Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
sie zittern ließ. Es kam ihr vor, als ob ihr Zugriff auf die Macht der Elemente zusammen mit ihren Fähigkeiten als Seherin entkräftet worden war. Das Gefühl der Ohnmacht, das damit einherging, verunsicherte sie sehr.
Sie warf einen müden Blick über die Schulter, sah den jungen Agenten Schwelbrands kaum, denn sein Reittier, der Pegasoid von Kitaun, wurde von den verbleibenden Schatten der Nacht verschluckt und entzog sich dem suchenden Auge. Sie glaubte, Cassarains Blick zu spüren, gelbe Augen, die sie aus der Dunkelheit musterten, und drehte sich wieder um. Das Rauschen der Drachenflügel und des Winds an ihren Ohren ermüdete sie zusätzlich und sie wünschte sich ein simples Bett um ihre schmerzenden Beine auszustrecken und stundenlangen Schlaf, um alles zu vergessen.
Die Sonnen stiegen jetzt über den Horizont und warfen lange Schatten über die Wüste unter ihnen. Grün zog sich ein Streifen fruchtbaren Bodens entlang der Lirash, genährt von seinem Wasser, das frisch und reichhaltig von Arans Gipfel hinter ihnen floss.
Die Strahlen der Sonnen ließen etwas in Sichtweite aufblinken, östlich der Lirash. Als sie näherkamen, erblickte Kassandra Usheuseric, eine der Goldenen Städte.
Die Zwiebeltürme und goldenen Kuppeln erhoben sich stolz über die Dächer der geringeren Häuser, die selbst nicht ohne Prunk waren, wie sie wusste. Wer in den Goldenen Städten lebte, war nicht arm. Sarinaca hatte Sklaverei verboten, doch der Zwang des Geldes hatte nicht wenige in eine Abhängigkeit geführt, die der Leibeigenschaft gleichkam. Die Lakaien und Dienstboten waren es, die jetzt Leben in diese Goldene Stadt brachten, Öfen für das Brot anheizten, Flure mit Edelsteinmosaiken schrubbten, feine Stoffe für die Edlen und Reichen nähten.
Kassandra wusste, dass die Mächtigen der Goldenen Städte ihrer eigenen Politik unterworfen waren und die Stellung des Ordens in vielen Städten für die Gesellschaft an Bedeutung verloren hatte.
Und wenn die Einnahmen von den Diensten der Seherinnen ausbleiben, weil die Reichen sich von uns abwenden, wird die Macht des Ordens weiter schwinden. Charna hatte nicht ohne Grund einen MA-Reaktor neu einrichten lassen. Es gibt ... gab in Idrak kaum genug Bedienstete, um die Öllampen in Betrieb zu halten, weil wir sie uns nicht mehr leisten konnten. Ich muss wahrlich keine Seherin mehr sein, um zu erkennen, wohin das Ausbleiben der Einnahmen aus den Goldenen Städten führen wird. Selbst wenn wir den Kampf gegen die Feinde Kabals überstehen ... was bleibt von uns? Der Orden ist am Ende.
Die Ankunft der Kraindrachen blieb nicht unbeobachtet. Das Fort der Mikarianer schickte ihnen ihrerseits ein halbes Dutzend Kraindrachen mit fähigen Kriegern auf ihren Rücken entgegen. Gepanzerte Tiere mit Doppelsätteln, an denen Armbrüste befestigt waren, die vom zweiten Reiter bedient werden konnten. Mikar hatte sicher bereits seine Leute in ganz Iidrash alarmiert, überlegte Kassandra. Sie blickte über ihre Schulter, doch Cassarain und Minael waren nirgends zu sehen. Bevor ein Klärungsbedarf bestand, hatten die Drachen sich zugerufen und ihre Reiter informiert, wer kam. Der Hauptmann der kleinen Gruppe ließ seinen Kraindrachen in Rufreichweite neben Humaa gleiten und winkte ihr zu.
»Braucht Ihr Geleit zum Tempel, Herrin?«
»Nein. Ich komme allein zurecht.«
»Seid Ihr sicher? Es ist unruhig in der Stadt, seit wir von der Vernichtung des Ordens hörten.«
Vernichtung des Ordens? Ist es bereits ein geflügeltes Wort?
»Der Orden ist nicht vernichtet. Ich brauche den Schutz der Mikarianer nicht.«
»Wie Ihr meint. Wir sind allerdings die Stadtwache.«
Kassandra riss ihre Augen auf, als der Hauptmann abdrehte.
Stadtwache? Auf Kraindrachen?
Sie blickte ihm nach und sah, dass er in ein neu errichtetes Gebäude an der Stadtmauer flog, nicht das Fort der Mikarianer. Dort war es auffällig ruhig - zu ruhig.
Ich muss Mikar darüber informieren, was hier vor sich geht, sobald ich ihn treffe.
Sie glitten über die Stadt und Leute auf den Straßen zeigten auf sie, riefen hinauf. Kassandra verstand die Worte nicht, doch als ein schlecht gezielter Pfeil an ihr vorbeirauschte, fluchte sie laut.
»Was in Sarinacas Namen? Wer hat da geschossen?«
Humaa rief ihr zu. »Der Pfeil kam aus einem der Stadtpalais.«
Kassandra duckte sich und trieb Humaa zu größerer Eile an. Bald sahen sie die massiven und uralten Mauern des Tempels in Usheuseric, der einst das höchste Gebäude der Stadt gewesen
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