Jungsspaß und Maedchenpanik
und Hera, mitsamt Lady Gaga und Darth Vader.
Der Bolzplatz wirkte am Abend noch abschüssiger als bei vollem Tageslicht und irgendwo dahinter grunzte zufrieden das gewaltige Hängebauchschwein. Es war seltsam, aber Pablo freute sich, wieder im ollen Lüttenhoop zu sein. Außerdem stellte er fest, dass er nichts mehr dagegen hatte, Arian einen Brief zu schreiben. Mehr noch, er hatte sogar Lust dazu. Wenn er ihn gleich am nächsten Morgen in einen Briefkasten warf, der besser in Form war als die Telefonzelle von Lüttenhoop, würde Arian ihn am übernächsten Tag in den Händen halten. Das war zwar Steinzeit im Vergleich zu einer E-Mail, aber immerhin.
Während Katja mit ihren Büchern im Schlafzimmer verschwand, setzte Pablo sich mit Stift und Papier an den Küchentisch und begann:
Lieber Arian!
Hm.
Lieber Arian?
War das die richtige Anrede zwischen besten Blutsbrüder-Schwur-Antimädchen-Freunden? Klang das nicht fast wie von einem Mädchen geschrieben? Huppsiwuppsi, eiteitei?
Pablo fing noch einmal an:
Hallo Arian!
Hm. Nein.
Die Anrede Hallo war es auch nicht.
Pablo startete zum dritten Mal.
Hi Arian!
Genau. Das war okay.
Wie geht es dir? Mir geht es gut.
Oh, nein! Das schrieb jedes Kind auf der ganzen Welt seiner Oma, seit die Menschen schreiben konnten. Es funktionierte einfach nicht. Aber wieso? Wieso war es so schwierig, einen ganz normalen Brief zu schreiben? Hatte er es vollkommen verlernt? Bei einer E-Mail hatte Pablo diese Probleme nicht. Eine E-Mail schrieb er einfach drauflos.
Pablo seufzte. Es war so ärgerlich, dass er Arian keine Mail schicken konnte! Warum bloß hatte Katja ihren Laptop nicht mitgenommen? Pablo ärgerte sich plötzlich so darüber, dass er leise, aber fürchterlich fluchte. Das tat er nicht oft. Katjas Flüche reichten normalerweise für zwei Personen aus.
Das Fluchen brachte den Brief an Arian auch nicht voran, aber Pablo fühlte sich danach besser.
Er beschloss, ins Bett zu gehen und eine seiner Lieblings-CDs zu hören. Das war möglichst harter Hardrock und seine Lieblingsbands trugen Namen wie Folle Vindl , Zehntausend-Ka-em ha und Die geplatzten Trommelfelle.
Holger meinte, dass sich im Vergleich dazu berühmte alte Hardrockbands wie Deep Purple und Led Zeppelin anhören würden wie der Wiener-Sängerknaben-Chor.
Katja saß im Wohnzimmer des Ferienhauses und las. Pablo gab ihr ein Gutenachtküsschen.
Er gehörte zu den Söhnen, die ihren Müttern oft ein Gutenachtküsschen geben. Und Katja gehörte zu den Müttern, die sich jedes Mal darüber freuten, als wäre es das allererste Bussi ihres Lebens.
»Gute Nacht, mein Schatz!«, säuselte sie. »Träum was Schönes! Und wenn du morgen früh wieder vor mir aufwachst, kannst du ruhig schon losziehen, mein Großer.«
»Ja, ja«, brummte Pablo. »Schon klar.« Er wandte sich ab.
»Wünschst du mir denn nicht auch gute Nacht, mein Süßer?«
»Nacht«, sagte Pablo knapp und verschwand. Gutenachtküsschen für Mütter sind eine prima Angelegenheit, aber man darf so was auch nicht übertreiben, sonst wird es schnell kitschig.
Pablo ließ die Schlafzimmertür angelehnt, das war ihm immer lieber so. Er schlüpfte ins Bett und setzte Kopfhörer auf, um Katja nicht zu stören und sich dennoch in Presslufthammer-Lautstärke inspirieren zu lassen.
Die Follen Vindeln lärmten los. Sie rüttelten Pablos Hirn durch wie ein Wirbelsturm eine Baumkrone, aber diesmal brachte es nichts. Auch die anderen Hardrocker mühten sich nach Kräften. Sie hämmerten auf Pablos Schädel ein wie Wikinger auf ein Han delsschiff und zerzausten ihm die Frisur wie ein übergeschnappter Föhn. Aber sie hatten keinen Erfolg. Pablo wollte einfach nicht einfallen, welches der richtige Beginn für seinen Brief an Arian war.
Schließlich beschloss er, noch einen allerletzten Anlauf zu nehmen und seine Mutter um Rat zu fragen. Wer so schnell so viele Bücher las wie Katja, der kannte bestimmt auch einen passenden ersten Satz für einen von drei großen Schwestern umzingelten besten Freund mit Elefantenknöchel.
Es war spät geworden. Pablo stieg aus dem Bett und lief barfuß durch den Ferienhausflur. Die Tür zum Wohnzimmer war geschlossen. Durch den Bodenspalt drang spärliches Licht. Das hatte Pablo mit seiner Mutter anders verabredet. Alle Türen im Ferienhaus sollten nur angelehnt sein, damit Katja und er jederzeit gut aufeinander achtgeben konnten – besonders, wenn es draußen dunkel geworden war.
Pablo drückte die Klinke hinunter und
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