Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
vielleicht finden kann.«
»Glauben Sie mir, Sie möchten ihn gar nicht finden«, sagte der junge Mann ernst.
»Wieso nicht?«
»Er ist furchterregend«, sagte Rupert. »Wie hoch ist die Chance, dass er sich unter all den Menschen in New York ausgerechnet Tante Winnifred aussucht? Sie werden viel länger leben, wenn Sie ihm nie begegnen.«
»Und was, wenn er sich dich erneut vornimmt?«, fragte Mallory.
Ruperts Augen wurden groß vor Schreck. »Warum sollte er?«
»Vielleicht mag er deinen Geschmack. Vielleicht muss er dich noch ein paarmal beißen, um dich in einen Vampirgefährten oder auf ewig in seinen Diener zu verwandeln. Vielleicht ist er ein schwuler Vampir und findet dich hübsch. Man könnte ein halbes Dutzend Bücher mit all dem füllen, was ich nicht über Vampire weiß. Ich denke, dass sogar verdammt viele Romanzenschreiber in meinem Manhattan das bereits getan haben.«
»Denken Sie wirklich, dass er mir auf den Fersen sein könnte?«
»Ich denke, es wäre möglich.«
Die Hand des jungen Mannes zuckte vor und packte Mallory am Ärmel. »Dann nehme ich alles zurück. Sie müssen ihn erwischen!«
»Als Erstes muss ich dich von der Bildfläche verschwinden lassen«, sagte Mallory, während sie sich der Blutbank näherten. »Dann sehe ich erneut nach Winnifred, um sicherzugehen, dass sie okay ist, und dann zerbrechen wir uns den Kopf über Aristoteles Draconis.«
»Aber ...«
»In dieser Reihenfolge!«, betonte Mallory und schritt schneller aus. Rupert betrachtete ihn kurz, bemerkte dann, dass er allein stehen geblieben war, und lief los, um den Detektiv wieder einzuholen.
Eine Minute später hatten sie die Blutbank erreicht. Mallory trat an den Empfangsschalter.
»Verzeihen Sie«, sagte er, um eine Schwester auf sich aufmerksam zu machen.
»Das hängt ganz davon ab, was Sie angestellt haben«, antwortete die Schwester.
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Mallory verwirrt, »aber ich weiß nicht recht, wovon Sie reden.«
»Davon, Ihnen zu verzeihen«, erklärte die Schwester. »Wir können einen hohen Alkoholpegel und schlechte Cholesterinwerte verzeihen, aber wir können kein Blut akzeptieren, das infiziert ist mit Masern, Mumps, Mandelentzündung, Hexenschuss, Rheumatismus, Arthritis, Tennisarm, Zahnfleischentzündung, Plattfüßen, Sodbrennen ...«
»Stopp!«, verlangte Mallory, ehe sie dreißig weitere Ausschlusskriterien herunterrasseln konnte. »Wir sind nicht hier, um Blut zu spenden.«
»An Feiertagen kaufen wir keines«, setzte sie ihm streng auseinander.
»Sie missverstehen mich. Wir sind hier, um Blut oder zumindest Blutplasma für den jungen Mann zu kaufen.«
»Welche Gruppe?«
»Das ist egal.«
»Wir müssen die Blutgruppe kennen, ehe wir es injizieren können«, beharrte die Schwester.
»Er möchte es nicht injizieren«, sagte Mallory. »Er möchte es trinken.«
Die Krankenschwester starrte den blassen jungen Mann an. »Ah ja«, sagte sie. »Jetzt erkenne ich es: die Blässe, die geweiteten Pupillen, die Andeutung verlängerter Eckzähne und natürlich die fehlenden Haare auf den Handrücken.«
»Sollten dort welche sein?«
»Nur wenn er von einem Werwolf gebissen wurde«, erklärte die Schwester, »in welchem Fall Sie besser beraten wären, eine Metzgerei aufzusuchen anstelle einer Blutbank.«
»Da wir das jetzt geklärt haben, wie wäre es mit, oh, keine Ahnung, einer halben Gallone Blut?«
»Das kommt nicht in Frage«, sagte die Schwester. »So viel können wir nicht erübrigen.«
»Wir sind bereit, dafür zu zahlen – vorläufig«, sagte Mallory vielsagend. »Ich kann nicht für später sprechen, wenn er erst mal verzweifelt ist.«
Sie starrte Rupert an, der inzwischen wieder sabberte. »Er sieht jetzt schon recht verzweifelt aus.«
»Ich weiß nicht, ob ich ihn im Griff behalte«, sagte Mallory.
Sie holte ein Kreuz und eine Kette Knoblauch aus einer versteckten Schublade unter dem Tresen. »Kein Grund zur Sorge«, beruhigte sie den Detektiv. » Wir können ihn im Griff behalten.«
Rupert hielt die Hände vors Gesicht. »Nehmen Sie das weg!«, schrie er.
Sie legte Knoblauch und Kreuz in die Schublade zurück. »Was sagten Sie noch gerade?«, fragte sie freundlich lächelnd.
»Nichts«, antwortete Mallory. »Komm schon, Junge – wir müssen es anderswo finden.«
»Warten Sie mal«, sagte die Schwester.
»Ja?«
»Es geht wirklich nicht an, dass Ihr junger Freund Fremde auf der Straße anfällt. Er könnte an den Falschen geraten und ernsthaft
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