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Just Kids

Titel: Just Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Smith
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Ich war überrascht, als mir auf der Straße Slim über den Weg lief, und wir machten unseren ersten nichtnächtlichen Spaziergang. Weil ich Angst hatte, das Fleisch könnte schlecht werden, musste ich ihm schließlich gestehen, dass ich zwei rohe Steaks in den Manteltaschen hatte. Er sah mich erst ungläubig an, steckte dann eine Hand in meine Tasche und zog mitten auf der Seventh Avenue ein Steak heraus. Er schüttelte tadelnd den Kopf und meinte: »Na, dann wollen wir mal essen, Süße.«
    Wir gingen nach oben, und ich schmiss die Kochplatte an. Wir aßen die Steaks direkt aus der Pfanne. Von da an ließ Slim die Sorge nicht los, ich würde zu wenig essen. Ein paar Abende später kam er vorbei und fragte, wie ich die Hummer im Max’s fände. Ich sagte, dass ich die noch nie gegessen hatte. Er wirkte geschockt.
    »Du hast noch nie Hummer gegessen?«
    »Ich hab da noch nie irgendwas gegessen.«
    »Wie bitte? Los, hol deinen Mantel. Jetzt gibt es was zu beißen.«
    Wir fuhren mit dem Taxi zum Max’s. Er ging ganz lässig durch bis zum hinteren Raum, obwohl wir uns nicht an den runden Tisch setzen wollten. Dann bestellte er für mich. »Bringt ihr den größten Hummer, den ihr habt.« Ich merkte, dass uns alle anstarrten. Da kam mir erst der Gedanke, dass ich noch nie mit einem anderen Mann als Robert im Max’s gewesen war, und Slim sah verdammt gut aus. Und als mein riesiger Hummer mit zerlassener Butter aufgefahren wurde, kam mir als nächster Gedanke, dass dieser hübsche Hillbilly vielleicht gar nicht flüssig genug war, um die Rechnung zu bezahlen.
    Während ich aß, sah ich, dass Jackie Curtis mir Handzeichen gab. Ich konnte mir nur vorstellen, dass sie Heißhunger auf Hummer hatte, und ich wollte ihr gerne etwas abgeben. Ich wickelte eine schöne, fleischige Zange in meine Serviette und folgte ihr auf die Damentoilette. Jackie bombardierte mich sofort mit Fragen.
    »Was machst du mit Sam Shepard?«, platzte sie heraus.
    »Sam Shepard?«, fragte ich. »Nee, der Typ heißt Slim.«
    »Weißt du nicht, wer das ist, Schatz?«
    »Der Schlagzeuger von den Holy Modal Rounders.«
    Sie kramte hektisch in ihrer Handtasche und nebelte die Luft mit dichten Gesichtspuder-Wolken ein. »Er ist der größte Off-Broadway-Dramatiker. Eins seiner Stücke ist im Lincoln Center gelaufen. Er hat fünf Obies gewonnen!«, rasselte sie runter, während sie sich die Brauen nachzog. Ich starrte sie ungläubig an. Diese Neuigkeit kam mir wie eine absurde Verwicklung in einem Judy-Garland-und-Mickey-Rooney-Musical vor. »Tja, das ist mir ziemlich egal«, sagte ich.
    »Sei doch nicht so dumm«, sagte sie und schüttelte mich theatralisch. »Er kann dich an den Broadway bringen.« Jackie hatte so eine Art, jede noch so unbedeutende Begegnung zu einer B-Movie-Szene aufzubauschen.
    Die Hummerschere lehnte Jackie dankend ab. »Nein danke, Herzchen, ich bin hinter einem dickeren Fisch her. Kannst dunicht mit ihm an meinen Tisch kommen? Ich würde ihm wahnsinnig gern Hallo sagen.«
    Ich hatte weder den Broadway im Auge noch wollte ich ihn herumzeigen wie einen Siegerpokal, aber ich war doch erleichtert, dass er die Rechnung wahrscheinlich würde bezahlen können.
    Ich ging zurück an unseren Tisch und sah ihm streng in die Augen. »Heißt du in Wirklichkeit Sam?«
    »Ja, dem ist wohl so, junge Person«, knödelte er, ein bisschen wie W. C. Fields. Aber in diesem Moment kam der Nachtisch, Vanilleeis mit Schokoladensauce.
    »Sam ist ein guter Name«, erklärte ich. »Kann ich mit leben.«
    Und er darauf: »Jetzt iss dein Eis, Patti Lee.«
    Ich fühlte mich in Roberts turbulentem gesellschaftlichen Leben zunehmend unwohl. Er schleppte mich zu Teestunden, Dinners und gelegentlichen Partys. Wir saßen an Tafeln, auf denen ein einziges Gedeck von genug Gabeln und Löffeln für eine fünfköpfige Familie umrahmt wurde. Es war mir jedes Mal schleierhaft, warum wir zum Dinner auseinandergesetzt wurden, oder warum ich mich auf Gespräche mit Leuten einlassen sollte, die ich gar nicht kannte. Ich saß miesepetrig meine Zeit ab und sehnte den nächsten Gang herbei. Außer mir schien es niemand eilig damit zu haben. Immerhin war es schön zu sehen, wie unbefangen sich Robert zwischen ihnen bewegte; so hatte ich ihn nie erlebt. Ich konnte ihn nur bewundern, wenn er einem Wildfremden Feuer gab, ihm dabei tief in die Augen sah und einfach weiterredete.
    Er arbeitete sich langsam in die High Society hoch. Eigentlich waren die Veränderungen in seinem

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