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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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Krankenhaus alles in ein neues Licht. Aber als er in die Augen seines Geschichtslehrers blickte, wurde ihm in aller Härte bewusst, dass Stein nicht gerettet werden wollte. Die Fortsetzung seines Lebens wäre für ihn eine Qual, eine Last. Er hatte sich längst verabschiedet.
     
    »Echt seltsam, das mit Herrn Stein«, meinte Alexander am Freitagabend, als die Drachenbootmannschaft zum zweiten Mal in dieser Woche ohne ihren Lehrer trainierte. »Frau Hachtel weiß immer noch nicht, wann er wiederkommt.«
    Das Training war vorbei, ein Großteil der Mannschaft war schon nach Hause gegangen, nur Alexander und Milan befanden sich noch im Bootshaus, das für sie wie ein zweites Zuhause war. Die optimistischen Voraussagen der Kleineren hatten sich als unwahr herausgestellt. Die Stimmung unter den Teamkameraden war wieder schlecht, die Hoffnung auf einen Sieg in Durban schwand. Nichts, was Milan oder Alexander unternahmen, konnte sie aus ihrer trostlosen Stimmung herausreißen.
    Milan zuckte mit den Achseln. »Ach, wahrscheinlich steht er Montag wieder auf der Matte.«
    »Ich habe Frau Hachtel nach Steins Privatadresse gefragt«, erzählte Alex beiläufig. »Sie hat sie mir gegeben. Ich dachte, wir könnten mal bei ihm vorbeischauen.«
    Milan zuckte unwillkürlich zusammen und erstarrte. »Ich glaube, das ist keine gute Idee«, hauchte er und schaute seinen Freund an, um zu überprüfen, ob er es wirklich ernst meinte.
    »Warum nicht?«, widersprach Alexander. »Frau Hachtel weiß auch nicht richtig, ob er Familie hat. Vielleicht kümmert sich keiner um ihn. Er freut sich bestimmt, wenn wir ihn besuchen.« Dann fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu: »Außerdem würde ich gerne sehen, wo er wohnt. Kennst du die Gemini Road?«
    Milan packte das letzte Paddel ins Regal und drehte sich schwungvoll um. »Nein«, erwiderte er knapp und ging auf Steins Schreibtisch zu, der in der Ecke des Bootshauses stand.
    Alexander zuckte mit den Schultern. »Na ja. Ich schau mal im Stadtplan nach.«
    Milan konnte seinem Freund nicht in die Augen sehen. Mit dem Rücken zu ihm gekehrt, zischte er: »Ich glaube wirklich nicht, dass das eine gute Idee ist. Frau Hachtel hat kein Recht, die Privatadressen von Lehrern herauszugeben.«
    »Wovon redest du?« Alexander lachte ungläubig und legte die Stirn in Falten. »Sie hat sie doch nicht irgendjemandem gegeben. Sie hat sie uns gegeben.«
    »Trotzdem«, beharrte Milan.
    »Dann fahre ich eben allein hin«, folgerte Alexander lässig. »Wer weiß, vielleicht hockt er in seiner Bude mit einem kaputten Bein und kommt nicht ans Telefon.«
    »Unwahrscheinlich«, murmelte Milan und suchte auf dem Schreibtisch nach den Bewerbungsunterlagen für Durban. Stein hatte ihn gebeten, die Anmeldung noch mal telefonisch zu bestätigen.
    Schließlich ließ Alexander nach. »Na ja. Vielleicht überlegst du es dir ja noch anders. Ich glaube, Stein würde sich sehr freuen.«
    Milan schüttelte den Kopf. »Nein danke. Das kommt mir komisch vor. Es ist zu ...« – er suchte nach dem passenden Wort – »... zu privat.«
    Alexander nickte verständnisvoll. »Na ja. Wie du willst.«
    Insgeheim hoffte Milan, dass er Alexander von seiner Idee abgebracht hatte, aber er war sich nicht sicher. Nachdem sie im Bootshaus fertig waren, verabschiedeten sie sich und gingen getrennte Wege. Alexander fuhr nach Hause. Milan behauptete, dass er nach Khayelitsha wollte, machte sich aber auf den Weg nach Athlone. Er wollte Herrn Stein vor dem möglichen Besuch von Alexander warnen. Allerdings schien diese Eventualität den Lehrer wenig zu stören.
    »Dann wird er eben sehen, dass ich wirklich krank bin«, folgerte er unbeeindruckt und widmete sich wieder seiner Tageszeitung.
    An diesem Abend nahm Milan einen seltsamen Anruf entgegen. Dorothy war zur gleichen Zeit bei Herrn Stein zu Besuch. Zusammen hatten sie ihm ins Badezimmer geholfen, damit er sich zum ersten Mal duschen konnte. Herr Stein hatte seit dem Überfall im Hotel seine Kleider nicht mehr gewechselt und im Laufe der Woche fing er an zu riechen. Dorothy blieb bei ihrem Patienten im Bad, während Milan das Abendessen in der Küche vorbereitete. Dann klingelte das Telefon.
    Ohne zu zögern, ging Milan ran. Eigentlich hatte er erwartet, dass der Anrufer wieder schweigen würde, sobald er seine Stimme hörte, doch diesmal war es anders.
    »Du bist Milan, nicht wahr?«, fragte der Fremde, dessen kratzige Stimme Milan von einem früheren Anruf wiedererkannte.
    »Ja, das bin

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