Jungen und Maedchen - wie sie lernen
es ist das Verbot, sich zu bewegen. Falls also LehrerInnen gerne eine ruhige und disziplinierte Klasse haben wollen – fein: solange sie regelmäßig zwischendurch disziplinierte Leibesübungen einsetzen (z. B. jeweils 5 Minuten lang). Inzwischen wissen wir, daß eine Schulbank ein natürlicher „Aufbewahrungsort“ für die meisten Mädchen ist, weil Mädchen ausgesprochen gerne still an einem Ort verbleiben. Dies ist leicht zu beobachten: Im Pausenhof sitzen (oder stehen) die Mädchen meist irgendwo „herum“, während die Jungen laufen, Ball spielen, sich gegenseitig stupsen, stoßen, herumbalgen etc. Oder: Gibt es eine Freistunde, weil ein Lehrer krank ist und man keinen Ersatz fand, dann hat die Lehrkraft, die es der Klasse mitteilt, noch gar nicht ausgesprochen, da sind die Jungen schon alle nach draußen gerannt. Die Mädchen bleiben während der gesamten Freistunde sitzen und quatschen. (Ausnahme: Wenn Handys im Klassenzimmern verboten sind, dann begeben sie sich vielleicht nach draußen, SITZEN oder STEHEN aber dann dort „herum“ und kommunizieren wieder, wenn auch anders). Aber sie haben kein Bedürfnis herumzurennen, Ball zu spielen etc. Das beginnt erst mit der Pubertät, wenn sie in ihre grobmotorische Phase kommen, ist aber auch dann nicht so ausgeprägt wie bei den kleinen Jungen. Denn sie müssen ja nur ca. halb soviel Muskelmasse trainieren (und Nervenbahnen dafür aufbauen).
Wahrnehmungs-Stile
Es gibt ein bezeichnendes Experiment, das Sie mit FreundInnen durchführen können. Nehmen Sie einen Text, drucken Sie ihn mehrmals aus, und testen Sie dann Ihre Versuchspersonen: Mal bitten Sie, den Text zu LESEN und alle „E“ (oder „K“ oder was immer Sie wollen) zu finden und anzustreichen . Die anderen Male werden Sie den Text deutlich vorlesen und bitten die Versuchspersonen, zu HÖREN und alle „E“ (oder „K“ etc.) zu zählen .
Wenn Sie genügend Geduld aufbringen und große Mengen an Tests durchführen, können Sie ein „statistisch signifikantes“ Ergebnis erzeugen, und das zeigt: Jungen und Männer schneiden bei der ersten Übung weit besser ab; sie übersehen kaum einen der gewünschten Buchstaben, denn als „Augentiere“ ist das Finden von visuellen Formen eine ihrer Stärken (deshalb gab es weltweit Fährtensucher, keine -sucherinnen). Mädchen und Frauen hingegen sind bei der zweiten Übung die Besseren: Sie hören weit besser, können „ akustische Formen “ besser unterscheiden und picken daher mehr der gewünschten Buchstaben heraus als Jungen und Männer.
Als McGUINNESS dieses Experiment erstmals mit einer Assistentin durchführte, konnten beide es absolut nicht fassen, wie schwach die akustischen Leistungen der Männer waren. Oft konnten sie nicht einmal heraushören, ob ein Wort wie RHYME (Reim) einen „ei-Klang“ enthält. Erst als die beiden Forscherinnen feststellten, daß diese akustische Unfähigkeit genauso allgemein vertreten ist wie der Bewegungsdrang, akzeptierten sie es als ein Symptom der männlichen Hirn-Architektur.
Wenn wir männliche und weibliche Wesen beobachten, dann sehen wir (ab dem Babyalter), daß Mädchen wesentlich mehr brabbeln (ehe sie sprechen können) und wesentlich mehr sprechen (auch zu Puppen, Bären oder am Spieltelefon – sie führen sogar mehr Selbstgespräche) als Jungen.
Inzwischen ist allgemein bekannt, daß Jungen und Männer die Welt viel intensiver mit den Augen und durch ihr Handeln-in-der-Welt wahrnehmen (s. Reden oder handeln? , Seite 45), während Mädchen die Welt weit intensiver hören. Und was passiert in der Schule in den unteren Klassen? Da steht jemand vorne und spricht. Mädchen hören gerne zu . . . Jungen jedoch können sich nicht lange konzentrieren, wenn sie vorwiegend zuhören müssen. 1)
Deshalb werden Jungen wesentlich häufiger als Mädchen als „an Aufmerksamkeits-Defizit leidend “ etikettiert. Leidende sind aber bekanntlich Patienten, also krank.
Wir sollten erschrecken über die große Bereitschaft, mit der unbequeme Kinder als krank eingestuft werden. Wir begegnen dieser Bereitschaft auch, wenn wir feststellen, daß bis zu 9,8 % der Kinder an SONDER-Schulen abgeschoben werden, ganz zu schweigen von der ständig steigenden Zahl jener Kinder, die man aufgrund ihrer angeblichen Krankheit mit Metylphenidat „behandelt“ (Metylphenidat ist der Wirkstoff in Medikamenten, die unaufmerksame, hyperaktive Kinder ruhigstellen, z. B. Ritalin ). Und wir begegnen dieser Bereitschaft im Praxis-Modul,
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