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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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dass wir nie wieder etwas vom Apartheid-Killer hören werden.«
    Manche Leute im Publikum applaudierten, als Kruger sich erhob und den Saal verließ. In den Medien wurde er wie ein Held gefeiert. Er gewann die Sympathie vieler Südafrikaner und vereinigte das Land gegen die Gewalt. Die breite Masse kam wieder zur Vernunft. Er hatte ihr klargemacht, wie der wahre Weg nach vorne aussah. Seine Kugel hatte einen Teufel aus der Welt geschafft.
    Erstaunlicherweise schien die einseitige Berichterstattung über Paul Krugers Befreiungsschlag Herrn Stein nicht zu stören. Zumindest erweckte er diesen Eindruck bei Milan. Er war sogar der Meinung, dass es besser war, wenn die Polizei ihn für tot hielt. Außerdem hatte er die Morde nicht begangen, um den Menschen zu gefallen. Er war kein Populist. Er war von seinem Handeln überzeugt und hatte es für sich getan.
    Bei Herrn Stein zu Hause war es meistens sehr ruhig. Nur gelegentlich fuhr ein Auto vorbei. Passanten gab es kaum. Ab und zu hörte man ein Flugzeug oder das Hupen der Autos auf der fernen Hauptstraße. Jeden Nachmittag kümmerte sich Steins älterer Nachbar pünktlich um seinen Garten und von draußen kam das beruhigende Geräusch von plätscherndem Wasser, während er liebevoll die Blumen bewässerte und trockene Blätter abzupfte. Ansonsten herrschte absolute Stille.
    Dennoch klingelte manchmal das Telefon. Wenn Stein dazu in der Lage war, ging er ran. Wenn er schlief oder sich im Badezimmer aufhielt, nahm Milan den Anruf entgegen. Zunächst legten die Anrufer stets auf, sobald sie Milans fremde Stimme hörten. Später lauschten sie, abwartend. Milan hörte das Atmen am anderen Ende der Leitung und war sich nie sicher, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Er versuchte, die anonymen Anrufer zum Sprechen zu bringen, doch sie gingen nie darauf ein.
    Nur einmal traute sich einer der Anrufer, Milan anzusprechen: »Gib mir Stein«, forderte der Mann in barschem Ton, ohne Bitte, Danke oder Auf Wiederhören zu sagen.
    Das Klingeln hatte Stein geweckt. Milan ging zum Sofa und drückte ihm den Hörer in die Hand.
    »Hallo?«, sagte Stein knapp, und für das restliche Gespräch kamen ihm nur wenige Worte über die Lippen. Er grunzte seine Zustimmung, murmelte »alles klar« und »genau«, mehr sagte er nicht. Es war offensichtlich, dass er nicht mit dem Anrufer in Milans Anwesenheit sprechen wollte.
    Jeden Tag holte Milan auch Herrn Steins Post aus dem Briefkasten und brachte sie ins Haus. Mitte der Woche entdeckte er einen Brief, der vom Groote-Schuur-Krankenhaus geschickt wurde. Auf dem Umschlag stand das Wort »dringend«.
    Stein schlief. Milan ging in die Küche und machte den Umschlag auf. Als er den Inhalt las, wurde seine Kehle trocken. Der Brief war kurz und auf den Punkt gebracht:
    Sehr geehrter Herr Stein, seit Ihrer Diagnose am Groote-Schuur-Krankenhaus im letzten Jahr sind Sie zu keinem der vereinbarten Termine erschienen. Darmkrebs streut sehr schnell. Es ist dringend ratsam, sich einer weiteren Behandlung zu unterziehen. Bitte melden Sie sich umgehend bei uns, um neue Termine zu vereinbaren.  
    Mit freundlichen Grüßen  
    Dr. Ismail Bajani  
    Milan traute seinen Augen kaum. Stein war krebskrank. Das hatte er also gemeint, als er sagte, er habe nur wenig Zeit. Das war der Motor hinter seiner Entschlossenheit. Seine Zeit ging allmählich zu Ende. Er hatte nichts mehr zu verlieren.
    Als Stein wieder wach wurde, drückte ihm Milan den Brief in die Hand. »Wenn Sie wieder auf den Beinen sind, sollten Sie unbedingt ins Krankenhaus gehen«, sagte der Schüler entschieden.
    Stein warf nur einen kurzen Blick auf den Brief, dann schaute er aus dem Spalt zwischen den Vorhängen hinaus. Im Nebengarten schnitt sein Nachbar gerade die Hecke zurück.
    »Ich werde nicht zur Weiterbehandlung gehen«, beharrte er. »Ich bin bereit zu sterben.«
    Milan war entsetzt. »Und warum lassen Sie sich dann von mir und Dorothy pflegen?«, rief er wütend. »Das könnten wir uns echt sparen, finden Sie nicht?«
    Stein blieb ruhig. »Ich habe noch etwas zu erledigen, bevor ich gehe.«
    Milan lief im Zimmer auf und ab. »Wenn ich Sie an die Polizei übergebe, kommen Sie automatisch in Behandlung«, fiel ihm eine Lösung ein. »Die Behörden würden Sie nicht einfach im Knast sterben lassen.«
    Stein nickte zustimmend und deutete auf das Telefon. »Bitte schön. Ein Anruf genügt.«
    Milan und Stein starrten sich herausfordernd an. Für Milan stellte die Nachricht aus dem

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