Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
häufig nachsagt. Ich verlasse mich auf meinen Instinkt.«
10
28.09.3042 A.D., 00:02
System: Sol
Planet: Erde
Ort: Lantis Island, Angestelltenapartment 4 3/ 772-LUX
Die Platte des Stahltischs war eiskalt, die Fixierbänder aus Plastik um ihre Stirn, Schultern, Handgelenke, Hüften, Knie und Fesseln straff festgezurrt.
Pollock, wegen der gleißenden Lampe über seinem Kopf kaum mehr als ein Schattenriss, tätschelte ihr mit der linken Hand die Wange. Der MedGlove an seiner Rechten war eine Klaue aus Skalpellen, Bohrern und Injektionsnadeln. »Das wird jetzt ein kleines bisschen wehtun, fürchte ich.«
Sie wimmerte.
»Sch, sch«, machte es neben ihrem Ohr. Speichel sprühte auf ihre Haut. Sie drehte die Augen ganz zur Seite und erhaschte einen tränenverschwommenen Blick auf die nackte Kreatur, die sie zu beruhigen versuchte. Schartige, vorspringende Zähne von der Farbe eines Zigarettenfilters ragten aus einem Mund mit schmalen, spröden Lippen. Weißblinde Augen fixierten sie fürsorglich. »Beißen Sie lieber hier drauf, wenn sie nicht schreien wollen.«
Eine Klinge schob sich in ihr Sichtfeld. Geschwärzte Keramik, das untere Drittel im Wellenschliff. Sie kannte dieses Messer. Piotr hatte es ihr geschenkt, auf Kinshasa, keine vier Stunden, ehe ihm ein Feuerstoß aus einem Flammenwerfer das hübsche Gesicht zu einer verbrannten Landschaft aus nässenden Rissen verschandelt hatte.
»Machen Sie es sich doch nicht so schwer«, riet ihr Pollock. »Es gibt keinen Grund, die Heldin zu spielen.«
Schluchzend biss sie auf die Klinge, deren Kühle sich sofort in ihre Zähne auszubreiten begann.
»So ist es gut«, lobte sie das nackte Monster.
Als sie das Sirren einer winzigen Kreissäge am MedGlove hörte, schloss sie die Augen.
Pollock hatte nicht gelogen. Es tat weh, aber nur ein bisschen – so wie man als Kind so lange an einem Milchzahn wackelte, bis er schließlich fast von allein ausfiel. Selbst als sie ihr Blut an sich herabrinnen fühlte, war es nur eine willkommene Wärme in all der Kälte. Sogar, als sich Finger in den klaffenden Schnitt in ihrer Brust schoben, um mit einem Knirschen und einem Ruck die Rippen zu spreizen, wurde der Schmerz nicht schlimmer. Trotzdem biss sie immer fester zu.
Eine Hand tauchte ganz in sie ein, glitschend und schmatzend.
»Hast du es?«, nuschelte das Monster ungeduldig.
»Gleich … gleich«, keuchte Pollock, und sein heißer Atem wehte in abgehackten Stößen in ihr Innerstes.
Seine Finger umfassten etwas Hartes, das in ihrer Brust verborgen und mit ihr verwachsen war.
»Da … ja … da …«, stöhnte Pollock.
Das Monster keckerte und kicherte.
Pollock zerrte das Harte aus ihr hervor, die entstandene Lücke füllte sich mit leerem Druck, und einer ihrer Zähne zersplitterte an der Klinge des Messers. Spitze Bröckchen rieselten ihr auf die Zunge, und sie schluckte und schluckte und schluckte. Sie wollte den Kopf hochreißen, doch das straffe Plastikband um ihre Stirn ließ es nicht zu.
»Was ist es?«, fragte das Monster.
Würgend öffnete sie die Augen.
Auf Pollocks Handfläche ruhte ein kunstvoll geschliffener Edelstein, blutverschmiert und blauschwarz.
»Es ist ihr kleines Geheimnis«, sagte Pollock und wischte sich wie nach einer schweren körperlichen Anstrengung mit dem rechten Unterarm den Schweiß von der Stirn. »Es ist das, was nie jemand hätte wissen sollen.«
Sie gab das Messer zwischen ihren Kiefern frei, stieß die Zunge gegen den stumpfen Rücken der Klinge. Seitlich rutschte die Waffe von ihrem Gesicht herunter, landete leise scheppernd auf der stählernen Tischplatte. »Nein«, bettelte sie. »Nein. Nicht.«
»Es ist vorbei.« Das Monster wischte ihr mit einer Kralle eine Träne aus dem Augenwinkel. »Es endet, wie es enden muss.«
Sie ballte die Fäuste, grub die Nägel in ihr eigenes taubes Fleisch. »Nein …«
Pollock rieb den Edelstein am Revers seines Mantels sauber, um ihn sich danach vor sein Monokel zu halten. »Oh, eine Gravur«, hauchte er beinahe ergriffen. »Für Natasha«, las er.
»Nein!«, kreischte sie und wand sich in ihren erbarmungslosen Fesseln. »Nein! Nein!« Als könnte sie die Wahrheit aus der Welt schreien.
»Wer ist Natasha?«, fragte das Monster interessiert.
»Sie ist tot!«, heulte sie. »Tot! Tot! Tot! Wie Piotr! Und Maleek! Und Boom-Boom! Tot!«
Ein dritter Schatten fiel auf sie. Jemand näherte sich ihr geräuschlos von hinten. Lantis beugte sich über sie, die hohe Stirn in tiefe Falten gelegt,
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