K. oder Die verschwundene Tochter - Roman
Affentheater, und schick sie per Post an die Adresse, die Mineirinho dir gleich geben wird. Mach ein Paket und schick es per Luftpost, nein, keine schriftliche Nachricht. Nur die Adresse und den Absender. Den Absender schreibst du mit der Hand, versuch, es wie die Handschrift einer Frau aussehen zu lassen. Mineirinho, gib mal die Adresse des Alten und den vollständigen Namen der subversiven Tante an Rocha durch. Bald wird dieser Alte wieder im Karree springen. Dieser Plagegeist. Wenn die Instruktionen nicht wären, den Laden dicht zu machen, würde ich dafür sorgen, dass einer dieser Alten dran glauben muss, nur damit die anderen aufhören zu nerven. Entweder würde ich ihn kalt machen oder diese Zuzu, diese läufige Hündin, die auch die Fäden in der Hand hält – in den Staaten.
VI
Mineirinho, das Paket, das Rocha in Lissabon aufgegeben hat, ist angekommen. Lima hat es bei der Post gecheckt. Inzwischen weiß der Alte sicher schon nicht mehr, was oben und was unten ist. Jetzt landen wir den letzten Coup. Ruf mal unsern Mann in Bom Retiro an, den von der Galerie, und sag ihm, die Tante würde morgen aus Portugal mit einem TAP-Flug in Guarulhos landen. Lima hat schon nachgesehen, es gibt morgen einen Flug der TAP. Damit wir den Alten endlich weichkriegen. Langsam kommt mir die Wut hoch bei diesem dreckigen Juden. Der Alte kann uns noch das Leben schwer machen. Lass ihn zum Flughafen fahren, warten, bis alle Fluggäste draußen sind, einer nach dem anderen, schön langsam, und von seiner Tochter nicht die Spur. Wir müssen ihn hetzen, bis er müde wird, bis er nicht mehr kann, bis er einen Herzinfarkt bekommt, dieser Aufwiegler.
VII
Es gibt wieder Anweisungen von der Oberliga, Mineirinho. Es sieht nicht gut aus, es mischen immer mehr Leute mit, sie machen Druck. Außerdem ist der Bericht von Lima über das Treffen der Familienangehörigen mit dem Erzbischof alles andere als positiv. Jetzt geht’s nicht mehr nur um den Alten, um Zuzu und noch’n paar andere, jetzt geht’s um Politik. Es ist eine Bewegung entstanden. Und diese Schwachköpfe da oben reden von politischer Öffnung. Ist das die Zeit, um von Öffnung zu reden? Man muss den richtigen Moment abpassen, Mann. Wir sind noch nicht ganz fertig mit unserer Arbeit.
Wir müssen das Ganze anders herum aufziehen, Mineirinho. Der Feind, das sind jetzt die Familien der Terroristen. Wir müssen unsere Gehirnzellen etwas mehr anstrengen, Mineirinho. Wir müssen diese Angehörigen über die Psychologie drankriegen.
Folgendes: Mineirinho, ruf mal einen von diesen Arschgeigen aus dem Komittee der Familienangehörigen an, egal wen, irgendeinen von der Liste, die Lima gemacht hat. Ruf an und sag, einige von den verschwundenen Frauen seien als geistesgestört in die Psychiatrische Anstalt Juqueri eingewiesen worden. Sag, diese Chemiedozentin sei eine davon, aber dass es auch andere gibt, deren Namen du nicht kennst. Sag, du bist als diensthabender Arzt in der Anstalt gewesen und leg auf. Gib ihnen keine Chance, noch etwas zu fragen. Hast du verstanden, Mineirinho?
VIII
Mineirinho, nur nicht die Geduld verlieren, ich wusste es. Es hat eine Woche gedauert, aber es hat funktioniert. Ich wusste, dass sie anbeißen und dass der Alte sich bald auf die Socken machen würde. Er ist allein nach Franco da Rocha gefahren, ohne viel Aufhebens, klopft einfach an die Tür der Anstalt und sagt, er will seine Tochter sehen. Ach, es sind noch zwei andere mitgefahren? Siehst du, sie treten also schon als Gruppe auf. Das war abzusehen. Sind wahrscheinlich alle auf hundertachtzig und versuchen herauszufinden, wie man Zugang zu der Anstalt bekommt, einen Arzt findet, einen Beamten der forensischen Psychiatrie. Jetzt lassen wir die Sache eine Zeitlang auf sich beruhen. Bis sie irgendwann aufgeben.
IX
Die Geschichte mit der Psychiatrischen Anstalt Juqueri ist schon zwei Monate her. Der Lima sagt, da tut sich nichts mehr. Die Anstalt haben sie abgehakt. Er sagt, jetzt schnüffeln sie beim Institut für Rechtsmedizin herum. Der Alte hat mit den anderen zusammen dem Institut für Rechtsmedizin einen Besuch abgestattet. Sie werden dort nichts finden, aber das mit der Rechtsmedizin ist immer so ’ne Sache, gefährlich, zu nahe an anderen Maßnahmen dran, nicht wahr? Ich weiß nicht, Mineirinho, ich denke, wir müssen immer ganz vorne sein, wir könnten unsere Leute im Ausland stärker aktivieren. Lurdes, zum Beispiel, die in Ottawa, die ist schwer in Ordnung. Sag ihr, sie soll den Alten
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