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K. oder Die verschwundene Tochter - Roman

K. oder Die verschwundene Tochter - Roman

Titel: K. oder Die verschwundene Tochter - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Transit
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anrufen und ihm erzählen, dass sie seine Tochter dort gesehen hat. Sie soll sich eine Story ausdenken. Sich als brasilianische Touristin ausgeben, sagen, sie sei in einem Café gewesen und eine blonde junge Brasilianerin hätte gehört, dass sie portugiesisch sprach und sich vorgestellt und ihr die Nummer des Vaters gegeben. Dass sie nicht gewartet hat, bis sie wieder zurück in Brasilien ist, sondern direkt von dort anruft, aus Sympathie – ja, genau. Diese Lurdes ist absolut okay, sie übernimmt das sicher gern.
    X
    Mineirinho, wir machen da etwas falsch. Diese Hurensöhne geben nicht auf. Ob du’s glaubst oder nicht, Mineirinho, der Alte hat es geschafft, den Kissinger einzuspannen. Scheiße, Mineirinho, weißt du, wer Kissinger ist? Er ist der Typ, der den ganzen Plan ausgeheckt hat. Dieser Amerikaner, helles Köpfchen. Nur dass die Situation sich dort geändert hat. Sie hat sich dort geändert und hier auch. Diese verdammte Öffnung. Weißt du, was an der Sache falsch ist, Mineirinho? Falsch ist, dass wir die Hoffnung der Arschgeigen verlängern mit diesen Geschichten, sie seien in der Anstalt Juqueri, sie seien im Ausland. Sie wissen ganz genau, dass das Vernebelungstaktik ist, aber sie wollen es nicht wahrhaben. Und wir helfen ihnen dabei. Wir müssen den Spieß umdrehen: Wir können sie alle genauso fertig machen, sie genauso demoralisieren oder sogar noch stärker, wenn wir das Gerücht in Umlauf setzen, dass die Leichen verscharrt wurden und zwar immer an einem anderen Ort. Der Versuch, jemanden zu retten, der vielleicht noch lebt, ist eine Sache, aber nach einer Leiche zu suchen, nur um sie feierlich zu begraben, ist etwas anderes. Gib’s zu, Mineirinho, ich bin verdammt gut, ha? Nicht mal Falcão ist darauf gekommen.
    XI
    Jawohl, Mineirinho, so machen wir das, wir streuen, die Leichen wären da oder dort. Die Gerüchte breiten sich aus. Wir setzen eins in Umlauf, warten ab, zwei Monate oder drei, dann folgt das nächste. Wir machen sie fertig. Dieser Onkel von dir, der in Ibiúna bei dem großen Churrasco-Essen war, arbeitet der eigentlich noch als Immobilienmakler? Mineirinho, sag ihm, er soll aus der Liste der Bauernhäuser da, die zu verkaufen sind, eins raussuchen, groß und mit einer hohen Mauer drumherum. Am besten leerstehend. Du lässt dir die Lage beschreiben und gibst das an die Familienangehörigen weiter, genau wie im Fall der Irrenanstalt Juqueri. Nur, dass es jetzt um die Toten geht, die Kadaver. Du gibst nur einen Hinweis, nicht die vollständige Adresse, lass sie doch selber denken, sie haben den Ort gefunden.
    XII
    Mineirinho, komm, setz dich. An der Sache ist etwas faul. Das gefällt mir gar nicht. Weißt du, wer mich besucht hat? Der Typ von der CIA, Mineirinho, dieser Robert, höchstpersönlich. Dieser alte Mistkerl hat es geschafft, in den Staaten einen von der CIA auf seine Seite zu bringen. Der Robert hat gesagt, es sei Befehl aus Washington gekommen, die Tochter und ihren Mann ausfindig zu machen. Ein Befehl aus den Staaten, Mineirinho. Also, entweder führt dieser Alte mit seinem Scheißlädchen in Tucuruvi uns alle an der Nase herum oder, keine Ahnung, er hat irgendeinen Verwandten in den Staaten, der ein hohes Tier ist. Bloß gut, dass der Robert mir Bescheid gesagt hat. Mineirinho, er hat uns einen Deal vorgeschlagen: Wir lassen die junge Frau und den Ehemann frei, und sie löschen unsere Namen auf allen Dokumenten, die sie in der Hand haben. Du weißt doch, wie es dort läuft, Mineirinho, oder? Früher oder später gelangen diese Dokumente an die Presse, und wir sind geliefert. Robert hat gesagt, dass der Hase jetzt ganz anders läuft. Dass es jetzt an der Zeit ist, die Archive zu bereinigen, die Beweise zu vernichten. Als ob ich das nicht längst wüsste. Die junge Frau freilassen, was hat der Kerl denn im Kopf? Selbst wenn die zwei noch am Leben wären, wie könnte ich sie da freilassen, nach all dem, was passiert ist? Wir sollten doch die Beweise vernichten, oder? Und genau daran haben wir uns gehalten. Schon längst, bevor die Rede davon war. Sag die Wahrheit, Mineirinho, im Vergleich zu mir haben diese Gringos doch nur Hühnerscheiße im Kopf, nichts als Amateure.

    Der Grabstein
    »Was du verlangst, ist absurd, einen Grabstein setzen, ohne dass es einen Leichnam gibt …«
    Der Rabbi verleiht seinen Worten Nachdruck. K. hat ihn ausgewählt, weil er zu der modernen Garde gehört. Wer weiß, da er keiner der Orthodoxen ist, wird er vielleicht das Aufstellen eines

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