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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Sendung?«
    »Ja.«
    Ich nickte. »Habe ich.«
    »Und?«
    Obwohl ich fast das ganze Wochenende damit verbracht hatte, mir bewusst zu machen, wie oft ich flunkerte oder um des lieben Friedens willen sogar unverblümt log, war mein erster Impuls, genau das zu tun. Zu lügen. Wahrheit als Prinzip war eine schöne Sache. Sie jemandem ins Gesicht zu sagen, eine ganz andere.
    »Na ja. Es war   … interessant.«
    »Interessant«, wiederholte er.
    »Ja. Ich   … äh   … hatte keines der Stücke vorher je gehört.«
    Er sah mir direkt ins Gesicht, musterte mich schweigend. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Und dann zuckte ich zusammen, denn er stand plötzlich auf, war mit drei großen Schritten bei mir und setzte sich neben mich. »Okay. Hast du die Sendung wirklich gehört?«
    »Ja.« Ich versuchte, nicht zu stottern. »Sag ich doch.«
    »Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst, aber du hast mir selbst erzählt, dass du ziemlich oft lügst.«
    »So habe ich das nicht gesagt.«
    Er hob bloß die Augenbrauen.
    »Manchmal verschweige ich die Wahrheit«, fuhr ich fort. »Aber nicht jetzt. Ich habe mir die Sendung von vorne bis hinten angehört, ehrlich.«
    Offensichtlich glaubte er mir immer noch nicht. Was mich nicht weiter wunderte.
    Ich atmete tief durch: »
Jennifer
von
Lipo
,
Descartes Dream
von
Misanthrope
. Ein Lied, das hauptsächlich aus Gepiepse bestand   –«
    »Du hast tatsächlich zugehört.« Er lehnte sich zurück und nickte. »Okay. Erzähl mir, was du wirklich darüber denkst.«
    »Sagte ich doch. Es war interessant.«
    »Interessant ist kein Wort.«
    »Seit wann?«
    »Es ist ein Platzhalter. Etwas, das man so daherplappert, wenn man etwas anderes nicht offen sagen möchte.« Er beugte sich noch näher zu mir. »Hör zu, falls du nervös bist, du könntest meine Gefühle verletzen oder so   – machdir keinen Kopf. Du kannst sagen, was du willst. Ich bin nicht beleidigt.«
    »Ich mochte deine Sendung, echt.«
    »Sag die Wahrheit. Sag was. Irgendetwas. Lass es raus.«
    »Ich   …« Ich stockte. Vielleicht weil er mich so offensichtlich durchschaute. Oder weil mir plötzlich klar wurde, wie selten ich tatsächlich ehrlich war. Warum auch immer   – ich knickte ein. »Ich   … es hat mir nicht gefallen.«
    Er schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel. »Ich wusste es. Weißt du, dafür, dass du so viel lügst, bist du ziemlich schlecht.«
    Das war ein Kompliment. Oder etwa nicht? Keine Ahnung. »Ich bin keine Lügnerin.«
    »Stimmt. Du bist
nett

    »Was ist falsch daran, nett zu sein?«
    »Nichts. Außer dass es meistens bedeutet, dass man nicht ehrlich ist. Jetzt spuck schon aus, was du beim Hören wirklich gedacht hast.«
    Was ich in diesem Augenblick
wirklich
dachte, war: Ich fühlte mich verunsichert. Als ob ich nackt vor Owen Armstrong stünde, es jedoch nicht einmal gemerkt hatte. »Ich mochte die Art der Sendung, aber die Songs waren   …«
    »Waren wie?« Er schnippte mit den Fingern vor meinem Gesicht. »Ein paar Adjektive, bitte. Etwas anderes als interessant.«
    »Schrill. Grotesk.«
    »Okay.« Er nickte. »Und weiter?«
    Ich sah ihm forschend ins Gesicht, suchte nach Anzeichen dafür, dass er gekränkt oder sauer war. Doch es gab keine. Deshalb fuhr ich fort: »Na ja, der erste Song   … der tat richtig weh in den Ohren. Und der zweite, der von diesen Misanthropen   …«
    »Descartes Dream.«
    »Bei dem bin ich fast eingeschlafen. Ernsthaft.«
    »So was kommt vor. Weiter?«
    Sein Ton klang beiläufig; er schien tatsächlich nicht im Mindesten verärgert. Also tat ich, was er wollte   – ich fuhr fort: »Die Harfenmusik klang wie das, was man sonst auf Beerdigungen hört.«
    »Ah. Okay. Gut.«
    »Und das Technozeug kann ich persönlich nicht ausstehen.«
    »Nichts davon?«
    »Nichts.«
    Er nickte. »In Ordnung. Danke für das Feedback, das war hilfreich.«
    Und das war’s dann auch schon. Er zog sein iPod hervor, drückte auf die Starttaste. Keine Wutanfälle, keine verletzten Gefühle, keine beleidigte Miene. »Es ist also okay für dich?«, fragte ich.
    »Dass du auf die Sendung nicht gerade abgefahren bist?« Beim Sprechen blickte er nicht auf.
    »Ja.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Klar ist das okay. Es wäre schön gewesen, wenn sie dir gefallen hätte. Aber sie gefällt den wenigsten. Ich bin also nicht sonderlich überrascht.«
    »Stört dich das denn überhaupt nicht?«
    »Nicht wirklich. Ich meine, zuerst war ich schon enttäuscht. Aber man kommt auch

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