Juwel meines Herzens
habt.«
Wayland nickte und deutete auf die Strickleiter. »Wenn du dich nützlich machen willst, dann solltest du dich jetzt beeilen.«
Jewels Blick folgte seiner Geste. »Was genau soll ich tun?«
Wayland zuckte mit den Schultern. »Woher, zur Hölle, soll ich das schon wissen? Ich hab dich hierhergebracht, den Rest musst du dir schon selber überlegen.«
Jewel stand auf und stürzte beinah, als das Boot ins Wanken geriet. Dann erlangte sie das Gleichgewicht wieder, griff zur ersten Sprosse und schwang sich aus dem Boot. »Ich glaube, Nolan braucht mich jetzt.«
»Das sage ich doch schon die ganze Zeit.« Wayland legte seine Hand an ihren Hintern und schob Jewel in die Höhe. »Hoffe nur, dass du mit dem Schwert da auch umgehen kannst.«
Jewel nickte und erklomm dann die weiteren Sprossen. Der Gedanke, ihr Schwert in einem echten Kampf einzusetzen, machte ihr mit einem Mal Angst. Obwohl sie oft mit Harvey geübt hatte, bis ihr Arm und Schulter schmerzten, ließ sie die Aussicht darauf, einem leibhaftigen bewaffneten Gegner gegenüberzutreten, ihre Schritte langsamer setzen. Die Furcht raubte ihr die Kraft. Sollte Nolans Plan aufgehen, musste sie ihr Können immerhin nicht an einem ausgebildeten Soldaten beweisen, aber dann würde er auch ihre Hilfe nicht benötigen. Sie konnte es nicht begründen, aber sie hatte das Gefühl, dass allein ihre Anwesenheit alles verändern würde. Schließlich konzentrierte sie sich nur noch auf die Tatsache, dass Nolan an Deck des Schiffes allein war und kletterte schnell hinauf.
Sie schwang sich über die Reling, huschte lautlos über die Bohlen, kauerte sich hin und wartete. Über das Wasser hinweg konnte sie das Gelächter und den Jubel von der Crew der
Neptune
hören, die an dem Streit von Tyrell und seinen Männern offensichtlich Gefallen fanden.
Jewel duckte sich in einen Schatten, während sie die Wachen im Auge behielt. Würde sie Nolan folgen, dann bliebe die Strickleiter unbewacht. Zudem kannte sie sich auf dem Schiff nicht aus. Plötzlich kamen ihr an ihrem Handeln Zweifel.
Was konnte sie Nolan schon nützen, wenn sie sich versteckte?
Ihre Unentschlossenheit fand ein jähes Ende, als sie eine Reihe von Silhouetten bemerkte, die in ihre Richtung krochen. Sie drückte sich noch tiefer in ihr Versteck. Bevor sie auch nur irgendetwas tun konnte, um zu helfen, fasste Nolan, gefolgt von zehn Männern, auch schon nach der Strickleiter und machte ihnen Zeichen, hinabzuklettern. Ohne die Wachen aus dem Auge zu lassen, überprüfte er immer wieder, wie weit die soeben befreiten Mitglieder seiner Crew das Schiff schon verlassen hatten.
Jewel wurde klar, dass er toben würde, wenn sie sich zu erkennen gab. Sie hatte ihn nicht unterstützen können und war stattdessen nur eine Person mehr, die die Leiter hinabklettern musste, bevor sie endlich fliehen konnten.
»Hey, da! Wer ist da?«, rief plötzlich eine Stimme aus der Dunkelheit.
Der letzte der flüchtigen Seemänner hielt auf der obersten Sprosse der Leiter inne. Es war Nolan. Schnell wandte er seinen Kopf, um nicht erkannt zu werden.
»Ihr seid einer der neuen Männer, nicht wahr?«, fuhr die unbekannte Stimme fort. »Tut mir leid, mein Freund, aber Ihr wisst bestimmt, dass neu rekrutierte Männer nicht an Land dürfen. Oder wolltet Ihr etwa springen?«
Nolan warf noch einen Blick über die Reling und – offenbar zufrieden, weil der letzte Mann das wartende Boot erreicht hatte – löste dann die Strickleiter, die seitlich ins Meer hineinfiel. Jewel hielt den Atem an. Wie, zur Hölle, sollte sie je wieder von diesem Schiff entkommen?
»Denke nicht im Traum daran zu springen. Kann ja auch gar nicht schwimmen. Bin eine Landratte«, antwortete Nolan.
Jewel wunderte sich, warum er nicht wie geplant in die Rolle des Offiziers schlüpfte und der Wache befahl zu verschwinden. Sie unterdrückte ihre aufsteigende Panik und vertraute darauf, dass er wusste, was er tat.
Die Wache trat näher zu Nolan. »Ja, das sagen sie alle. Es ist wirklich ein langer Weg bis nach unten.« Er beugte sich über die Reling und sah hinab.
Noch ehe er weitersprechen konnte, zog ihm Nolan den Griff einer Pistole über den Kopf, fing den stürzenden Wachmann auf und legte ihn lautlos aufs Deck. Dabei fand er sich plötzlich Jewel gegenüber.
»Verdammte Hölle«, brummte er tief und verärgert und griff dann nach ihrem Arm. Sie fühlte sich gefangen wie in einem Schraubstock.
Erst ein Schrei von der anderen Seite des Decks zwang ihn, sie
Weitere Kostenlose Bücher