Just Kids
Arbeiten engagierte und oft in unserem Loft vorbeikam, um sich neue Sachen anzusehen. Er kaufte Arbeiten von uns in einer Zeit, in der wir beide Geld und Bestätigung dringend nötig hatten.
Robert machte die Fotos für meinen ersten kleinen Gedichtband, ein schmales Bändchen mit dem Titel Kodak, das bei Middle Earth Books in Philadelphia erscheinen sollte. Ich hatte mir ein Bild vorgestellt, das an das Cover von Bob Dylans Tarantula erinnerte, es sollte das Cover eines Covers sein. Ich kaufte den Film und ein weißes, hoch zugeknöpftes Herrenhemd, das ich zu einem schwarzen Jackett und Wayfarers trug.
Robert wollte nicht, dass ich die Sonnenbrille trug, gab mir dann aber doch nach und machte die Aufnahme, die letztlich aufs Cover kam. »So«, meinte er, »und jetzt nimm die Brille ab und zieh das Jackett aus«, und dann machte er noch ein paar Aufnahmen, auf denen ich nur das weiße Hemd anhatte. Er wählte vier aus und legte sie in eine Reihe nebeneinander. Danach nahm er die Polaroidkassette. Er schob eins der Fotos in den schwarzen Metallrahmen. Es hatte nicht ganz die Wirkung, die ihm vorschwebte, deswegen sprühte er den Rahmen weiß an. Robert war jederzeit in der Lage, Materialien umzufunktionieren und in unerwarteten Zusammenhängen zu verwenden. Er fischte drei oder vier Rahmen aus dem Müll und sprühte sie ebenfalls an.
Er kramte zwischen den weggeworfenen Polaroidkassetten, nahm den schwarzen Streifen, auf dem steht »DON’T Touch Here« und schob ihn in einen der leeren Rahmen. Wenn Robert gut drauf war, war er wie David Hemmings in Blow Up. Die gleiche besessene Konzentration, an die Wand gepinnte Bilder, ein Katzendetektiv, der durchs Revier seiner Arbeit pirscht. Die Blutspur, sein Fußabdruck, sein Zeichen. Selbst Hemmings Worte aus dem Film wirkten wie ein Subtext, wie Roberts privates Mantra: Ich wünschte, ich hätte wahnsinnig viel Geld. / Dann wäre ich frei. / Frei, um was zu tun?/Alles.
Wie sagte schon Rimbaud? »Neue Szene, neuer Lärm.« Alles beschleunigte sich, nachdem Lenny Kaye und ich in der St. Mark’s aufgetreten waren. Meine Anbindung an die Rockszene verstärkte sich noch. Es waren viele bekannte Autoren da gewesen, Dave Marsh, Tony Glover, Danny Goldberg und Sandy Pearlman beispielsweise, und ich war außerdem darauf angesprochen worden, das ein oder andere zu schreiben. Der Abdruck meiner Gedichte in Creem bedeutete die erste nennenswerte Veröffentlichung für mich.
Vor allem Sandy Pearlman hatte ganz bestimmte Vorstellungen davon, was ich machen sollte. Wenn ich auch noch nicht so weit war, seine Pläne für meine Zukunft eins zu eins umzusetzen, interessierte mich seine Sicht der Dinge, denn Sandy hatte ein ungeheures Wissensrepertoire im Kopf, das von der pythagoreischen Mathematik bis zur heiligen Cecilia reichte, der Schutzheiligen der Musik. Seine Ansichten waren stets von eingehender Sachkenntnis unterfüttert, bei welchem Thema auch immer. Das Zentrum seiner dunklen Empfindsamkeit war seine glühende Leidenschaft für Jim Morrison; der Mythos Morrison prägte ihn dermaßen, dass er sich selbst nach seinem Vorbild stylte: schwarzes Lederhemd, schwarze Lederhose und ein breiter, mit Silberconchos besetzterGürtel, die unverkennbare Gewandung des Lizard King. Sandy besaß Humor, redete unglaublich schnell und trug immer eine Sonnenbrille, die seine eisblauen Augen beschirmte.
Er sah mich als Frontfrau einer Rock’n’Roll-Band, worauf ich selbst nie gekommen wäre, ich hätte nicht mal an die Möglichkeit gedacht. Aber nach der Erfahrung mit Sam Shepard und den Songs für Cowboy Mouth war ich selbst neugierig geworden, wie weit ich mit meinem Songwriting kommen würde.
Sam hatte mich mit Lee Crabtree bekannt gemacht, einem Komponisten und Keyboardspieler, der mit den Fugs und den Holy Modal Rounders gearbeitet hatte. Er hatte ein Zimmer im Chelsea mit einem Aktenschrank voller Kompositionen, dicke Stapel von Noten, die bisher noch keiner gehört hatte. Er wirkte immer ein wenig verlegen, war sommersprossig, mit roten Haaren, die er unter einer Strickmütze verschwinden ließ, Brille und einem dünnen roten Bart. Es war unmöglich zu sagen, ob er alt oder jung war.
Wir fingen mit dem Stück an, das ich für Janis geschrieben hatte, dem Song, den sie niemals würde singen können. Er packte den Song neu an, indem er die Musik wie auf einer Dampforgel spielte. Ich war ziemlich schüchtern, aber er war noch schüchterner, deswegen waren wir beide sehr geduldig
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