Junger, Sebastian
Freunde dafür sterben, aber der Job
wird letztendlich getan. Das bedeutet nur, die Gesellschaft
sollte sich gut überlegen, was sie verlangt. Simpel gesagt ist es der Job der
jungen Männer, die Arbeit zu übernehmen, für die ihre Väter zu alt sind, und
die gegenwärtige Generation amerikanischer Väter hat beschlossen, dass ein
gewisses sechs Meilen langes Tal in der Provinz Kunar unter militärische
Kontrolle gebracht werden muss. Fast fünfzig amerikanische Soldaten sind bei
der Ausführung dieser Befehle gestorben. Ich sage nicht, dass es viel ist oder
wenig, aber der Preis muss eingestanden werden. Die Soldaten selbst sträuben
sich dagegen, die Kosten des Krieges einzuschätzen (je dichter man am
bewaffneten Kampf ist, desto weniger ist man aus irgendeinem Grund geneigt,
über den Preis zu diskutieren), aber jemand muss es tun. Diese Evaluation,
aktuell und andauernd und unverfälscht von der Politik, dürfte das Einzige
sein, was ein Land den Soldaten, die seine Grenzen verteidigen, unbedingt
schuldet.
Es gibt
noch andere Kosten des Kriegs - nicht so leicht definierbare, denn sie
entziehen sich konventioneller Mathematik. Für je hundert Meter Geländegewinn
im Tal ist ein amerikanischer Soldat gestorben, aber wie steht es um die
Überlebenden? Ist dieses Gelände den psychischen Preis wert, gelernt zu haben,
den Tod eines Menschen zu beklatschen? Diese Frage lässt sich unmöglich
beantworten, aber sie sollte immer wieder gestellt werden. Letztlich besteht
das Problem darin, dass es sich hier um normale junge Männer mit normalen
emotionalen Bedürfnissen handelt, für die auf dem Berggipfel nur ein äußerst
spärliches Angebot bereitsteht. Junge Männer brauchen Mentoren, und die sind
normalerweise ungefähr eine Generation älter. Das ist auf Restrepo nicht
möglich, und daher wird ein zweiundzwanzigjähriger Team Leader zur Vaterfigur
eines neunzehnjährigen Private. Oben in Restrepo gilt ein Siebenundzwanzigjähriger
als alter Mann, ein femininer afghanischer Soldat wird als Frau betrachtet, und
neue Privates heißen Cherrys und werden eigentlich noch als Kinder angesehen.
Männer schließen Freundschaften, an denen nichts Sexuelles ist, die aber doch
viel von der Hingabe und Intensität einer Romanze haben. Fast jede Beziehung,
die in der offenen Gesellschaft zu finden ist, existiert in komprimierter Form
auch in Restrepo, und fast jedes menschliche Bedürfnis von Zuhause wird auf
gestutzte und notdürftige Weise erfüllt. Die Männer verstehen sich darauf, aus dem
Vorhandenen das zu machen, was sie brauchen. Sie sind Experten darin, sich zu
behelfen.
Was den
Lebenszweck betrifft, haben sie den bewaffneten Kampf - das einzige Spiel, das
in dieser Stadt läuft. Fast nichts von dem, was das Leben daheim lebenswert macht,
ist in Restrepo vorhanden, und daher muss sich die gesamte Bandbreite des
Selbstwertgefühls eines jungen Mannes in der ruppigen Choreografie eines
Feuergefechts spiegeln. Die Männer reden darüber und träumen davon und proben
dafür und analysieren hinterher, aber sie lassen sich nie so rückhaltlos auf
Spekulationen ein, dass sie das Interesse verlieren. Es ist der ultimative
Test, und manche Männer sorgen sich, dass sie sich nach den vielen bewaffneten
Kämpfen, an denen sie teilgenommen hatten, nie wieder mit dem »normalen Leben«
- was auch immer das ist - zufriedengeben können. Sie sorgen sich, für alles andere
verdorben zu sein.
»Ich mag
die Feuergefechte«, gestand mir O'Byrne einmal. Wir hatten von Heimkehr
gesprochen und davon, ob es ihm dort womöglich langweilig werden könnte. »Ich
weiß«, fügte er hinzu und merkte wahrscheinlich, wie es sich angehört hatte.
»Traurigste Sache der Welt.«
Wir gehen
am Abend den steilen Berg vom KOP bis zum OP 1 hinauf, stapfen in Gipfelnähe
durch verharschten Schnee und schwitzen heftig in unseren Wintersachen. Ich bin
bei Lieutenant Steve Gillespie, einem ehemaligen Leader des 3 rd Platoon, der zum 2 nd Platoon versetzt wurde, nachdem eine Gruppe seiner
Soldaten im KOP mit Alkohol erwischt worden war. (Familienmitglieder schickten
ihnen Pakete und legten Mundwasserflaschen dazu, die sie mit Wodka gefüllt
hatten.) Die Versetzung war keine Bestrafung, sondern eher ein allgemeiner Ruf
zur Ordnung. Die Männer im Outpost sind schmutzig und unrasiert und haben da
oben still und leise vor sich hingefroren, seit ihnen vor einer Woche das
Heizöl ausgegangen ist. Im Sommer wimmelt es im Posten von Kamelspinnen und
Skorpionen,
Weitere Kostenlose Bücher