Junger, Sebastian
sitzen, bis es Zeit zum
Schlafengehen ist. Jede Squad hat sich die eigene Hütte aus Sperrholz und Kanthölzern
gebaut, die von Chinooks hergeschafft worden sind. Die Konstruktion ist reines
Getto: unbehandelte Sperrholzplatten und offene Spalten in den Wänden sowie
sonderbare improvisierte Lösungen für elementare Bedürfnisse. Irgendein Colonel
stromaufwärts hatte beschlossen, Restrepo sei eher ein »Outpost« als eine
»Basis«, sodass der 2 nd Platoon sich mit Werkzeugen und Materialien
begnügen musste, die kaum einem Zehnjährigen für den Bau eines Baumhauses
gereicht hätten. Sie sägten ihr Holz mit einer Gerber-Klappsäge und zogen Nägel
aus alten Holzlatten, um sie für neue Holzstücke zu benutzen. Sie begradigten
Böden nach Gefühl und errichten Wände nach Augenmaß. Die 3 rd Squad
hatte am Berghang nicht genug gegraben, sodass ihre Hütte, genannt The
Submarine, so schmal ausfiel, dass kein Platz für einen Ofen war. Er wurde in
eine zugige Nische gestellt und schaffte es kaum, die Temperatur über den
Nullpunkt zu bringen. Weapons Squad baute ihre Hütte in schrägem Winkel und
glich das aus mit dem Winkel der Kojen, die wiederum anders geneigt waren als
die Regale und das Dach. Das Resultat war eine optische Täuschung, die den
Betrachter verwirrte, weil er nicht wusste, wo eigentlich die Horizontale war.
Man konnte eine Murmel in eine der Kojen legen und schwören, dass sie aufwärts
rollte.
Ich bin
bei O'Byrne und dem Rest der l st Squad untergekommen. Die Kojen
sind aus Sperrholz und zweistöckig. Der Gang zwischen ihnen ist gerade so
breit, dass sich zwei Männer seitwärts aneinander vorbeiquetschen können. Wenn
man in seiner Koje liegt, kann man den Arm ausstrecken und ohne Schwierigkeiten
drei andere Männer berühren. Waffen und volle Munitionsträger hängen an Nägeln,
die in die Wand geschlagen wurden, und Socken trocknen an der Fallschirmleine,
die man zwischen den Sparren gespannt hat. Kampfgepäck und Stiefel und Pakete
von Zuhause sind unter die Kojen gestopft. Die meisten Männer haben Fotos von
Frauen an die Wände genagelt - Fotos aus Magazinen, keine persönlichen, denn
die eigene Freundin würde man nicht gern dieser Art von Begutachtung aussetzen
-, und einige haben sich Decken über ihre Kojen genagelt, um unbeobachtet zu
sein. Andere flüchten lieber mithilfe von Schlaftabletten.
Ich nehme
eine niedrige Koje in der Nähe des Ofens und packe meine Sachen aus. Um mich
herum essen die Männer ihre MREs und unterhalten sich über ihre Pläne beim
Militär, über die Schwierigkeiten im 3 rd Platoon, darüber, wie mit
dem Ende der Feuergefechte alles den Bach runtergegangen war. Freunde stritten
sich, und in der Company griff eine nagende Unzufriedenheit um sich, die für
ihre Mission so bedrohlich war wie der Feind. Die Gefechtspause war viel
schlimmer für die Gruppendynamik als der bewaffnete Kampf und erwischte alle
kalt, selbst die Commander. Prophet hatte kürzlich Funksprüche abgefangen, in
denen von hundert Mann die Rede war, die mit der Absicht ins Tal gekommen
waren, Restrepo zu überrennen, aber das war fast zu schön, um wahr zu sein.
»Ich
hoffe, sie versuchen es«, sagte mir einer der Männer und sprach damit vielen
aus der Seele. »Ich hoffe, sie versuchen es, denn wenn sie es tun, werden sie
alle sterben.«
Eines
Tages geht eine Patrouille hinunter nach Loy Kalay, durchsucht den Basar und
kehrt zurück, ohne auch nur den geringsten Funkspruch veranlasst zu haben. Eine
Squad richtet einen Hinterhalt auf einem nach Süden gerichteten Berg gleich
hinter dem Drahtverhau ein, aber alles, was sie zu Gesicht bekommen, sind
Frauen, die Feuerholz sammeln. Eine andere Patrouille findet Drähte, die zu einer
107-mm-Rakete führen, die in einem Holzhaufen versteckt ist, und die Bombenentschärfer
kommen mit dem Hubschrauber, um sie in die Luft zu jagen. In Restrepo arbeiten
die Männer gemächlich an diversen kleinen Jobs und stemmen Gewichte, solange
die Sonne noch hoch steht, und hören abends auf, um auf der Munitionshütte zu
sitzen und zu rauchen. Um acht Uhr geht der Generator aus, und jeder legt sich
in seine Koje. Danach sind nur noch die Männer an den Wachposten wach. Manchmal
musste ich denken, wie unglaublich es ist - wie überaus ähnlich der Erfahrung
als Kind -, von anderen bewacht zu werden, während man langsam in Schlaf fällt.
Eines
Abends sitzen Steiner und ich am Ofen, und er schildert mir, wie sehr er sich
bemüht, die Frauen zu verstehen. Er
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