Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
Reverend. »Ich persönlich habe noch nie zuvor von diesem Drachma gehört.«
»Aber du hast mir gerade erzählt, er wäre in diesem Hotel«, erinnerte ihn Mallory gereizt.
»Du hast erklärt, du würdest dich meiner Brigade der Wiedergeborenen anschließen, wenn ich dir sage, wo du ihn finden kannst. Du hast nie gesagt, dass meine Angabe richtig sein müsste.«
»Verschwinde!«
»He, wir haben eine Abmachung!«, protestierte Lazarus.
»Ich habe nie gesagt, dass deine Angabe stimmen muss. Du hast mir keinerlei Frist gesetzt. Ich trete euch in dreiundachtzig Jahren bei.«
»Ich nehme dich beim Wort«, versprach Lazarus und zog los, um weiter nach frischem Blut zu suchen. Oder vielmehr, dachte Mallory, nach außergewöhnlich altem, müdem Blut.
Mallory zog seine Kreise durch den Ballsaal und gab sich dabei als Anwalt mit einer Erbschaft für Vlad Drachma aus, aber niemand kannte den fraglichen Vampir, oder zumindest war niemand willens einzugestehen, dass er ihn kannte. Der Detektiv hatte fast zwanzig Minuten damit zugebracht, als die Musik verstummte und Dritte Chance Louie erneut auf die Bühne trat, ein Mikrofon in der Hand.
»Danke, Charlie«, sagte er. »Das war genau das, was der Rechtsmediziner verordnet hat. Liebe Gäste, erheben wir die Hände zum Applaus für Charlie und seine Dead Enders!«
Die meisten Festgäste applaudierten höflich. Drei von ihnen warfen abgetrennte Hände auf die Band, die sich verneigte und von der Bühne ging.
»Das war erst der Anfang, Freunde. In wenigen Minuten erscheint hier, direkt aus Bukarest kommend, die heißeste Band des europäischen Kontinents, Igor und die Grabräuber.« Weiterer Applaus stieg auf. »Aber zuvor, direkt von seinem Rekordauftritt im Shady Glen Memorial Home, möchte ich Morty Pickman ankündigen, den witzigsten Komiker, der je gehängt wurde!«
Ein pummeliger Zombie trat auf die Bühne. Er trug noch die Reste eines Stricks um den Hals und einen Smoking, der ein wenig zu eng und ein wenig zu alt war. Er nahm das Mikrofon von Louie entgegen.
»Guten Abend, und danke für die Vorstellung, Louie«, sagte er. »Früher war ich der witzigste Komiker, der nicht gehängt worden war, bis sie mich mit der Hand in der Geldkassette erwischten ... Na ja, im Grunde war es nicht meine Hand, und ihr voller Name lautete Kassandra.«
Er wartete darauf, dass das Publikum lachte. Als das nicht geschah, bat er Louie mit einem Wink zurück auf die Bühne, übergab ihm das Mikro und stolzierte davon.
»Ah ... Igor und die Grabräuber gönnen sich gerade draußen auf dem Friedhof noch eine kleine Erfrischung«, sagte Louie, »also ist jetzt wohl der passende Augenblick für unseren Vierten Alljährlichen Wettbewerb der Doppelgänger Lee Harvey Oswalds gekommen. Würden die Kandidaten bitte hier heraufkommen?«
Fünf Dinger schlurften herbei und bauten sich, dem Publikum zugewandt, direkt nebeneinander auf.
»Aber das sind alles vermodernde Leichen!«, vernahm Mallory eine Stimme, die er als die Nathans erkannte.
»Hast du Lee in jüngster Zeit mal gesehen?«, lautete Louies Entgegnung.
Mallory entschied, dass er genug von diesem Wettbewerb gesehen hatte, und ging hinaus in die Eingangshalle, gefolgt von Felina. Kaum war er dort eingetroffen, da sah er eine entzückende dunkelhaarige Frau in schwarzem Abendkleid weinend in einem Sessel sitzen. Sie kam ihm ganz normal vor, die erste normale Person, die er in diesem Hotel bislang zu Gesicht bekommen hatte, und er ging zu ihr hinüber.
»Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Sie weinen«, sagte er. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Daran zweifle ich«, antwortete sie mit etwas, was er als russischen Akzent auffasste, und die Tränen flossen ihr weiter über die Wangen.
»Vielleicht kann ich es ja versuchen, wenn Sie mir erklären, was passiert ist.«
»Es würde nicht helfen«, wandte sie ein. »Nichts hilft.«
»Warum erzählen Sie es mir nicht trotzdem?«
»Ich bin Natasha und komme aus Russland.«
»Das dachte ich mir.«
»Sie dachten sich meinen Namen?«
»Ich dachte mir, dass Sie Russin sind.«
»Die Tränen«, sagte sie wissend. »Alle Russen sind morbide. Ich möchte einfach nur noch sterben.« Sie tupfte sich einige Tränen mit einem schwarzen Taschentuch ab. »Ich nehme Gift. Ich erschieße mich. Ich springe von Häusern. Ich laufe mitten in den Straßenverkehr. Nichts klappt! Mir bleibt nichts anderes übrig, als Dritte Chance Louie und Igor und den Grabräubern und den anderen hier nachzulaufen und
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