Just Listen - Roman
Hupen.
»Ups«, sagte Owen. Wir richteten uns auf. Er ließ den Motor an. Ich blickte zurück auf den Kerl in dem Ford Mustang, der die Scheiben schon hochgekurbelt hatte und an der Einfahrt wartete. »Kleinen Moment.«
Als wir aus der Waschanlage fuhren, fing sich das Sonnenlicht in den Wasserpfützen, die jetzt verrannen und die Motorhaube hinunterflossen. Nach dem Kuss und der Dunkelheit fühlte ich mich immer noch so, als wäre ichunter Wasser. Dass es plötzlich so hell war, ließ mich zusammenzucken.
»Mannomann.« Owen setzte den Blinker, weil er über den Bürgersteig auf die Straße einbiegen wollte. »Das war echt der Hammer.«
»Ich hab’s dir gesagt: In einer Waschanlage klingt alles besser.«
»Alles, ja?«
Dabei sah er mich an und ich musste daran denken, was für ein Ausdruck auf seinem Gesicht gelegen hatte, als er nur wenige Augenblicke zuvor auf die Windschutzscheibe geblickt und aufmerksam zugehört hatte. Vielleicht würde ich eines Tages alles, was mir auf der Zunge lag, auch sofort aussprechen können. Vielleicht sogar noch mehr.
»Ob das auch mit Techno funktioniert?« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Nö«, sagte ich rundheraus.
»Sicher?«
»O ja. Ganz sicher.«
Er blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Tja«, sagte er und fuhr los, über den Bürgersteig auf die Straße, an dem Gelände der Waschanlage entlang. »Wir werden sehen.«
»Hast du es schon gehört?«
Achtzehn Uhr, Samstag, vor der Modenschau. Ich saß in der provisorischen Garderobe im
Kaufhaus Kopf
und wartete auf meinen Auftritt. Seit Stunden ging das so: Ich war frisiert und geschminkt worden, an mir und meinen diversen Outfits wurde rumgezupft und angepasst – und seit Stunden hatte ich das Geschnattere um mich herum erfolgreich ignoriert. Mich stattdessen darauf konzentriert,gut durch die Show zu kommen, damit ich das tun konnte, was ich wirklich wollte: mit Owen ins
Bendo
zu gehen. Wie gesagt, bis jetzt hatte das gut geklappt. Bis jetzt.
Ich warf einen Blick nach links, wo sich Hillary Prescott gerade neben ein Mädchen namens Marnie gesetzt hatte. Die beiden waren genau wie ich mit Haar und Make-up fertig, bevor die Reihe wieder an sie kam. Deshalb hatten sie momentan nichts weiter zu tun, als stilles Wasser zu trinken, ihr Spiegelbild zu begutachten und zu tratschen.
»Was gehört?«, fragte Marnie. Ein dünnes Mädchen mit länglichem Gesicht und hohen Wangenknochen. Als ich sie das erste Mal gesehen hatte, dachte ich, dass sie Whitney ein bisschen ähnlich sah. Allerdings war sie eher hübsch als wirklich schön.
Hillary blickte prüfend erst über die eine, dann die andere Schulter. Der Klassiker im Gestenrepertoire der Klatschbasen dieser Welt. »Was letzte Nacht auf Becca Durnhams Party passiert ist«, antwortete sie.
»Nein.« Marnie tupfte mit einem Finger über ihr Lipgloss. »Was war denn los?«
Hillary beugte sich noch etwas weiter vor. »Also, soweit ich es mitgekriegt habe, muss es das reinste Drama gewesen sein. Luise hat mir erzählt, dass ungefähr in der Mitte der Party –«
Sie unterbrach sich und starrte in den langen Spiegel vor uns. Denn Emily Shuster war hereingekommen. Zusammen mit ihrer Mutter. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf leicht eingezogen. Ich erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf ihr Gesicht. Aber mehr brauchte man auch nicht, um zu erkennen, dass Emily horrormäßig aussah: Ihr Gesicht war ganz aufgequollen, ihre Augen gerötet, mit tiefen, dunklen Rändern.
Hillary, Marnie und ich verfolgten mit unseren Blicken, wie Emily und ihre Mutter an uns vorbei zu Mrs McMurty gingen, die auf der anderen Seite des Raumes stand.
»Ich fasse es nicht, dass sie tatsächlich hier auftaucht«, sagte Hillary.
»Warum?«, fragte Marnie. »Was ist denn passiert?«
Das geht mich nichts an
, dachte ich und konzentrierte mich wieder auf das Geschichtsbuch, das ich mir mitgebracht hatte, um während der Leerlaufphasen wenigstens ein bisschen lernen zu können. Doch dann merkte ich, dass anscheinend ein Haar auf meiner Wange festklebte. Ich blickte auf, in den Spiegel, um es vorsichtig wegzuwischen. Und dabei bemerkte ich eher unfreiwillig, dass Hillary sich wieder dicht zu Marnie vorgebeugt hatte.
»Sie hat es gestern Abend mit Will Cash getrieben.« Obwohl Hillary mit gedämpfter Stimme sprach, konnte ich sie gut verstehen. »In seinem Auto. Und Sophie hat sie erwischt.«
»Das gibt’s nicht!« Marnie machte große Augen. »Im
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