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Just Kids

Titel: Just Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Smith
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Nathan’s und schlenderten durch Astroland. Wir ließen uns von demselben alten Mann fotografieren, und auf Roberts Drängen stieg ich auf dessen ausgestopftes Pony.
    Wir blieben, bis es dunkel wurde, und stiegen dann in die Linie F nach Hause. »Wir sind immer noch wir«, sagte er. Er hielt meine Hand, und ich schlief mit dem Kopf auf seiner Schulter in der U-Bahn nach Hause ein.
    Traurigerweise ist das neue Foto von uns beiden verloren gegangen, aber die Aufnahme von mir allein rittlings auf dem Pony, in leicht herausfordernder Positur, gibt es noch.
    Robert saß auf einer Orangenkiste, während ich ihm ein paar meiner neuen Gedichte vorlas.
    »Die sollten die Leute auch mal hören«, sagte er wie immer.
    »Du hörst mich doch. Das genügt mir.«
    »Ich möchte, dass alle dich hören.«
    »Nein, du willst, dass ich auf einem von deinen jämmerlichen Teekränzchen lese.«
    Aber Robert ließ nicht locker, und als ihm Gerard Malanga von einer Open-Mike-Veranstaltung erzählte, die der Autor Jim Caroll moderieren würde, musste ich ihm fest versprechen, dort aufzutreten.
    Ich suchte ein paar Gedichte heraus, die ich für einen Vortrag geeignet fand. Ich weiß nicht mehr, was ich da vortrug, aber ich weiß noch genau, was Robert anhatte: ein Paar von ihm selbst designte Goldlamé-Chaps. Wir diskutierten eingehend darüber, ob ein Codpiece dazu passen würde, entschieden uns aber dann dagegen. Es war der Französische Nationalfeiertag, und ich prophezeite scherzend, dass möglicherweise Köpfe rollen würden, wenn die Dichter ihn zu sehen bekämen.
    Ich mochte Jim Carroll auf Anhieb. Er kam mir bildhübsch vor, schlank und kräftig, mit langen rotgoldenen Haaren, schwarzen Chucks und einem reizenden Wesen. Ich fand, er war wie eine Mischung von Arthur Rimbaud und Parzival, dem heiligen Narren.
    Mein Schreibstil entwickelte sich weg von der formalen Strenge französischer Prosadichtung hin zum kühnen Wagemut von Blaise Cendrars, Majakowski und Gregory Corso. Unter ihrem Einfluss entwickelten meine Sachen Humor, und ich traute mich mehr. Robert war immer mein erster Zuhörer, und schon indem ich ihm vorlas, gewann ich Selbstvertrauen. Ich hörte mir Aufzeichnungen von Lesungen der Beat-Autoren und von Oscar Brown Jr. an und studierte Lyriker wie Vachel Lindsay oder Art Carney.
    Eines Abends traf ich nach einer unendlich langen Probe für Island zufällig Jim, der vor dem Chelsea rumhing und einWassereis aß. Ich fragte ihn, ob er Lust hätte, auf einen schlechten Kaffee mit zum Donut-Shop zu kommen. Er sagte, na klar. Ich erzählte ihm, dass ich dort gern schrieb. Am nächsten Abend lud er mich auf einen schlechten Kaffee bei Bickford auf der Forty-second ein. Jim erzählte mir, hier hätte Jack Kerouac gerne gesessen und geschrieben.
    Es war nicht ganz klar, wo Jim wohnte, aber er verbrachte viel Zeit im Chelsea Hotel. Am nächsten Abend kam er mit zu mir nach Hause und zog schließlich in meine Loftseite ein. Es war schon lange her, dass ich für jemand anderen als Robert etwas empfunden hatte.
    Robert fühlte sich nicht ausgegrenzt, denn schließlich hatte ich Jim durch ihn kennengelernt. Sie verstanden sich gut, und erfreulicherweise schien es ganz normal, dass wir Tür an Tür mit Robert lebten. Robert blieb über Nacht oft bei David und schien froh zu sein, dass ich dann nicht allein war.
    Wie so typisch für mich, war ich vollkommen auf Jim fixiert. Wenn er schlief, breitete ich eine Decke über ihn. Morgens holte ich ihm Donuts und Kaffee. Er schien nicht viel Geld zu haben und bekannte sich freimütig zu einem moderaten Heroin-Problemchen. Manchmal begleitete ich ihn, wenn er Stoff kaufen ging. Ich hatte keine Ahnung von solchen Drogen, abgesehen von dem, was ich in Die Kinder Kains gelesen hatte, Alexander Trocchis Buch über einen schreibenden Junkie, der auf einem Schleppkahn lebt, der die Flüsse von New York befährt, während Junk über den Strom seiner Seele pendelt. Jim drückte sich Zeug in seine sommersprossige Hand wie ein dunkler Zwilling von Huckleberry Finn. Ich schaute weg und fragte ihn dann, ob es wehtäte. Er sagte Nein, kein Grund zur Sorge. Dann setzte ich mich zu ihm, während er Walt Whitman zitierte und aufrecht dasitzend in eine Art Halbschlaf verfiel.
    Während ich tagsüber arbeitete, machten Robert und Jim gern Ausflüge zum Times Square. Beide hatten ein Faible für die zwielichtige Welt der Forty-second Street und stellten beimHerumziehen fest, dass sie auch das Faible fürs

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