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Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
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sind okay.«
     
    -7-
     
    Eines Abends schlafe ich mit den Gedanken an eine Vierundzwanzig-Stunden-Operation
ein, die unter dem Namen Dark City angesetzt ist, aber um drei Uhr morgens geht
Donoho durch die Hütte und verkündet, dass die Operation wegen des Wetters
abgeblasen wurde. Der 3 rd Platoon sollte das Tal überqueren, und 2 nd Platoon sollte ihn vom Table Rock mit starker Feuerkraft unterstützen. Wir
drehen uns alle um und schlafen weiter, und als ich wieder aufwache, ist es
taghell, und Jones sitzt auf einer Koje und isst ein MRE. Jones schläft normalerweise
im »Submarine«, aber letzte Nacht war es so kalt, dass er zu uns zog. Er pickt
die Pilze aus seinem thailändischen Hühnergericht und nuschelt vor sich hin:
»Bin kein Fan von Pilzen. Die einzigen, die man Pilze essen sieht, sind Weiße.
>Was möchten Sie auf Ihrer Pizza, Sir?< >Pilze.< >Und was
möchten Sie sonst noch auf der Pizza?< >Noch mehr Pilze.<«
    Die Tür
geht auf und O'Byrne kommt herein. Er ist auf der Suche nach Money, der noch in
seiner Koje schläft. O'Byrne setzt sich neben ihn und nimmt ihn in den
Schwitzkasten. »Ich versteh's einfach nicht«, sagt er. »Wenn du Hajj wärst,
warum würdest du morgens aufwachen und auf uns schießen wollen?«
    Money
antwortet nicht. Er hat kein Interesse an diesem Gespräch. »Money, warum
sollte Hajj das tun wollen? Warum sollte er auf die Berggipfel klettern, um auf
uns zu schießen?«
    Die
naheliegende Antwort war, dass wir eine Stellung auf ihrem Hinterhof
eingerichtet hatten, aber hinter der Frage steckte mehr als das. Manchmal
vergaß man, den Feind nur noch als den Feind zu sehen,
und erkannte ihn als das, was er wirklich war: Teenager oben auf einem Berg,
die müde wurden und froren wie die Amerikaner, die ihre Familien vermissten und
vor großen Operationen schlecht schliefen und später deretwegen wahrscheinlich
Albträume hatten. Wenn man von dieser Warte über sie nachdachte, fragte man
sich bald, warum sich nicht die Männer selbst - nicht die amerikanischen Commander
und die der Taliban, sondern die Männer an den Gewehren - zusammensetzen
konnten, um die Sache zu klären. Ich bin ziemlich sicher, dass die Taliban
gesunden Respekt für den 2 nd Platoon empfanden, zumindest als
Kämpfer, und manchmal hörte ich auch jemanden im 2 nd Platoon eine
widerwillige Anerkennung der Taliban nuscheln: Sie bewegen sich wie Gespenster
in den Bergen und können mit einem Schluck Wasser und einer Handvoll Nüsse den
ganzen Tag kämpfen und einer Brigade der U.S. Airborne Infantry die Stirn
bieten. Eine solche militärische Leistung verdient Hochachtung. Der reine
Wahnwitz dieses Krieges - jedes Krieges - lässt sich nie ganz fassen und bricht
in den seltsamsten Momenten durch:
    »Ich bin
eines Nachts rausgegangen, um in die Röhre zu pissen«, gestand mir O'Byrne,
»und ich dachte so: >Was mach ich eigentlich hier in Afghanistan?< Ich
mein, ganz wörtlich: >Was mach ich eigentlich
hier?< Ich versuche, Menschen umzubringen, und die versuchen,
mich umzubringen. Ist doch verrückt ...«
    Der Feind
erlebte bestimmt ebenfalls seine Pissröhren-Momente - wieso sollte es nicht so
sein? Im Januar hörte Prophet, wie zwei Taliban-Kommandanten über Funk die
amerikanische Präsenz im Tal diskutierten. Einer von ihnen argumentierte, wenn
die Amerikaner willens seien, im Tal Straßen und Krankenhäuser zu bauen,
sollte man sie vielleicht nicht angreifen. Der andere stimmte ihm zwar nicht
ganz zu, aber zumindest war diese Frage gestellt worden. Die Anzahl der
Feuergefechte im Operationsbereich des Battalions war von täglich fünf auf eins
am Tag gesunken, die Anzahl der Shuras mit lokalen Führern hatte sich
vervierfacht, und seit Ende Oktober waren die Amerikaner aus keinem Dorf im
Korengal mehr beschossen worden. Das war ein wichtiger Anhaltspunkt für die
Stimmung der Einheimischen, denn es bedeutete, dass die Dorfbewohner die
Kämpfer veranlasst hatten, ihren Aufstand nach woanders zu tragen. Es ging
sogar das Gerücht um, dass einer der Talältesten einen Taliban-Kommandanten
ins Gesicht geschlagen hatte, weil der sich weigerte, das Gebiet zu verlassen.
Und der Kommandant hatte sich nicht getraut zurückzuschlagen. Das menschliche
Terrain im Pech und im Korengal veränderte sich schnell, und Colonel Ostlund
war zuversichtlich, dass es den NATO-Kräften und der afghanischen Regierung mit
etwas mehr Entwicklungsgeld möglich sein müsste, das Gebiet zu »überrennen«.
»Die Argumente, die ich hier gegen

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