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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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verpassen. Er musste rechtzeitig vor Ort sein. Er probierte es noch einmal an der Kabinentür, doch sie war immer noch verschlossen.
    »Was ist?«, rief es ärgerlich von innen. »Kann man hier nicht mal in Ruhe aufs Klo gehen?«
    »Die Pause ist gleich zu Ende«, sagte Milan, sein Ton war barsch und fordernd. Als ob jemand seine Behauptung bestätigen wollte, kam eine Ansage aus dem großen Saal: Die Zuschauer wurden gebeten, wieder Platz zu nehmen.
    Der letzte Gast am Urinal beeilte sich. Er machte die Hose zu, wusch sich schnell die Hände und verließ die Toilette. Milan klopfte an die Tür.
    »Entschuldigung! Können Sie sich nicht ein bisschen beeilen!« Er schaute auf die Uhr. Nur noch zwei Minuten. »Ich würde ungern die zweite Hälfte verpassen!«
    In der Kabine grunzte der Gast verärgert. Dann hörte Milan die Spülung. Mit einem Stöhnen stand der Toilettengänger auf. Kurz darauf öffnete er die Kabinentür.
    »Unverschämtheit!«, schimpfte er, als er aus der Kabine trat und Milan schief anschaute.
    Milan ging nicht auf seine Beschwerde ein, sondern drängte sich schnell an ihm vorbei. »Entschuldigen Sie!«, sagte er ebenfalls genervt und machte sofort die Tür hinter sich zu.
    Jetzt musste es schnell gehen. Mit flinken Händen zog Milan das kleine Taschenmesser aus dem Versteck in seiner Unterhose und klappte den Schraubenzieher auf. Er holte tief Luft, sammelte sich kurz und sprang auf den Toilettendeckel. Dann fing er an, die beiden Schrauben am Gitter zu bearbeiten. Dabei zitterten seine Finger.
    Trotzdem gelang es Milan, innerhalb kürzester Zeit das Gitter aufzuschrauben. Er streckte die rechte Hand in das Belüftungsrohr hinein und zog die Pistole heraus. Dann sprang er vom Deckel herunter und eilte aus der Toilette.
    Milan hatte gerade die Waffe in seiner Sakkotasche versteckt und seine Position im Flur bezogen, als die Tür zum Hinterzimmer aufging und die Museumsleiterin ihre Ehrengäste hinausführte: die beiden Regierungsminister, die Bürgermeisterin, die berühmten Schauspieler und – am Ende der Reihe – Peter Kriel. Einer nach dem anderen ging an Milan vorbei, um dann hinter dem roten Vorhang in den großen Saal zu verschwinden. Der Kommunikationsminister schaute durch Milan hindurch und ignorierte ihn vollkommen, der zweite Minister blickte den Jungen leicht irritiert an, die Bürgermeisterin nickte ihm höflich zu und ging ebenfalls an ihm vorbei. Als die beiden Schauspieler den Saal betraten, machte Milan einen Schritt nach vorne und stellte sich direkt vor Peter Kriel.
    »Herr Kriel?«, sagte er und bemühte sich, die Angst aus seiner Stimme zu verdrängen. In seiner Sakkotasche entsicherte er die Halbautomatik.
    Kriel blieb stehen und musterte den Jungen mit einem durchdringenden Blick. »Ja?«, fragte er irritiert.
    Der Mörder von Zenis Vater, der Mörder ihres Großvaters, stand jetzt weniger als einen halben Meter von Milan entfernt. Sein Zeigefinger war bereits am Abzug der Waffe. Milan streichelte die stahlkalte Kurve mit der Fingerspitze und wollte die Pistole gerade aus seiner Tasche ziehen, als der pensionierte Polizist einen weiteren Schritt auf ihn zu machte.
    »Kennen wir uns?«, wollte Kriel wissen und reckte sein Kinn nach vorne. Sein Gesicht war so nah an Milans, dass er seine Augenfarbe erkennen konnte.
    Milans Kehle wurde trocken. »N-nein«, stammelte er, kaum in der Lage zu sprechen.
    Kriel kniff die Augen zusammen und ließ seinen Blick über jedes Detail in Milans Gesicht schweifen. »Na dann ...«, sagte er schließlich. Er zog den roten Vorhang zur Seite und betrat den großen Saal.
    Milans Finger zuckte noch einmal am Abzug, sein Blick auf den massigen Rücken des ehemaligen Polizisten gerichtet. Aber es war zu spät. Er schaute dem Mörder hinterher, während er leichtfüßig auf das Podium hinaufsprang und mit einer kurzen Umarmung von der Museumsleiterin begrüßt wurde. Dann fiel der Vorhang wieder zu und Milan blieb allein zurück im Dunkeln. Er ließ die Waffe in seiner Tasche los und drehte sich langsam um.
    Am Ende des Flurs war der Ausgang zu sehen, dahinter das Sicherheitspersonal. Leer und ausgelaugt schleppte sich Milan den Gang entlang. Im Saal stellte die Museumsleiterin den nächsten Redner vor und das Publikum applaudierte höflich. Während der Beifall verklang, machte Milan leise die Tür zur Straße auf. Sobald er um die Ecke gebogen war, fing er an zu rennen.
     
    Milan lief und lief. Er hastete die Kapstädter Straßen entlang, bis

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