Jungs zum Anbeißen
aus!«
Rayne antwortet mit ihrem schönsten herablassenden Lächeln. »Ah, der Vampirduft schlägt also schon durch, wie?« Ich verziehe das Gesicht. »Vampirduft?« Wovon zum Teufel redet sie da? Und was hat das damit zu tun, dass Jake mich zum Schulball eingeladen hat?
»Ach, du weißt schon. Eine Art Pheromon. Vampire verströmen einen Duft, der schnöde Sterbliche verrückt vor Verlangen macht. Sie können nicht dagegen an. Es ist übrigens ausgesprochen nützlich, wenn man sich bei einem Verkehrspolizisten, der einem gerade einen Strafzettel verpassen will, rausreden muss. Oder wenn man sich in einem Flugzeug einen Sitz am Gang erschnorren will.
Obwohl die alte Dame, die auf der anderen Seite des Gangs sitzt und dich während des ganzen Fluges mit Geschichten über ihre Enkelkinder volllabert, durchaus ein Nachteil sein kann.«
Mein Herz rutscht mir bis in die Zehen.
Also hat sich Jake Wilder nicht schon seit Jahren nach mir verzehrt und gerade erst den Mut aufgebracht, mich anzusprechen.
»Verdammt.« Ich trete frustriert gegen die Sitzreihe. »Und ich dachte schon, er wäre heimlich in mich verschossen.«
Ich seufze. Ich weiß, es war einfach zu schön, um wahr zu sein.
»Himmel, Sunny, tu nicht so enttäuscht. Ich meine, hast du denn gestern Abend nicht in meinem Blog davon gelesen?«
Ähm - oh.
»Ich, ähm, bin nicht ganz durchgekommen. Ich meine, der Blog war ziemlich lang.«
Rayne starrt mich an. »Diese Pheromon-Geschichte müsste so ungefähr der dritte Eintrag sein.«
»Ja, aber . . .« Ich spüre, wie mein Gesicht langsam heiß wird.
»Da waren diese Links und . ..«
»Links?«
»Ja, zu den richtig guten Storys über Spike und Angel...«
»Also, damit ich das nicht falsch verstehe«, sagt Rayne, verkreuzt die Arme über der Brust und macht ein ausgesprochen unglückliches Gesicht. »Statt dir einen
Überblick über die wichtigsten Dinge zu verschaffen, die du über deine bevorstehende Transformation zum Vampir wissen musst, hast du dir lieber Fanfiction über Buffy reingezogen?«
Okay, wenn sie es so ausdrückt, sieht es tatsächlich nach einer schlechten Entscheidung meinerseits aus. Aber einige dieser Geschichten waren einfach so faszinierend und ... »Weißt du, du hättest keine Links auf deine Website setzen sollen, wenn du nicht willst, dass die Leute sie anklicken«, verteidige ich mich.
Rayne seufzt. Tief. »Weißt du, ich hoffe wirklich, dass Lucifent eine Möglichkeit kennt, dich wieder in einen Menschen zu verwandeln. Denn als Vampir wirst du eine echte Lachnummer sein.«
»Wer ist ein Vampir?«
Wir wirbeln beide herum und da steht Mr Teifert, der Schauspiellehrer, und schaut uns durch seine schwarz umrandete Brille neugierig an. Wir waren wahrscheinlich so in unser Gespräch vertieft, dass wir ihn gar nicht haben näher kommen gehört.
Rayne lächelt boshaft. »Sunny ist ein Vampir«, sagt sie.
»Nun ja, sie steht kurz davor, einer zu werden.« Dann fängt sie an zu lachen. Ich trete ihr vors Schienbein, damit sie den Mund hält. Obwohl ich mir zu etwa einhundert Prozent sicher bin, dass Mr Teifert ihre Behauptung mit einem gewissen theatralischen Vorbehalt betrachten wird, muss ich mit dem Knaben doch bei der Schulaufführung zusammenarbeiten. Ich möchte nicht, dass er mich für einen Schussel hält. Dann wird er mir wahrscheinlich nie wieder eine gute Rolle geben und ich werde bis in alle Ewigkeit in der Welt der Zweitbesetzungen verharren.
Mr Teifert zieht eine seiner buschigen Augenbrauen hoch.
»Ist das wahr, Sunny?«, fragt er mit einer Stimme, die dem Gesprächsgegenstand unangemessen ernst klingt. Worauf
will er hinaus? »Bist du ein Vampir?«
Gott sei Dank trage ich einen Rollkragenpullover, sodass er die blau angelaufene, knutschfleckähnliche Bisswunde an meinem Hals nicht sehen kann. Dann würde er mit
Sicherheit die Schulpsychologin anrufen, aber pronto.
»Nein, Mr Teifert«, sage ich und zwinge mich zu einer ausdruckslosen Miene. »Ich bin kein Vampir. Wir haben bloß rumgeblödelt.«
Seine ernste Miene entspannt sich und er lächelt. »Gut zu wissen. Vor allem da wir dich für diese Aufführung brauchen. Ich habe soeben erfahren, dass Heather an Mononukleose erkrankt ist und für eine ganze Weile ausfällt. Also wirst du von jetzt an die Rolle der Kim spielen.«
Ich kann mich mit Mühe zurückhalten, laut Hurra zu schreien, und versuche, so auszusehen, als würde ich mir um die arme kleine Heather Miller Sorgen machen. Aber zur Hölle mit ihr!
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