Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
sich offensichtlich um Seraphia, das konnte Thanasis ihrem Blick entnehmen. Er teilte ihre Sorge, doch im Augenblick musste er sich um schwerwiegendere Probleme kümmern.
»Es scheint, ich bin der Einzige, der sich nicht übergeben hat. Muss an meiner guten Laune liegen«, er grinste Faunus an. »Wie auch immer. Jenara ist mit Olana und dem Barbarenkönig Gorak vor Charna getreten und hat sie beschuldigt, für das Verschwinden der Sidaji verantwortlich zu sein. Lachhaft! Mikar war dabei und ist nun in Charnas Auftrag unterwegs, um die Artefakte der Sidaji zu finden. Er ist allerdings genauso ratlos wie ich, wo sich diese befinden könnten.«
Faunus trank einen Schluck Wasser aus einer Karaffe und meldete sich dann zu Wort. »Und unsere werte Hohepriesterin und ihre barhäuptige Äbtissin?«
»Charna hat sich irgendwohin teleportiert und Cendrine müsste bald hier auftauchen. Ich ... wo ist eigentlich dieser Mehmood hin?«
Thanasis sah sich um.
»Hier.«
Sie wandten sich um und alle Gespräche im Raum erstarben, als eine rothaarige Sjögadrun hereinkam. Sie trug eine tote junge Frau auf den Armen, die ihre Zwillingsschwester sein konnte.
»Das ist nicht der Ort für Euch, Eishexe! Verschwindet!«, rief der Diener mit der Platzwunde am Kopf aufgebracht.
»Ruhe!«, zischte Kassandra und öffnete die Tür zum Baderaum.
Sie winkte die Sjögadrun heran und sprach zu Thanasis.
»Schnell! Mach dich unsichtbar und sieh nach, ob das jemand mitbekommen hat!«
Thanasis begriff sofort und eilte unsichtbar zu Tür hinaus. Er hatte die Sjögadrun erkannt. Es war diejenige, die er tot in ihrem Zimmer aufgefunden hatte, weil sie mit dem Kopf auf die Tischplatte geschlagen sein musste, als der Nebel in alle Räume gedrungen war.
Er hastete lautlos den Gang entlang, doch niemand war zu sehen. Es schien, dass keiner das Verschwinden der toten Eishexe bemerkt hatte. Thanasis kehrte zurück und betrat den Baderaum in Faunus' Unterkunft.
Vor ihm stand eine zierliche Nordländerin mit hellroten, langen Haaren und einer Platzwunde am Kopf. Ihre blauen Augen sahen ihn wissend aus einem jugendlichen Gesicht an. Die Sjögadrun musste nach oben starren, um ihn anzusehen. Am Boden lag ihre tote Doppelgängerin, deren Kopf in einem unnatürlichen Winkel abgeknickt war. Seraphia und Faunus kamen hinzu. Seraphia fixierte die Eishexe mit einem Blick, der schwer zu deuten war.
Thanasis schloss die Tür. »Ich hatte deine Aura also richtig gedeutet, Mehmood. Du bist ein Gestaltwandler. Ich nehme an, du willst in ihre Rolle schlüpfen und ein bisschen herumspionieren. Dass du die tote Eishexe hierher gebracht hast, könnte aber auch riskant sein. Ich hatte ihren Körper vorhin gefunden. Was, wenn Jenara oder jemand anderes ebenfalls ihren Tod festgestellt hat? Wie willst du erklären, dass sie auf wundersame Weise von den Toten zurückgekehrt ist?«
»Das muss ich gar nicht. Seht ihr das hier?«
Mehmood öffnete ungeniert die Bluse der toten Eishexe und deutete auf ein fremdartiges Lebewesen, das sich in Höhe des Bauchnabels in die Haut der jungen Frau verkrallt hatte. Es sah aus wie eine Mischung aus Tiefseekrebs und Spinne mit einem feucht wirkenden Panzer aus einer schwarzen Kruste. Es zuckte, als Mehmood darauf tippte.
»Bei Sarinaca!«, fluchte Kassandra und hielt sich die Hand vor den Mund. »Was ist das für ein Ding?«
Mehmood drehte die Tote um und deutete schweigend auf das gebrochene Genick. Unter der Haut waren knotige Stränge zu erkennen, die sich bewegten und zuckten.
»Ein Parasit? Was hat das zu bedeuten?«, fragte Thanasis mit einem überraschten Blick.
»Es sind Lebewesen aus Disdahals Reich. Seral und ich sind den Trägern der Kurakpor, so heißt diese Krebsart, bereits einmal begegnet. Sie wird regenerieren, ihr scheinbarer Tod ist mehr eine Art heilendes Koma. Ein Genickbruch ist da gar nichts, wenn ich daran denke, was Seral und ich Disdahals Wächtern schon zugefügt haben. Immer, wenn man dachte, man hätte ihnen endlich den Garaus gemacht, tauchten sie wieder auf. Ein verdammt lästiges Pack.«
Kassandra hielt eine Hand auf die Stirn der Bewusstlosen und schloss kurz die Augen. »Er hat recht, ihr Geist ist stumm, aber fest in ihrem Leib verankert.« Sie sah mit einem angewiderten Blick auf den Meeresbewohner. »Wie lange dauert es, bis sie erwacht?«
»Einige Stunden. Manchmal dauert es auch Tage.«
»Könnte ...«, sagte Seraphia leise und alle sahen sie an. Sie räusperte sich und sprach lauter.
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