Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
eines jener Viertel, dessen Bewohner sich nicht darum scherten, was ihre Nachbarn so trieben. Als Pollock den schmalen Gang zu Apartment 7 entlangging, knirschten mehr als einmal die Scherben von Neopium-Phiolen unter seinen Sohlen. Durch die dünnen Wände drang ein vielstimmiges Konzert aus voll aufgedrehtem Sambapunk mit ultraaggressiven Texten, Gestöhne und Geschrei aus Snuff- und Pornofilmchen, das schrille Wehklagen vernachlässigter Säuglinge und anderen Klängen, die nicht für intakte Sozialstrukturen sprachen.
Vor der nur angelehnten Tür von Apartment 7 zog das Bild von Pollocks Monokel Schlieren, blitzte auf und erlosch. Ein Störsender. Wie schön … Ziehe ich die Prawda gleich, oder warte ich noch fünf Sekunden?
Er stieß die Tür mit dem Fuß auf. Vor ihm lag ein kurzer, dunkler Flur, von dem drei weitere Türen abgingen. Eine stand offen, und jenseits der Schwelle erkannte Pollock schemenhaft die Umrisse eines Kühlschranks.
»Hallo?«, rief er in das Apartment hinein.
Keine Antwort.
Noch könntest du einfach wieder verschwinden, riet ihm eine verführerische Stimme in seinem Kopf.
Er warf einen Blick über die Schulter, um zu sehen, was seine zweite Rückversicherung machte, trat dann in den Flur und zog die Prawda. Ich pfeif auf einen guten ersten Eindruck.
Er tastete mit der freien Hand nach einem Kippschalter, fand einen, drückte ihn, und zu seiner Überraschung spendete eine Lampe an der Decke des Flurs kärgliches Licht. »Hallo?«
Pollock streckte den Kopf durch die Küchentür. Leer. Kein Geschirr in der Spüle. Keine Streuer im Gewürzbord. Der Kühlschrank gluckert nicht.
Er checkte die zweite Tür. Eine Klappcouch mit aufgeschlitzten Polstern war das einzige Möbelstück in dem vielleicht vier auf vier Metern großem Zimmer. An der grauen Wand hatte ein nicht mehr vorhandener Cube ein helleres Rechteck hinterlassen, auf dem Boden stapelten sich Kartons diverser Fastfood-Lieferketten.
Blieb noch die dritte Tür. Kann nur das Klo sein …
Es war das Klo, komplett mit einer winzigen Nasszelle, aus deren Abfluss es aufdringlich nach Schimmel stank. Na toll, das ist keine Falle … das ist einfach nichts . Pollock wollte sich schon wieder aus dem Bad zurückziehen, da glaubte er, ein Geräusch zu hören. Ein Scharren wie von etwas Schwerem, das über eine raue Oberfläche glitt. Was ist das? Da war es wieder. Es kam von der gekachelten Wand in der Ecke mit der Dusche.
Pollock streckte den Kopf vor, um die Fugen besser in Augenschein zu nehmen. Wenn ihn nicht alles täuschte, war da ein langer, feiner Spalt, der sich in einer der Fugenleisten praktisch die ganze Wand hinunterzog. Ist das eine Tür? Er war auf Gangterritorium, und es war nicht ganz auszuschließen, dass es in diesem Apartment möglicherweise ein Versteck für Drogen, Waffen oder irgendeine andere illegale Ware gab, mit der man hier Handel trieb. Er hob die Hand, weil er gegen die verdächtige Wand klopfen wollte, um zu überprüfen, ob es dahinter hohl klang.
Seine Knöchel berührten die Fliesen nie. Stattdessen barsten sie krachend auseinander, und inmitten eines Wirbels aus Splittern schoss eine gewaltige, schwarze Faust auf sein Gesicht zu. Scheiße! Sein Kopf zuckte instinktiv zur Seite, doch er entging dem Treffer nicht ganz. Er wurde zwischen Hals und Schulter erwischt, und sein Schlüsselbein knackte laut: Wenn sein Mantel nicht gewesen wäre, wäre es zersplittert wie morsches Holz. Hinter dem Schlag steckte mehr als ausreichend Kraft, um Pollock aus dem Bad hinaus auf den Flur zu schleudern. Er krachte gegen eine Wand, sackte daran herunter, schrie auf, und sein Hinterkopf fühlte sich mit einem Mal ganz nass an. Winzige, weiße Würmchen aus Licht krümmten sich am Rand seines Gesichtsfelds. Eine massige Gestalt stampfte mit donnernden Schritten aus dem Bad auf ihn zu. Fliesenreste rieselten ihr von der Brust und dem sonderbar deformierten Schädel, der nach vorne zu einer spitzen Schnauze zulief, aus der ein noch viel spitzeres Horn aufragte. Pollock riss die Prawda hoch und schoss mehr oder weniger blind auf den Angreifer. Mündungsfeuer blitzte, und der Pistolengriff schien sich zwischen seinen Fingern herauswinden zu wollen. Pollock drückte noch einmal ab, und noch einmal, aber der Ansturm war nicht aufzuhalten. Er rollte sich unter einem wütenden Tritt gegen sein Gesicht hindurch. Der Fuß drang bis zum Knöchel in die Wand hinter ihm ein, und Pollock hatte sich einige kostbare
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