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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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überhaupt, was das für Tropfen sind, Frau Holzapfel?»
    Lange Pause.
    «Das ist ja alles schön und gut, und es war sehr nett. Aber Sie wissen wirklich nicht, dass da Morphium drin ist?»
    Wieder lange Pause.
    «… Ja, sicher haben Sie es nur gut gemeint … nein, nein, ich werfe die Tropfen gleich weg … wünsche ich Ihnen auch, und nichts für ungut, Frau Holzapfel, auf Wiederhören.»
    Klick. Oma Emmi geht in die Küche und wirft etwas in den Mülleimer. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, was. Später wühle ich in einem unbeobachteten Moment den Müll durch und werde fündig. Hol raus. Das kleine braune Fläschchen ist noch zu zwei Dritteln voll.

    Das Wetter wird und wird nicht besser. Fast jeden Tag Regen und immer nur um die 16, 17 Grad. Todtglüsingen bei Regen ist der vielleicht trostloseste Platz auf der großen, weiten Welt. Überhaupt ist die Luft irgendwie raus, warum, weiß ich auch nicht. Mit Manfred verstehe ich mich immer weniger, es ist, als würden die Unterschiede zwischen uns deutlicher denn je zutage treten. Ich von meiner Warte aus finde, dass er mit seiner Gurkennase und den verhedderten Augenbrauen ein richtiges Pferdegesicht bekommen hat und einem dummen August ähnelt. Krumm und schief in sich. Verübeln tu ich ihm außerdem, dass er mir die Doppel-Live-LP «Made in Japan» von Deep Purple vorenthält. Im Gegensatz zu ihm kann ich mir die Platte nicht leisten, weil fast mein gesamtes Taschengeld für Tabak draufgeht. Wie oft bin ich schon auf Knien angekrochen mit der Bitte, er soll sie mir doch leihen oder auf Kassette überspielen. Oder mich wenigstens einfach so hören lassen auf seinem Zimmer. Nichts. Er macht sich einen Riesenspaß daraus, mich immer wieder nach allen Regeln der Kunst auf die Folter zu spannen und so zu tun, als wäre es jetzt endlich so weit, dann am Ende aber doch wieder nicht. Mal heißt es «morgen Nachmittag», dann wieder «nächsten Sonntag». Doch klappen tut es nie.
    Einmal habe ich zufällig vor seinem Fenster gestanden, als er seine Stereoanlage aufgedreht hatte, es kam gerade die Stelle, wo Ritchie Blackmore bei «Strange Kind of Woman» Sologitarre spielt und Ian Gillan die Gitarrenlinien nachsingt. Es wurde mir abwechselnd heiß und kalt, ich hatte überhaupt noch nie von Musik ein derartiges Gefühl, ganz anders als bei herkömmlicher Rockmusik, klassische Musik kann da sowieso nicht mithalten. Wie elektrisiert habe ich dagestanden und gebetet, dass es niemals aufhört. Danach erklang «The Mule». Dieses Stück ist das einzige neue auf dem Album, es wurde nur wegen des Schlagzeugsolos komponiert, das zu den besten weltweit zählt, vielleicht ist es sogar das beste überhaupt. Ian Paice ist aus meiner Sicht überhaupt der führende Rockschlagzeuger, der teilweise schon in den Strophen Wirbel macht und nicht erst beim Übergang zum Refrain. Die Band ist geprägt von einem ewigen Battle zwischen Organist Jon Lord und Gitarrist Ritchie Blackmore, der aber im Zweikampf zwischen den beiden die Nase vorn behält. Das sieht dann so aus, dass erst Jon Lord sein Solo hat und danach das eigentliche Hauptsolo von Ritchie Blackmore kommt. Ich warte immer ganz ungeduldig darauf, dass Jon Lord endlich ausgeschrubbt hat, damit das Gitarrensolo beginnt. Gniedel. Obwohl man zugeben muss, dass auch Jon Lord total was draufhat. Was der aus der Hammondorgel rausholt! Das macht ihm so schnell keiner nach, das sind Klänge, die mit einer normalen Hammondorgel nur noch wenig gemein haben. Er jagt die Sounds durch die riesigen Marshallverstärker und verschiedenen Effektgeräte und Leslies und tritt auf der Bühne manchmal wutentbrannt mit voller Wucht gegen den klobigen Kasten, bis er umfällt. Gerade live lässt sich hören, dass die fünf Musiker ihre Instrumente bis zur absoluten Perfektion beherrschen. Sänger Ian Gillan, der gelegentlich auch zur Mundharmonika greift, hat es besonders seinen weiblichen Fans angetan. Kann ich auch irgendwie verstehen.
    Geizknochen Manfred muss einen siebten Sinn haben, denn plötzlich geht die Musik aus, und er streckt seinen Pferdeschädel aus dem Fenster: «Ah, Matten, gefällt’s dir? Das hättest du wohl gern!» Er gönnt es mir einfach nicht! Was hat er bloß davon? Gar nichts, es ist die reine Bosheit. Langsam werde ich echt sauer. «Deep Purple in Rock», «Fireball» und «Machine Head» habe ich schon, nur «Made in Japan» und «Who Do We Think We Are» fehlen mir in meiner Sammlung. Deep Purple heißt übersetzt

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