Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
untergehenden Sonnen in eine flammende Korona aus warmem Licht gehüllt. Sein Körper aus Metall wirkte wie aus Gold, als er die großen Hände mit den langen Klauen zum Himmel richtete. Er sprach leise und schnell, während er sich schwebend in die Luft erhob und langsam im Kreis drehte.
Was Kukulkan flüsterte, ergab keinen Sinn für Thanasis, doch er erkannte, dass er Kontakt zu seinen Maschinen aufnahm, mit ihnen kommunizierte, wie es nur ein Wesen wie er vermochte.
Eine Weile drehte sich der golden schimmernde Körper des Sidaji-Gottes mit ausgestreckten Armen langsam und immer höher schwebend um sich selbst, dann hielt er plötzlich inne. Unvermittelt sah Thanasis einen Regenbogen vor seinen Augen entstehen, der sich zu einem Bild formte, das aus einem der fernen Augen Kukulkans stammen musste. Der Anblick ähnelte demjenigen, den er vom Flug auf dem Rücken der Kraindrachen kannte.
Das Auge Kukulkans raste über die Wasseroberfläche eines weiten Meeres, keine Küste war in Sicht und die Wogen waren mächtig genug, um zu vermuten, dass sich die Tiefenreiche Disdahals direkt unterhalb ihrer schaumigen Kronen befanden. Jetzt kam eine Insel in Sicht, an deren steiler Küste die Brecher aufspritzten und weit in den Himmel geworfen wurden. Das kleine Eiland war länglich und gerade geformt, aber fast wie der Rumpf eines Bootes, lief es an seinen beiden Enden spitz zu. Dort, wo sein ‚Bug‘ war, formte sich eine gewaltige Welle, die von der Masse des ruhig gleitenden Inselreichs aufgeworfen wurde.
Vollkommen unvermittelt blitzte das Bild auf, zeigte einen Moment die Wasseroberfläche und war gleich darauf verschwunden.
»Was ist passiert?«
»Unsere Neugier blieb nicht unbeobachtet. Jemand auf der Insel oder im Meer hat mein fliegendes Auge zerstört.«
»Was jetzt?«
»Ich habe die Position der Treibenden Insel in Erfahrung gebracht. Ich werde uns hinführen.«
»Folge ihm in die Lüfte - die Hand der Macht gewährt dir die notwenige Energie.«
Thanasis blinzelte überrascht. Er hatte Charnas und Sarinacas Flugfähigkeit für unerreichbar gehalten. Es war faszinierend, über diese neuen Kräfte zu verfügen und mit einem breiten Grinsen ließ er sich in die Höhe schweben.
»Ich folge Euch, Kukulkan!«
Der Gott der Sidaji nickte, schoss dann voran. Thanasis folgte ihm sogleich und jagte dem Titanen hinterher. Unter ihnen zog die Landschaft rascher vorbei, als er je für möglich gehalten hätte. Kein Kraindrache, nicht einmal Sora, flog so schnell, wie Kukulkan und er nun unterwegs waren. Die Bergspitzen preschten unter ihnen dahin, wie Baumkronen unter dem Bauch eines Adlers. Sie drangen in Richtung Idraks vor, schossen in die dunkle Wolke hinein, die sich über der zerstörten Landschaft erhob. Thanasis folgte Kukulkan, der einen wirbelnden Strudel durch die finsteren und staubigen Nebel der Wolken zog. Blitze zuckten hier- und dorthin, nicht wenige schlugen in den Leib des Sidaji-Gottes, doch es schien ihm nicht zu schaden - vielmehr jagte er jedes Mal ein bisschen schneller voran und Thanasis musste sich bemühen, ihm zu folgen. Der Donnerschall erschütterte die Welt und das grelle Leuchten blendete Thanasis, der von der Anstrengung, seinen Flug zu kontrollieren, beinahe überfordert wurde.
Was tue ich hier eigentlich? Dies sollte Sarinacas Aufgabe sein. Die Blitze sind so nah, ich könnte sie mit den Händen berühren, ich spüre sogar ihre Kraft! Und der Donnerschlag ... noch etwas lauter, und er zerreißt mich!
»Beruhige dich. Du bist sicher.«
Ich weiß nicht ... ich weiß nicht mehr, wer oder was ich bin ...
»Du bist der Meister des Infernos.«
Und was wird aus mir, wenn ich es nicht mehr bin?
Er erinnerte sich an die Zeit vor seiner Metamorphose zum Minotaur, als er noch ein junger Mann wie so viele andere gewesen war. Die Erinnerungen waren wie die Traumbilder eines Fremden - inhaltslos und gefühlsleer. Es war, als blicke er in ein vergangenes Leben, als wäre er seither wiedergeboren worden und hätte mehr als ein Leben gelebt. Die Erkenntnis erfüllte ihn mit widersprüchlichen Emotionen, mit Angst und Neugier, Wehmut und Heiterkeit.
Das Feuer schwieg und ließ Thanasis' Gefühle in einem unwirklichen Schleier Verschwinden, der sich um seine Sorgen und Ängste legte, wie ein dichter Nebel und nur die positiven Empfindungen zurückließ. Seine Gedanken fanden sogleich zurück zu den gegenwärtigen Zielen, zu seiner Aufgabe.
Bald verließen sie die gigantische Wolke, die ihre
Weitere Kostenlose Bücher