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Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
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will sie verstehen, um sie leichter ins
Bett zu kriegen. Er hat zu diesem Thema alles gelesen, was zu finden war,
einschließlich Bücher über Feminismus, und wenn er mit Frauen spricht, bevorzugt
er die »Macho-Komiker«-Masche, die er in einem der Bücher erklärt bekommen hat.
Auf der Highschool war er Ringer. Er hat rotblondes Haar, ein breites offenes
Lächeln und sieht aus, als könne er mit Leichtigkeit eine Waschmaschine einen
Berg hinauftragen. »Pech für ihn, dass er so 'n Hübscher ist«, sagte Sergeant
Caldwell einmal über ihn. Steiner traf ein paar Monate später im Korengal ein,
nachdem er den Anfang seines Einsatzes als Fahrer für den Battalion Sergeant
Major verbracht hatte. Er und ich diskutieren eine Zeitlang über Frauen.
Schließlich kommt Lambert hereingeschlurft und sieht sich um. Lambert ist neu
im Platoon und aus den Südstaaten. Er stottert leicht und behauptet, damit bei
Frauen gut anzukommen. Er sagt, dass er seinen ersten Hirsch mit zehn Jahren
getötet hat und dass sein Vater ihn zwang, das Tier auszunehmen und einen
Bissen vom rohen Herz zu schlucken (»- und seitdem habe ich nicht aufgehört zu
stottern«, bringt jemand spöttisch die Geschichte für ihn zu Ende).
    Lambert
sagt, er will eine Landschaftsgärtnerei aufbauen, wenn er wieder zu Hause ist,
und dann werde er einen Bagger kaufen und auf Friedhöfen Gräber ausheben. »Da
ist Arbeit garantiert, weil jeden Tag Menschen sterben«, sagt er. »Die Leute
sterben, und es bringt so ungefähr fünfhundert Dollar pro Grab, und fünf oder
sechs Gräber kann man schon amTag ausheben.«
    Ich sehe,
wie Steiner die Stirn runzelt und über den Plan nachdenkt. Es scheint, als
müsse es da einen Haken geben, aber vielleicht auch nicht. Vielleicht ist es
tatsächlich so leicht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Steiner grübelt
immer noch darüber, als Jackson und Monroe hereinkommen. Der erste Spitzname,
den man Jackson im Platoon verpasste, war »Jacko«, aber daraus wurde schon sehr
bald »Wacko«. Wacko machte gleich mächtig Eindruck, indem er einen Straßenmarsch
über zwölf Meilen mit Blasen durchstand, die so schlimm waren, dass sich seine
Stiefel mit Blut füllten. Monroes Spitzname ist »Money«. Er hat die
Angewohnheit, tagelang kaum zu sprechen, sich aber bedeutungsvoll umzusehen,
als wisse er etwas, das bisher noch niemand herausgefunden hat. Vielleicht ist
es so. Er ist hager, sieht etwas verwildert aus und sehr robust. Von Zeit zu
Zeit gibt er eine Art Meckerton von sich, halb Ziege, halb Maschinengewehr, und
eine Weile pflegte er sich in Restrepo hinter irgendwelchen Dingen zu verstecken
und nichtsahnenden Männern mit den Worten »WAS LÄUFT, MOTHERFUCKER?«
entgegenzuspringen. Die plötzliche Langeweile nach Ende der Kampfperiode
beeinflusste eben alle auf verschiedene Weise.
    Lambert
spricht immer noch vom Gräberausheben, als O'Byrne hereinkommt. Er hat seine
Cap tief über die Augen gezogen und das Steppfutter eines Parka nur mit dem
obersten Knopf zugeknöpft. Sein Gesicht ist dreckverschmiert, und seine Hosen
sind an drei Stellen zerrissen. O'Byrne war mit Schnauzbart und vollem Haar in
die Army eingetreten, aber als er ins Korengal kam, hatte er bereits alles
abrasiert. Während seiner zweijährigen Dienstzeit hatte er ohnehin einen
Großteil seines Haars verloren. »Die Army hat mein Haar gestohlen«, sagte er
immer wieder gern. »Aber wer braucht schon so 'n Scheißhaar?« Er lehnt sich an
eine der Kojen und verkündet, dass er einesTages ein Buch über sein Leben
schreiben wird. Jemand fragt ihn, warum.
    »Wegen all
dem interessanten Scheiß, der so passiert ist«, sagt er.
    »Zum Beispiel?«
    »Für den
Anfang zum Beispiel, dass ich von meinem Vater angeschossen wurde.« Niemand
sagt ein Wort.
    »Als ich
noch ein Kind war, haben ich und mein Dad gern und viel getrunken«, fährt
O'Byrne fort, und jemand lacht. O'Byrnes Kopf wirbelt herum.
    »Das ist
eben kein Satz, den man oft zu hören kriegt«, erläutert Steiner.
    Das
scheint O'Byrne zu reichen, denn er fährt mit der Erklärung fort, wie es dazu
kam, dass sein Vater auf ihn schoss. »Aber nichts geschieht ohne Grund«,
schließt er ab. »Wenn mein Dad nicht auf mich geschossen hätte, wäre ich
niemals zur Army gegangen - und wäre nicht da, wo ich jetzt bin.«
    Er sagt
das ohne die Spur von Ironie. Die Stille im Raum ist komplex.
    »Na ja,
ich kauf dein Scheißbuch jedenfalls nicht!«, sagt Money schließlich.
     
    Monate
später erzählte mir O'Byrne die

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