowieso, aber auch mit allen anderen Menschen. Zum Beispiel mit Frau Klippstein. Frau Klippstein lebt in Wilhelmsburg, und seitdem ihr Mann gestorben ist, ist sie einsam. Sie ruft fast jeden Tag an, und Oma telefoniert dann stundenlang mit ihr. Das ist sehr anstrengend für Oma. Wenn sie an den Apparat geht und Frau Klippstein ist dran, sagt sie immer «Ach, Frau Klippstein» und bekommt ein ganz fahles Gesicht. Aber niemals würde sie auflegen. Manchmal tut mir Oma leid, und ich gehe in den Flur, wo das Telefon steht, und versuche zu stören, damit Frau Klippstein endlich auflegt, aber Oma macht geduldig weiter, bis Frau Klippstein hungrig wird oder irgendwas anderes passiert. Das höchste der Gefühle ist, dass Oma sagt:
    «So, Frau Klippstein, dann wollen wir mal.»
    Manchmal sagt sie das in ihrer Not mehrmals hintereinander, aber Frau Klippstein merkt nicht, dass ihr Typ nicht gefragt ist, und hört und hört nicht auf, und ich werde wütend. Meine arme Oma! Oma sagt, dass das Nächstenliebe ist und Frau Klippstein ganz arm dran ist, und das sehe ich natürlich ein. Aber ich wünsche mir trotzdem, dass Frau Klippstein mal jemand anderes anruft.
    Heute gibt es zum Mittagessen Eierpfannkuchen mit Apfelmus und Zucker. Das mag ich von allen Essen am wenigsten. Außer Matjes. Oma brät einen Eierkuchen nach dem anderen, aber erst, wenn alle anderen satt sind, isst

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