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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Jahren »besessen« davon war, wie er es ausdrückte. Scheinbar war die Trennung ziemlich übel verlaufen, endlose wechselseitige Anschuldigungen, Vorwürfe und so weiter. Owen meinte, in Musik habe er sich immer flüchten können. Alles andere ging zu Ende oder veränderte sich unwiderruflich. Aber Musik war eine unerschöpfliche Kraftquelle, die ihn nie im Stich ließ.
    »Wenn sie überhaupt nicht mehr miteinander reden wollten«, erzählte er mir einmal, »musste ich den Vermittler spielen, was dazu führte, dass ich dauernd zwischen den Stühlen saß. Denn natürlich war immer der jeweils andere schuld;
der
hatte sich ätzend oder rücksichtslos verhalten. Wenn ich aber einem von beiden auch nur ansatzweise recht gab, steckte ich sofort in der Klemme, weil der andere sich prompt angegriffen fühlte. Versuchte ich allerdings, mich rauszuhalten, ergriff ich angeblich auch schon wieder Partei. Was immer ich tat, war falsch. In so einer Situation ist man automatisch der Loser.«
    »Muss hart gewesen sein.«
    »Beschissen war’s. In der Zeit fing ich an, mich intensiver als je zuvor mit Musik zu beschäftigen, vor allem mit unbekanntem Zeugs abseits des Mainstreams. Da kein Mensch außer mir so etwas hörte, konnte mir auch niemand vorschreiben, was ich darüber zu denken hatte. Endlich gab es kein Richtig oder Falsch mehr.« Owen lehnte sich zurück und wedelte eine Biene weg, die um uns herumschwirrte. »Ich entdeckte diesen College-Sender in Phoenix, KXPC, und bald hörte ich bloß noch den. Einer der Moderatoren, mit einer Late-Night-Sendung an den Wochenenden, stand auf richtig obskures Zeug. Eingeborenen-Musik, authentischer Underground-Punk, Techno inklusive tropfender Wasserhähne, und zwar fünf Minuten nonstop. In der Art eben.«
    »Tropfende Wasserhähne?« Auf sein bestätigendes Nicken fragte ich weiter: »Das gilt als Musik?«
    »Offensichtlich nicht für jeden.« Er warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Aber das war gerade der Punkt. Es hatte so etwas von einem weißen Fleck auf der Landkarte. Ich fing an, mir die Sachen, die er spielte, zu notieren und mir in Plattenläden oder online zusammenzusuchen. Aber vor allem hatte ich etwas gefunden, worauf ich mich konzentrieren konnte. Das mich von dem ablenkte, was bei uns zu Hause ablief. Außerdem war laute Musik extrem praktisch, wenn es darum ging, das Gebrüll von unten zu übertönen.«
    »Echt? Gebrüll?«
    Er zuckte die Achseln. »Hört sich schlimmer an, als es letztlich war. Trotzdem, es gab ein paar üble Ausraster, auf beiden Seiten. Und, um ehrlich zu sein: Das Schweigen war noch schlimmer.«
    »Schlimmer als das Geschrei?«
    »Viel schlimmer.« Er nickte. »Wenn zwei sich zoffen, weißt du wenigstens, worum es geht. Oder kannst es dir zumindest denken. Schweigen ist   … Schweigen kann alles bedeuten. Wenn es bloß nicht so verdammt   –«
    »...   laut wäre«, vollendete ich seinen Satz.
    Er machte eine zustimmende Geste. »Du sagst es.«
    Owen hasste also Stille. Des Weiteren auf der Liste dessen, was er nicht ausstehen konnte: Erdnussbutter (zu trocken), Lügner (selbstredend), Leute, die kein Trinkgeld geben (offenbar verdiente man beim Pizza-Ausfahren nicht sonderlich viel). Und das waren nur die paar Sachen, von denen ich bislang wusste. Owen nahm jedenfalls kein Blatt vor den Mund, wenn es darum ging zu sagen, was ihn ankotzte. Wahrscheinlich lag das an seiner ausgiebigen Erfahrung mit Wutbewältigungsstrategien.
    »Kotzt dich denn gar nichts an?«, fragte er eines Tages, als ich ihn darauf ansprach.
    »Nein. Ich meine, wahrscheinlich schon, aber   …«
    »Wer oder was macht dich denn so richtig sauer?«
    Ich blickte unwillkürlich zu Sophie hinüber, die mit ihrem Handy auf ihrer Stammbank saß und telefonierte. »Techno«, antwortete ich.
    »Ha-ha. Ernsthaft jetzt.«
    »Ich weiß nicht.« Ich knibbelte an meinem Sandwich herum. »Meine Schwestern wahrscheinlich. Manchmal.«
    »Was noch?«
    »Sonst fällt mir nichts ein.«
    »Du willst mir doch nicht im Ernst erzählen, das Einzige, was dich nerve, seien Geschwister und eine bestimmte Art von Musik?! Das kann nicht sein, sonst wärst du so etwas wie ein Übermensch? Also, was ist es? Spuck’s aus.«
    »Vielleicht bin ich einfach nur nicht so wütend wie du.« »Niemand ist so wütend wie ich.« Der Kerl war wohl
    durch nichts aus der Ruhe zu bringen. »Das ist in der Tat richtig. Aber selbst dich muss doch irgendetwas so richtig zum Wahnsinn treiben.«
    »Vielleicht, kann

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